Die Arcus-Klinik Pforzheim darf weiterhin ihr Kooperationsmodell anbieten. Nach Ansicht des Sozialgerichts Karlsruhe entsteht den Nachbarkrankenhäusern dadurch kein wesentlicher Nachteil. Diese erwägen nun jedoch eine Klage.

Ludwigsburg - Es sieht nicht so aus, als wäre der Klinik-Streit nun vom Tisch. Zwar hat das Sozialgericht Karlsruhe den Eilantrag der Kreiskliniken Calw sowie der Kliniken des Landkreises Karlsruhe – die zur Kliniken-Holding mit Sitz in Ludwigsburg gehören – abgelehnt. Doch für Letztere ist die Angelegenheit damit keinesfalls abgeschlossen. Sie erwägen nun eine Klage vor dem Landessozialgericht.

 

Stein des Anstoßes ist ein neues Kooperationsmodell der Pforzheimer Arcus-Klinik. Die Spezialklinik für Orthopädie hat mehrere Hundert Ärzte in Baden-Württemberg angeschrieben, um ihnen einen Deal anzubieten: Das Krankenhaus will Leistungen vor und nach Knie- und Hüftoperationen an niedergelassene Ärzte delegieren und sie dafür vergüten. So soll es beispielsweise für die Einweisung inklusive Stellungnahme, Arztbericht und ausgefülltem Fragebogen zum Thema Gelenkprothesen sowie einer Röntgenaufnahme 100 Euro geben. Für die Nachsorge und Kontrollen einige Wochen sowie ein Jahr nach einer Operation werden jeweils weitere 100 Euro gezahlt.

Man befürchtet versteckte Kopfpauschalen

Bei den umliegenden Krankenhäusern sorgt die Offerte allerdings für Unmut. Man befürchtet, dass die Kooperationsverträge eine versteckte Kopfpauschale sind, mit denen die Ärzte dazu motiviert werden sollen, verstärkt Patienten an die Arcus-Klinik zu verweisen. Deshalb hatten die Kliniken des Landkreises Karlsruhe und die Kreiskliniken Calw eine einstweilige Verfügung beim Sozialgericht Karlsruhe beantragt, mit der das Modell vorerst gestoppt werden sollte.

Doch das Sozialgericht wies den Eilantrag mit der Begründung ab, den Antragstellern würden zumindest unmittelbar keine wesentlichen Nachteile durch das Modell der Arcus-Klinik entstehen. Denn die angeführten Gründe dafür erschienen „recht spekulativ“. Es sei fraglich, ob ein Mediziner, der einen solchen Kooperationsvertrag abschließe, verstärkt Einweisungen in die Arcus-Klinik vornehme. Schließlich werde er nicht für die Einweisung, sondern für bestimmte ärztliche Leistungen bezahlt – über die im Übrigen stets der Krankenhausarzt entscheide.

Auch ein erheblicher Rückgang der Patientenzahlen an anderen Kliniken als Folge des neuen Konzepts sei „fernliegend“: In Baden-Württemberg seien 7833 Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, davon 727 Orthopäden. Selbst wenn, wie im Eilantrag angeführt, 200 Ärzte einen Kooperationsvertrag mit der Arcus-Klinik unterzeichnet hätten, so entspreche das nur knapp 2,6 Prozent aller Vertragsärzte, die Patienten einweisen könnten. Zudem sei nicht ersichtlich, warum ein eventueller Schaden nicht wiedergutzumachen sei, wie die Antragsteller behauptet hätten, erklärt das Gericht in seiner Begründung.

Kliniken-Holding hält Vorgehen für unrechtmäßig

Während man sich in der Arcus-Klinik von der Entscheidung des Karlsruher Sozialgerichts bestätigt fühlt, lässt sich Jörg Martin, der medizinische Geschäftsführer der in Ludwigsburg ansässigen Regionalen Kliniken-Holding, davon nicht so einfach überzeugen. „Wir halten das Vorgehen der Arcus-Klinik weiterhin für unrechtmäßig“, sagt er. Für ihn sind die Argumente des Krankenhauses für sein neues Modell vorgeschoben. Bei der Arcus-Klinik wird behauptet, man benötige die Untersuchungen – die im Übrigen sehr sinnvoll für die Qualitätskontrolle seien – , um sich im Bereich Gelenkprothesen zertifizieren lassen zu können. Jörg Martin ist hingegen der Auffassung, dass die Leistungen, die die Ärzte übernehmen sollen, teilweise völlig überflüssig seien und zudem weit über dem Marktpreis vergütet würden. Ziel sei es ganz offensichtlich, mehr Patienten behandeln zu können. Die Kliniken-Holding werde nun prüfen, ob sie Beschwerde beim Landessozialgericht einlege. Bei den Kreiskliniken Calw war gestern niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Derweil warnt die Bezirksärztekammer Nordbaden ihre Mitglieder bereits davor, einen solchen Kooperationsvertrag mit der Arcus-Klinik abzuschließen. „Wenn eine gerichtliche Entscheidung aussteht, raten wir immer zur Vorsicht“, sagt Helmut Kohn, Geschäftsführer der Bezirksärztekammer. Deshalb habe man den Abschluss solcher Verträge nicht empfohlen. Nun müsse man die Entscheidung des Sozialgerichts erst einmal auswerten, um Stellung dazu nehmen zu können.