Seit der Einführung des Entgeldsystems der Diagnosis Related Groups (DRG) in der Bundesrepublik Deutschland hat sich die Situation der Erbringung von Leistungen für kranke Menschen erheblich verändert. Die Zahl der Krankenhäuser nach § 109 SGB V hat von 2411 (1995) auf 2045 (2011) und die Zahl der Krankenhausbetten von 665.565 auf 502.029 abgenommen. Im gleichen Zeitraum stieg die Fallzahl von 14.577.000 auf 18.344.000 und die durchschnittliche Verweildauer sank von 14,0 auf 7,7 Tagen. Dabei sind erhebliche landesspezifische Besonderheiten zu beobachten. Im Jahr 2011 betrug die mittlere Bettenzahl 614 je 100.000 Einwohner, wobei Bremen mit 778 Betten führt und Baden-Württemberg mit 528 das Schlusslicht bildet. Die durchschnittliche Auslastung sank von 84,1 auf 77,3 % [1].

In den Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen nach § 111 SGB V stieg im gleichen Zeitraum die Zahl der Einrichtungen von 1181 auf 1393 (2000) und zeigt seitdem eine rückläufige Tendenz auf 1233 (2011). Die Zahl der Betten stieg von 144.172 auf 189.822 und war dann rückläufig auf 170.544. Ähnlich die Fallzahl: Sie entwickelte sich von 1.473.000 über 2.046.000 auf 1.926.000, während die durchschnittliche Verweildauer kontinuierlich von 31,0 auf 25,4 Tage sank. Neben der insgesamt rückläufigen Entwicklung findet sich in diesem Bereich eine sehr inhomogene Verteilung der Betten. Im Jahr 2011 gab es durchschnittlich 210 Betten je 100.000 Einwohner, angeführt von Mecklenburg-Vorpommern mit 640. Das Schlusslicht stellen die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg mit 17 Betten dar. Auch im Bereich nach § 111 SGB V sank die Auslastung kontinuierlich von 86,9 auf 78,7 % [1].

In ihrem Beitrag „10 Jahre geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung im DRG-System“ bewerten G. Kolb et al. die Einführung und Etablierung der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung in das deutsche DRG-System aus Sicht der Leistungserbringer, des Medizinischen Dienstes und der Kostenträger und zeigen Stärken und Schwächen auf. Insbesondere die Definition spezifischer Qualitäts- und Abgrenzungskriterien hinsichtlich der Operationalisierung von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit und der Übergang vom Krankenhaus- in den Rehabilitationsbereich ist bisher nicht zufriedenstellend geregelt.

Konzeptionell entwickeln D. van den Heuvel et al. in ihrer Arbeit „Geriatrische Versorgungsstrukturen in Deutschland“ das Konzept eines integrierten geriatrischen Versorgungsverbundes, der es ermöglicht, die verschiedenen Sektoren der Versorgung älterer Patienten patientenzentriert zusammenzufassen und die Schwächen des sowohl streng sektoralen wie der heterogenen Platzierung der Geriatrie in den einzelnen Bundesländern zu berücksichtigen.

Trotzdem muss es ein Anliegen der Geriatrie und seiner Vertreter auch in der heutigen Versorgungssituation sein, die fachliche Qualität der Leistungserbringung an die erste Stelle zu setzen. Es verwundert sehr, wenn in einem Bundesland von einer geriatrischen Fachabteilung ein Oberarzt in einer Stellenanzeige gesucht wird, der explizit die Zusatzbezeichnung nicht aufweisen muss, aber zugleich die Therapiekonferenzen leiten soll [2].

Auch ist in den letzten zwei, drei Jahren zu beobachten, dass Akutkrankenhäuser vermehrt die Frührehabilitationsprozedur OPS 8.550.x abrechnen oder sogar geriatrische Fachabteilungen einrichten. Dies scheint aber nicht immer von der Intention getragen zu sein, die medizinische Versorgung älterer Patienten zu verbessern, sondern ist möglicherweise einer primär wirtschaftlichen Analyse der eigenen Kliniksituation geschuldet. In Niedersachsen ist jetzt einem Chefarzt kurzfristig gekündigt worden, der mit dem Ziel angetreten war, eine neue Krankenhausabteilung aufzubauen [3]. Die Kündigung erfolgte nachdem ein privater Krankenhausträger den anderen gekauft hatte. Analysiert man die lokale Situation, ist zu erkennen, dass dann mehrere geriatrische Fachabteilungen auf engem Raum in einem Flächenland mit relativ geringer Einwohnerzahl wirtschaftlich nicht vom gleichen Träger erfolgreich zu betreiben sein werden – folgerichtig, so könnte man konstatieren. Zugleich ist es aber ein Indiz dafür, dass die Implementierung von Altersmedizin in deutschen Krankenhäusern nicht immer primär das Ziel der besseren Patientenversorgung verfolgen muss. Hier kann sich zukünftig ein erhebliches Problemfeld entwickeln.

Vielerorts ist weiterhin die Anbindung der geriatrischen Rehabilitation an das bestehende System der Krankenhausversorgung problematisch. Hierzu haben C. Becker und D. van den Heuvel in dieser Zeitschrift eine provokante Stellungnahme verfasst [8]. Auch hier steht die deutsche Geriatrie vor einer Diskussion, der man nicht mehr auszuweichen kann. Es ist sicher häufig möglich und angemessen, geriatrische Patienten im Krankenhausbereich fallabschließend zu behandeln. Trotzdem muss empirisch erwartet werden, dass auch aus einem solchen Setting ein Transfer in eine weitere rehabilitative Behandlung erfolgt. Wenn aber eine geriatrische Fachabteilung in Niedersachsen, einem Bundesland mit primär parallel im Krankenhaus- und Rehabilitationsbereich aufgestellter Geriatrie, damit wirbt, dass nur „in Ausnahmefällen … eine Anschlussrehabilitation möglich“ sein kann, dann erscheinen die eigenen Vorstellungen von Behandlungsqualität und -erfolg omnipotent und nicht patientenzentriert zu sein [4].

Diese Zeilen lassen erkennen, dass längst die Ökonomie – zumindest in manchen Bereichen – Taktgeber der Patientenversorgung geworden ist. Im zweiten Teil dieses Schwerpunktes behandelt deshalb D. Strech in seinem Beitrag „Der Abbau von Überversorgung als Teil der ärztlichen Berufsethik“ das Thema der Überversorgung im Gesundheitswesen. Anlass ist die Initiative des American Board of Internal Medicine (ABIM) zur Choosing Wisely-Initiative [5]. Diese hat zum Ziel, dass jede Fachgesellschaft eine Top-5-Liste erstellt, um Maßnahmen zu reduzieren, die unnötig sind, dem Patienten schaden können und Kosten verursachen.

Die Vorschläge der American Geriatric Society [6] und der American Medical Director Association [7] werden von M. Gogol in seinem Beitrag „Choosing Wisely“ vorgestellt. Die grundsätzliche Idee hinter der ABIM-Initiative ist zu begrüßen, doch ist zu prüfen, ob eine solche Initiative auch in der deutschen Versorgungskultur realisiert werden kann.