Ärzteschaft: Umstrukturierung beraubt die Patienten einer qualitativ hohen, wohnortnahen Versorgung. Freie Wähler für starke Standorte mit Chefärzten. Bürgerin startet Unterschriftenaktion.

Leonberg - Jetzt haben die Mediziner das Wort. Die Ärzteschaft Leonberg, ein Zusammenschluss sämtlicher niedergelassener und angestellter Ärzte im Altkreis, will unter ihnen eine Umfrage zur Zukunft des Krankenhauses starten.

 

Wie der Vorstand die Perspektiven für die hiesige Klinik bewertet, steht schon fest. Robert Heger, der Vorsitzende der Ärzteschaft, spricht sich entschieden gegen das „Verkleinern, Schließen und Auslagern von Fachabteilungen“ aus. Denn damit bekäme das Krankenhaus tatsächlich den Status einer Portalklinik, also eines Hauses für die Erstversorgung und leichtere Fälle.

„Enge und vertrauliche Zusammenarbeit“

Die jetzigen Leistungen der Klinik werden von der Ärzteschaft ausdrücklich gelobt: „Das Leonberger Krankenhaus mit seinen acht Fachabteilungen und renommierten Chefärzten stellt seit Langem eine umfassende, qualifizierte und wohnortnahe Versorgung der Patienten aus dem ganzen Altkreis sicher.“ Heger würdigt die Kooperation zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Medizinern der Klinik ausdrücklich: „Die enge und vertrauliche kollegiale Zusammenarbeit kommt gerade bei schweren Erkrankungen und in Notfällen den Patienten zugute.“

Dass die vakante Chefarztstelle in der Chirurgie trotz zwei qualifizierter Bewerber unbesetzt ist und zwei weitere Führungspositionen womöglich auch vakant bleiben, stößt auf massive Kritik: „Damit wird die Herabstufung vorweggenommen, lange bevor die weiter umstrittene Planung des Großklinikums auf dem Flugfeld auf kommunaler Ebene abschließend diskutiert und ein verbindlicher Beschluss zum Bau überhaupt getroffen wurde.“

Fazit der Ärzte: „Die geplante und offensichtlich bereits in Vollzug befindliche Umstrukturierung unseres Krankenhauses beraubt unsere Patienten einer qualitativ hohen wohnortnahen Versorgung, nimmt uns niedergelassenen Ärzten kompetente chefärztliche Ansprechpartner und erschwert den Angehörigen den Besuch und die psychische Unterstützung.“

Chefärzte an allen Klinikstandorten fordert auch die Kreistagsfraktion der Freien Wähler. „Wir haben uns seit Jahren dafür ausgesprochen, an allen Standorten im Klinikverbund Südwest starke Krankenhäuser zu erhalten“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Wilfried Dölker. „Starke Häuser mit einem qualitativ hochwertigen Versorgungsangebot erfordern, dass auch in Zukunft in Kerndisziplinen an allen Klinikstandorten Chefärzte vor Ort notwendig sind und dort arbeiten.“

500 Unterschriftenlisten

Um aber die Kosten zu reduzieren, müsse die Zusammenarbeit im Klinikverbund verbessert werden. „Die Angebote in den einzelnen Häusern müssen sich ergänzen und unterstützen.“ Auch wenn das Zentralklinikum am Böblinger Flugfeld gebaut werde, müsse es „starke Dependancen in Leonberg und Herrenberg“ geben.

Allein könne aber weder der Kreis noch der Klinikverbund die Probleme meistern. Dölker fordert ausdrücklich eine verbesserte Krankenhausfinanzierung: „Bund und Land dürfen sich aus ihrer Verantwortung nicht immer weiter verabschieden.“

Eine ganz und gar unpolitische Hilfsaktion hat am Freitag eine Leonberger Bürgerin initiiert. Martina Gerhold, selbst Langzeitpatientin am Leonberger Krankenhaus, hat auf eigene Kosten 500 Unterschriftenlisten „zur Erhaltung des Krankenhauses in seiner jetzigen Funktion mit allen bestehenden Abteilungen und Führung der Chefärzte“ kopiert.

Die Listen liegen in Arztpraxen, Apotheken und vielen Geschäften in der Kernstadt aus. „Bisher wurde nur geredet. Irgendjemand musste ja mal was tun“, erklärt sie ihr Engagement und hofft auf zahlreiche Unterstützer. Die Listen will sie dann dem Landrat Roland Bernhard übergeben.