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„Zum Erfolg verdammt“

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Der Teilersatzneubau am Klinikum Mitte ist laut einem gestern vorgestellten Gutachten ein Schritt in die richtige Richtung. Unser Foto stammt vom Richtfest im September. ·
Der Teilersatzneubau am Klinikum Mitte ist laut einem gestern vorgestellten Gutachten ein Schritt in die richtige Richtung. Unser Foto stammt vom Richtfest im September. · © Foto: Geno/Bahlo

Bremen - Von Jörg EsserDer kommunale Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) mit seinen vier städtischen Krankenhäusern ist ein Sanierungsfall. Und er wird es auf absehbare Zeit bleiben. „Ohne Sanierungsplan gibt es keine Zukunft“, heißt es in einem gestern im Haus Schütting vorgestellten Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. Und weiter: „Eine Sanierung ist möglich.“ Grundvoraussetzung sei eine Zentralisierung der vier rechtlich selbstständigen Gesellschaften der Kliniken, sagte Gutachter Dr. Boris Augurzky.

Ein Sanierungskonzept, der „Zukunftsplan 2017“, liegt vor. Und den hat Wirtschaftsökonom Augurzky im Auftrag des Steuerzahlerbundes unter die Lupe genommen. „Kommunale Kliniken stehen gehörig unter Druck“, sagte Bernhard Zentgraf, Vorsitzender des Steuerzahlerbundes Bremen-Niedersachsen, „jedes zweite Krankenhaus schreibt rote Zahlen.“ Die Bremer Geno mit ihren vier Kliniken Mitte, Ost, Nord und Links der Weser zählt zu den Sanierungsfällen. Der Verbund machte 2012 rund 34 Millionen Euro Verlust, 2013 werden es knapp 32 Millionen Euro werden. Vor allem Mitte und Nord sind Verlustbringer.

Der Senat ist als Geldgeber mit im Spiel. Der Zukunftsplan sichert den Krankenhäusern bis 2017 gut 290 Millionen Euro öffentliche Gelder zu – für Sofortmaßnahmen, zur Aufstockung des Eigenkapitals, für Darlehen und Bürgschaften. „Der Klinikverbund darf nicht zum Fass ohne Boden werden“, sagte Zentgraf. Sonst bringen die Kliniken womöglich den Sanierungsplan des kleinsten Bundesland zum Einstürzen. Die vier Häuser verfügen laut Krankenhausplan über mehr als 2 500 vollstationäre Betten. Versorgt werden pro Jahr stationär rund 100 000 Patienten. Der Verbund zählt mit einem Jahresumsatz von knapp 500 Millionen Euro zu den 20 größten Kliniken Deutschlands. Er beschäftigt etwa 8 000 Mitarbeiter. Der lokale Marktanteil der Geno liegt bei 60  Prozent. 40 Prozent der Patienten kommen aus dem niedersächsischen Umland. Das sei ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt.

Von einer schwarzen Null ist die Geno jedoch weit entfernt. Greift der Zukunftsplan, pendelt sich der jährliche Fehlbetrag laut Gutachten bis 2017 jeweils um die 30 Millionen Euro ein. Ohne Sanierungsmaßnahmen steigen die Verluste in jenem Zeitraum bis auf 67 Millionen Euro. „Die Sanierung ist zum Erfolg verdammt“, so Zentgraf. „Der Zukunftsplan ist ein Muss“, ergänzte Augurzky, „doch die Maßnahmen reichen nicht.“

Im Zukunftsplan hat die Landesregierung bestimmte Rahmenbedingungen festgeschrieben. Der Erhalt der kommunalen Trägerschaft zählt dazu. Und der Erhalt aller vier Standorte. Zudem soll auf betriebsbedingte Kündigungen und Tarifabsenkungen verzichtet werden. Den Mitarbeitern wird eine Besitzstandswahrung garantiert. Für den Gutachter geht das zu weit. Er bezeichnet die „restriktiven Rahmenbedingungen“ als ökonomisch unsinnig. Sie gehörten auf den Prüfstand.

Der Teilersatzneubau am Klinikum Mitte, der auch eine Reduzierung des Krankenhausareals von 14 auf sechs Hektar beinhaltet, sei „der richtige Weg“, sagte Augurzky. „Die hohen Investitionen rechnen sich nur, wenn Personal eingespart wird.“ Vor allem sollte der Senat die „letzte Konsequenz ziehen“ und die heute fünf rechtlich selbstständigen Gesellschaften (vier Kliniken plus Holding) zu einer Einheitsgesellschaft verschmelzen. „Das ist zwingend“, so der Gutachter. Augurzky hält er es ferner nicht für notwendig, einen Standort zu opfern. Es sei allerdings sinnvoll, an den Standorten einige Abteilungen zu schließen. Dafür sollte der Senat über den kommunalen Tellerrand gucken. Kooperationen unter anderem mit den vier freigemeinnützigen Kliniken in Bremen müssten vorangetrieben werden.

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