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Kreistagssitzung

Kreisräte glauben ans Überleben der Waldseer Klinik

Bad Waldsee / Lesedauer: 5 min

Kreistag bespricht in seiner Sitzung am kommenden Montag das Gutachten zur Zukunft der Oberschwabenklinik
Veröffentlicht:11.09.2012, 18:55

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Für die Kreisräte beginnt eine schwierige Zeit. In der Kreistagssitzung am kommenden Montag in der Vogter Sirgensteinhalle wird ihnen das mit Spannung erwartete Gutachten zur finanziellen Sanierung der Oberschwabenklinik präsentiert. Bereits in einer ersten Bewertung hatte der externe Gutachter, die BAB aus Bremen, die wirtschaftliche Situation als besorgniserregend eingeschätzt. Geschieht nichts, werde die OSK im Herbst zahlungsunfähig sein.

Dass die Finanzmisere des Klinikverbunds – die Verantwortlichen rechnen mit einem Defizit von zehn Millionen Euro für das laufende Geschäftsjahr – auch auf strukturellen Problemen fußt, ist keine neue Erkenntnis. Bereits im Jahr 2004 hatte ein Gutachten, das nie öffentlich wurde, vor dieser Entwicklung gewarnt (wir berichteten mehrfach). Was erhoffen sich die Bad Waldseer Kreisräte vom Gutachten? Und wie wird es ihrer Prognose nach mit dem Waldseer Krankenhaus weitergehen?

Bad Waldsees Bürgermeister Roland Weinschenk, der zur CDU-Kreisfraktion gehört, wünscht sich Lösungsansätze, die aus der Krise führen. „Wir müssen offen in die Sache reingehen und uns intensiv und im Detail mit dem Gutachten auseinandersetzen“, sagt er. Dazu gehöre auch, nachzufragen, wie die Gutachter zu ihren Ergebnissen kamen. Die wirkliche Arbeit beginne nach der Kreistagssitzung – in den Fraktionen, im Aufsichtsrat, in der Öffentlichkeit werden die Ergebnisse diskutiert werden. Aus Sicht des Stadtoberhaupts sagt er: „Das Waldseer Krankenhaus hat einen festen Platz im OSK-Verbund. Es konnte immer einen guten Beitrag leisten.“

Rudi Martin ist der dienstälteste Kreisrat, seit 1971 ist er Mitglied der CDU-Kreisfraktion. „Ich erwate, dass auch die Kreisräte in den betroffenen Gebieten, vor allem in Leutkirch und Isny, die Entwicklung im Gesundheitswesen erkennen“, sagt er. Wie viele andere Kreisräte spricht er davon, dass viele Menschen aus Leutkirch und Isny die Krankenhäuser in Memmingen und Kempten vorziehen. Das Elisabethenkrankenhaus decke als Zentrum das gesamte Schussental, Wangen das Allgäu ab. Die kleinen Häuser können dagegen nur mit Spezialitäten punkten – Bad Waldsee etwa durch die Endoprothetik. Gibt es solche Spezialitäten nicht, könne sich ein Haus von Waldseer Größe nicht halten. „Außer, man steuert in der großen Politik um und hat den Willen, kleine Häuser zu erhalten“, sagt Martin. Da müsse sich allerdings die Vergütung ändern, die auf Fallpauschalen basiert. Seine Einschätzung zur Zukunft der OSK? „Die Mehrheit wird sich dem Druck der finanziellen Situation beugen.“

Sein Fraktionskollege Josef Forderer aus Bergatreute leitet die Bad Waldseer Förderschule. Forderer erwartet nicht die perfekte Lösung durch das Gutachten, wohl aber Hilfestellungen, die bei der Entscheidung über die Zukunft weiterhelfen. Mit Freude habe er erlebt, wie das Waldseer Krankenhaus gegen den Trend weiter schwarze Zahlen schreibt. „Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass Waldsee geopfert wird“, sagt er über das „gut und systematisch aufgestellte“ Haus. Doch erkennt er auch, dass die Endoprothetik im Vergleich mit anderen Behandlungen noch gut vergütet wird.

„Als Waldseer Abgeordneter wünscht man sich den Fortbestand des Waldseer Krankenhauses“, sagt Roland Schmidinger von den Freien Wählern, der seit 1994 Mitglied des Kreistags ist. Wichtig sei die Herangehensweise ohne Tabu, sagt Schmidinger. Und dazu gehöre auch die Prüfung von Teil- und Privatisierungen bis hin zu Schließungen von Häusern – sechs sind es, die zum Klinikverbund gehören. Er unterscheidet klar zwischen dem wirtschaftlichen Waldseer Haus, das Patienten aus dem Raum Biberach anlocke, und den Häusern in Leutkirch und Isny, die von der Bevölkerung nicht so angenommen werden. „Ich möchte das Gutachten abwarten“, sagt Schmidinger zwar, fügt aber an: „Das Waldseer Krankenhaus hätte den Fortbestand verdient.“

Sein Fraktionskollege im Waldseer Gemeinderat wie auch im Kreistag, Bernhard Schultes , glaubt ebenfalls an den Standort Waldsee. „Ich glaube, es wird keine Schließungsempfehlung geben“, sagt er. Höchstens eine Abspaltungsempfehlung in einer Art Holdingstruktur. Vielleicht finde sich auch die Empfehlung darin, mit privaten Zusammenzugehen. „Das halte ich nicht für die schlechteste Alternative“, sagt Schultes. Vom Gutachten erhofft er sich mehr als ein Lamenti über das Gesundheitswesen. Schultes wünscht sich Handlungshilfen nicht nur zur Struktur des Klinikverbunds, sondern auch zu Prozessen. Kritisch blickt er Richtung Allgäu, wo einige Bürgerinitiativen derzeit bereits mobil machen, ohne die Ergebnisse des Gutachtens zu kennen. Auch das Gutachten von 2004, das nie an die Öffentlichkeit gelangte, sollte laut Schultes nun ruhen. „Heute bringt es nicht mehr viel, das rauszuholen.“

Der Reutener Ortsvorsteher Lothar Grobe, Mitglied der SPD-Kreistagsfraktion, hofft, dass es zu einer Lösung für kommt, ohne dass jemand bluten muss. „Doch so wird das nicht sein.“ Die Berichte in der Schwäbischen Zeitung über das OSK-Gutachten von 2004 haben ihn geschockt, sagt er. Seit drei Jahren gehört er dem Kreistag an und habe nicht gehört, dass die Finanzmisere schon damals prognostiziert wurde. Dass Krankenhäuser in unmittelbarer Nähe miteinander konkurrieren, wie in Ravensburg und Weingarten, nennt er komisch. Und: „Es ist unzeitgemäß, dass Länder nicht über ihre Grenzen hinweg kooperieren“, sagt er, gerade mit Blick auf Isny und Kempten, oder auf Leutkirch und Memmingen. Auch er hält am Standort Bad Waldsee fest, sagt aber auch: „Wir sollten uns keine Illusionen machen. Im Moment sind wir die einzigen, die schwarze Zahlen schreiben, aber man weiß nicht, ob das so bleibt.“