In der Klinik am Eichert soll es Behandlungsfehler gegeben haben, die der Personalknappheit geschuldet sind. Das stimmt so nicht, sagt die Klinikleitung.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Der Klinikchef, der ärztliche Direktor, drei Chef- und zwei Oberärzte stehen als Gesprächspartner zur Verfügung. Hinzu kommen der Stationsleiter des Zentrums für Intensivmedizin, die Pflegedirektorin sowie der Datenschutz- und Rechtsbeauftragte des Hauses. Obendrein hatten die Geschäftsführung und die ärztliche und pflegerische Leitung des Zentrums für Intensivmedizin zwei schriftliche Stellungnahmen verfasst.

 

Eine Pressekonferenz dieses Ausmaßes hat die Göppinger Klinik am Eichert noch nicht erlebt. Anlass war die Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung über Fehler bei der Behandlung von Patienten, die in das bundesweit genutzte, aber anonyme und interne Berichtssystem für kritische Ereignisse in der Medizin (CIRS) eingestellt worden waren.

Von organisatorischen Versäumnissen und mangelhaften Arbeitsabläufen bis hin zu fehlerhaft verabreichten Medikamenten, vernachlässigten Hygienemaßnahmen und viel zu frühen Verlegungen von Patienten auf die Normalstation spannt sich der Bogen. Einige ältere Patienten, die sich in einem kritischen Gesundheitszustand befunden hatten, sollen nach einer Verkettung von Fehlern sogar gestorben sein. Gut ein Dutzend Protokolle aus dem CIRS waren der StZ zugespielt und von einem Intensivpfleger der Eichert-Klinik zugeordnet worden.

StZ-Berichterstattung hat für Wirbel gesorgt

„Das hat bei uns natürlich für einigen Wirbel und vor allem unter den Pflegekräften und Ärzten für große Betroffenheit gesorgt“, erklärte Professor Jörg Martin, der Geschäftsführer der Alb Fils Kliniken und damit auch der Klinik am Eichert, zu Beginn des Pressegesprächs, das von drei Dutzend Mitarbeitern verfolgt wurde. Alle Gesprächsteilnehmer unterstrichen, dass das CIRS, das dem Risikomanagement von Krankenhäusern dient, von der Anonymität lebe. „Wer diese durchbricht, richtet großen Schaden an“, betonte der Datenschutzexperte Roland Liebrich.

Trotz der Geschehnisse, die nun zu einer Veröffentlichung mehrerer Fälle geführt hätten, werde die Klinik am CIRS festhalten, ergänzte Martin. „Ich habe gleich am Morgen eine Rundmail verschickt, mit der Ankündigung, das System abzuschalten“, sagte der Klinikchef. Auf Drängen, vor allem der Beschäftigten, habe er sich entschlossen, diesen Schritt zurückzunehmen. „Wir brauchen das CIRS, um Fehler zu verhindern“, fügte Hans Roth, der Oberarzt der internistischen Intensivmedizin, zur Bestätigung hinzu.

Ohne auf die in der StZ geschilderten Sachverhalte direkt einzugehen – „die dort geschilderten Todesfälle und auch einige weitere Sachverhalte lassen sich nicht nachvollziehen“ –, verwies Martin zum einen auf die Haftpflichtschadenstatistik wie auch auf die Zahl der in der Klinik verstorbenen Personen hin. „Es gibt keinerlei Auffälligkeiten, dass da etwas im Argen liegen könnte“, sagte er. Dennoch sei es natürlich keine Frage, dass Fehler passierten.

Martin: Arbeitsintensität auf Intensiv ist gestiegen

Andere Inhalte des StZ-Berichts bestätigten die Gesprächspartner indes ausdrücklich: Ja, man habe zu wenig Personal, weil man schlicht keine qualifizierten Fachkräfte bekomme, betonte etwa die Pflegedirektorin Margit Hudelmaier. „Und ja, die Arbeitsintensität und die Belastung auf der Intensivstation sind gestiegen“, räumte Jörg Martin ein. Dass sich daran so schnell nichts ändern werde, machte er ebenfalls deutlich: „Der Idealzustand ist einfach nicht zu finanzieren.“

Der Landrat Edgar Wolff konnte aufgrund einer Sitzung zwar nicht an der Pressekonferenz teilnehmen, bezog aber gegenüber unserer Zeitung klar Position: „Wir wollen die angestrebte schwarze Null definitiv nicht zu Lasten der Patientenversorgung erreichen.“ Deshalb werde man auch sehr genau darauf achten, dass der Grat zwischen notwendigen Einsparungen und hoher Qualität nicht verlassen werde, ergänzte Wolff, der auch dem Aufsichtsrat der Klinikengesellschaft vorsteht. Fehler zu vermeiden sei das oberste Gebot, weshalb beim CIRS nicht gespart werde. „Das System ist gut, und während bei anderen noch dafür geworben wird, ist es bei uns bereits etabliert.“

Niemand sei blindlings auf dem Pfad der Kostenreduzierung unterwegs. „Denn bei allem Sparzwang hat die Gesundheit der Patienten an unseren Kliniken immer Vorrang“, sagte Wolff. Die Gesundheitsversorgung bezeichnete er als wichtigstes Gut des Kreises. „Und die kostet eben auch Geld.“