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2030 fehlen Deutschland über 300.000 Pflegekräfte

Verschiedene Szenarien beziffern die Zahl fehlender Mediziner in Deutschland Verschiedene Szenarien beziffern die Zahl fehlender Mediziner in Deutschland
Verschiedene Szenarien beziffern die Zahl fehlender Mediziner in Deutschland
Quelle: Infografik Die Welt
Der Bedarf ist da, doch die Arbeitsbedingungen gelten als unattraktiv: Eine Studie sagt einen enormen Mangel an Ärzten und Pflegern voraus. Besonders betroffen: Brandenburg und Rheinland-Pfalz.
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Wenn sich an den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nichts ändert, steht Deutschland ein akuter Personalengpass im Gesundheits- und Pflegewesen bevor. Dann werden 2030 mindestens 404.000 Fachkräfte fehlen, hat die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers in der Studie „112 – und niemand hilft“ ausgerechnet, die der „Welt“ vorliegt.

Bereits 2020 wären in den medizinischen Berufen dann 33.000 Vollzeitstellen unbesetzt, 2030 sogar 76.000. „Noch dramatischer wird sich die Personalsituation bei den Pflegekräften entwickeln“, sagt Michael Burkhart, Partner bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und Leiter des Bereichs Healthcare und Pharma.

2020 fehlen demnach insgesamt gut 212.000 Vollzeitkräfte, 2030 bereits knapp 328.000. Knapp 18 Prozent aller benötigten Stellen - in Vollzeitäquivalenten gerechnet - könnten 2030 dann nicht besetzt werden, 2011 waren erst knapp acht Prozent.

Eklatenter Mangel in den Randlagen

Der Mangel ist regional differenziert - besonders betroffen von einer Lücke zwischen Nachfrage und Angebot werden der Osten und der Westen der Republik sein. Brandenburg und Rheinland-Pfalz leiden demnach am stärksten unter dem Fachkräftemangel. 2030 können dort jeweils 28 Prozent der nachgefragten Stellen nicht adäquat besetzt werden.

In Rheinland-Pfalz etwa sei die demografische Entwicklung besonders ungünstig - die Bevölkerung von über 65 Jahren werde hier zwischen 2011 und 2030 um 64 Prozent zunehmen, während der Bundesdurchschnitt „nur“ um 32 Prozent wachsen werde, heißt es in der Studie. Entsprechend steige der Personalbedarf im Gesundheits- und Pflegewesen überdurchschnittlich an.

Die Studie geht davon aus, dass die Nachfrage nach Gesundheits- und Pflegeleistungen aufgrund der Alterung der Bevölkerung erheblich steigen wird, das Arbeitskräfteangebot unter den gegebenen Bedingungen jedoch weit dahinter zurück bleibt.

Berufswechsel wegen unattraktiven Bedingungen

Das grundlegende Problem sei, dass dass das vorhandene Potenzial an Fachkräften nicht gut genug ausgeschöpft werde. Die Zahl der Arbeitskräfte könne vor allem durch eine Stellschraube beeinflusst werden – die Teilnahmequote.

Die ist in den Gesundheits- und Pflegeberufen gering, weil viele, die als Fachkräfte ausgebildet sind, wegen privater Verpflichtungen oder der unattraktiven Arbeitsbedingungen den Beruf gewechselt haben. „Die Teilnahmequote stellt den größten Hebel dar, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen“, sagt Burkhart.

Fast jeder vierte Arzt gebe die ärztliche Tätigkeit früher oder später auf. Viele Absolventen verzichteten auf eine Weiterbildung zum Facharzt und strebten stattdessen eine Karriere in der Verwaltung oder Wirtschaft an, etwa bei Pharmaunternehmen oder Beratungsgesellschaften.

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Eine zweite Abwanderungswelle setze acht bis zwölf Jahre nach dem Berufseinstieg ein: frustriert vom Berufsalltag und mangels weiterer Karrieremöglichkeiten gäben Ärzte ihren Beruf auf und wechselten in fremde Branchen. Viele Ärztinnen beendeten die Laufbahn nach der Geburt eines Kindes, oder sie arbeiten Teilzeit.

Hohe Arbeitsbelastung führt zum frühen Ausscheiden

In der Pflege würden die Teilnahme- und Vollzeitquoten neben der schlechten Vereinbarkeit von Familie und Beruf dadurch gemindert, dass wegen der körperlichen und physischen Belastung viele Fachkräfte früh ausscheiden. Zudem sei die Wertschätzung gering, was sich auch durch die niedrige Bezahlung ausdrücke.

Dass mehr Fachkräfte in ihrem Beruf arbeiten und länger, könne durch bessere und flexible (auch für Kinder von im Schichtdienst arbeitende Eltern) Kinderbetreuung gewährleistet werden. Zudem müsse der Arztberuf in Krankenhäusern attraktiver gestaltet werden, genauso wie die Bezahlung von Pflegekräften.

Den Fachkräftemangel in der Branche über Zuwanderung zu lösen, halten die Autoren der Studie für nicht realistisch - das Interesse an Deutschland sei bei den ausländischen Fachkräften nicht ausreichend.

Mehr Vollzeitstellen wären nötig

Die Situation sei aber keinesfalls auswegslos: In dem „optimistischen“ Szenario der Studie, das aber nur „unter erheblichen Anstrengungen“ erreichbar sei, könnte 2030 ein fast ausgeglichenes Verhältnis von Fachkräfteangebot und -nachfrage erreicht werden. Dazu müssten erheblich mehr Fachkräfte in ihrem Beruf Vollzeit arbeiten.

Die Teilnahme- und Vollzeitquote müsse über alle Berufsgruppen hinweg in der Summe einheitlich um zehn Prozent erhöht werden, das Renteneintrittsalter müsste um zwei Jahre und die Netto-Jahresarbeitszeit im Pflegewesen um 20 Prozent steigen. Das würde allerdings eine Wochenarbeitszeit von 49 Stunden bedeuten - oder eine Sechs-Tage-Woche.

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