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Klinikschließung

Niedergelassene Ärzte wollen bei Klinikschließungen nicht mehr mit den Oberschwabenkliniken kooperieren

Leutkirch / Lesedauer: 3 min

In einem offenen Brief drohen Mediziner, ihre Patienten bewusst in bayerische Kliniken zu schicken
Veröffentlicht:17.10.2012, 18:50

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„Die niedergelassenen Ärzte stehen als Kooperationspartner nach der Zerstörung regionaler Strukturen den OSK nicht mehr zur Verfügung“, droht die Leutkircher Ärzteschaft in einem offenen Brief an den Kreistag . Damit verschärft sich der Ton in der Diskussion um mögliche Klinikschließungen in Leutkirch und Isny, die ein Gutachten zur Sanierung der OSK vorschlägt. Der Kreistag wird am 9. November über die Zukunft der Standorte entscheiden.

In dringendem Ton fordern die Ärzte, dem Krankenhaus Leutkirch noch mindestens fünf Jahre Zeit zu geben, um die vorhandenen Potenziale auszuschöpfen. „Wenn der Kreisrat die Kliniken zum 31.12. schließt, dann klafft eine riesige Versorgungslücke“, prophezeit die Mit-Autorin des offenen Briefes, Dr. Brigitte Schuler-Kuon , im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung. Ein Kernfehler im Gutachten sei, dass die Zahlen und Kapazitäten für das Jahr 2017 vorausberechnet seien. Darin werde aber von erweiterten Bettenzahlen in Wangen und im Elisabethen-Krankenhaus (EK) in Ravensburg ausgegangen, die jetzt aber noch gar nicht vorhanden seien. „Frühestens 2015 wird das der Fall sein“, kritisiert Schuler-Kuon. Wer nun Leutkirch zusperre, lasse bewusst die wohnortnahe stationäre Versorgung der Bevölkerung zusammenbrechen. „Dabei sind das EK und Wangen heute schon gar nicht mehr aufnahmefähig.“

Große Zweifel hegt die Ärzteschaft in ihrem offenen Brief, hinter dem laut Brigitte Schuler-Kuon die große Mehrheit der Leutkircher Mediziner steht, auch an den Zahlen zur Abwanderung der Patienten bei Schließung von Standorten. 40 Prozent blieben laut Gutachten dann bei den OSK. „Aber dies wird nicht eintreten“, sagen die Ärzte und glauben, dass die Patienten eher nach Memmingen und Kempten abwandern. „Wenn nur zehn Prozent weniger Leutkircher nach Wangen gehen, bedeutet das für Wangen Mindereinnahmen von einer Million pro Jahr.“

Heftig wehren sich die Ärzte auch gegen ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), das vom Leutkircher Krankenhaus übrig bleiben könnte. „Das bedroht die Existenz der hausärztlichen Praxis“, heißt es im Brief. Die Drohung, der OSK keine Patienten mehr zuführen zu wollen, drückt folgender Satz aus: „Die OSK werden ihre wichtigen Einweiser als Kooperationspartner verlieren“, was weiteren Patientenverlust zur Folge haben werde. „Wir sind durchaus in der Lage, Patientenströme zu steuern!“

Die Ärzteschaft wehrt sich im Brief auch gegen Gutachterzahlen, die eine schlechte Einweisestatistik zugrunde legt. Es stimme nicht, dass das Krankenhaus Leutkirch von den niedergelassenen Ärzten vor Ort nicht akzeptiert würde. „Diese Behauptung im Gutachten ist schlichtweg falsch.“ Eine Analyse in repräsentativen Hausarztpraxen in Leutkirch habe ergeben, dass 75 Prozent der Einweisungen bisher an die OSK gingen und weit über 50 Prozent davon ins Krankenhaus Leutkirch. „Nirgends ist die Ärzteschaft so eng mit dem Krankenhaus verflochten wie hier in Leutkirch“, betont Brigitte Schuler-Kuon und macht das auch am Projekt „Verbindliche Kooperation OSK-GNA“ fest. Dort haben sich die niedergelassenen Ärzte in einer Projektgruppe zusammengeschlossen und konkret ein Konzept erarbeitet, um die Attraktivität von Leutkirch für junge Ärzte zu erhöhen. Dieses Konzept sei von den Gutachtern nicht einmal angeschaut worden, obwohl es sogar einen Förderpreis gewonnen habe.

Am Ende ihres Briefes fordern die Ärzte die Erneuerung des Bekenntnisses zur wohnortnahen und dezentralen Grundversorgung „und damit für die in Leutkirch eingerichteten zwei Vollabteilungen ausreichend Zeit, sich im Umfeld zu etablieren“. Hierzu seien mindestens fünf Jahre ungestörtes Arbeiten nötig. An erster Stelle müssten nicht Schließungen, sondern die Realisierung der Einsparpotenziale in Wangen und Ravensburg stehen. Und „Wir fordern die Beendigung der Grabenkämpfe zwischen Schussental und Allgäu.“