Niedergelassene Mediziner klagen über die Versorgungslage in der Uniklinik und schreiben einen offenen Brief: Kinder würden abgewiesen, die Wartezeiten seien überlang.

Mannheim - Die Universitätsmedizin in Mannheim steht derzeit von mehreren Seiten unter Beschuss. Nun kritisieren niedergelassene Kinder- und Jugendärzte in einem offenen Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden des Klinikums, OB Peter Kurz (SPD), erstmals die Zustände an einer einzelnen Klinik: der für Kinder- und Jugendliche. Die Ärzte hatten bereits im Mai intern Alarm geschlagen. Danach hatte es ein Gespräch mit dem OB und der Klinikverwaltung gegeben. „Doch passiert ist nichts“, erklärt Sandra Dermatidis, eine der Sprecherinnen der Ärzte. Daher wolle man nun öffentlich auf Verbesserungen hinwirken.

 

„Seit etwa zwei Jahren beobachten wir Verschlechterungen in der Versorgung der Klinik“, heißt es in dem Brief, den knapp 40 Fachärztinnen und -ärzte aus Mannheim und der Region unterzeichnet und als Anzeige im „Mannheimer Morgen“ veröffentlicht haben. Immer häufiger werde die Aufnahme stationär eingewiesener und zum Teil schwer kranker Kinder abgelehnt. Die betroffenen Patienten müssten dann von ihren Eltern nach Heidelberg, Ludwigshafen, Worms oder Darmstadt gebracht werden. Allein im vorigen Winter hätten etwa 150 akut erkrankte Kinder andernorts stationär behandelt werden müssen. Dies sei, insbesondere für die Familien, untragbar und führe zudem aufgrund von Verzögerung der Behandlung zu Risiken für die Mannheimer Kinder.

Klage über weniger Spezialambulanzen

Des Weiteren bemängeln die niedergelassenen Ärzte eine Abnahme von Spezialambulanzen an der Uniklinik, die nötig sind, um etwa Verdachtsfälle auf Zucker, Schilddrüsen- oder Herzerkrankungen im Bereich der Diabetologie, der Endokrinologie oder der Kardiologie fachlich aufwendig abzuklären. Die kardiologische und die Nierenambulanz seien bereits ganz weggefallen, berichten die niedergelassenen Ärzte. Auch sonst werde in der Klinik die personelle Ausstattung immer schlechter. Dadurch komme es inzwischen zu Wartezeiten von vier bis fünf Monaten. Wenn die Kinder und Jugendlichen rechtzeitig behandelt werden sollten, müsse man Spezialsprechstunden anderer Kliniken in Anspruch nehmen. „Auch das ist aus unserer Sicht nicht tragbar“, sagte Dermatidis.

Von den Kollegen in der Klinik wisse man, dass die Arbeitsbelastung in der Kinder- und Jugendmedizin hoch und die Fluktuation entsprechend groß sei. „Erfahrene Kollegen verlassen die Klinik schnell wieder, unerfahrene Kollegen müssen wieder neu eingearbeitet werden“, heißt es in dem Brief an Kurz. Unter dem häufigen Wechsel leide auch die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten, die bis vor wenigen Jahren noch sehr gut gewesen sei. Zudem könnten aufgrund des Ärztemangels offenbar immer wieder vorhandene Betten nicht belegt werden. All dies führe zu einem negativen Image bei Eltern und qualifiziertem Personal. Letztlich könnte eine solche „sich selbst unterhaltende fortschreitende Verschlechterung“ den Niedergang der Klinik bewirken, warnen die Ärzte.

Klinikgeschäftsführer verlangt eine „vertiefte Analyse“

Der OB erklärte dazu, man nehme die Hinweise der Kinderärzte „sehr ernst“ und wolle in der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats „eine umfassende Bestandsaufnahme der Versorgungssituation vornehmen“. Davon, Abhilfe zu schaffen ist man aber offenbar noch weit entfernt. Die beklagten Lücken in der Versorgung seien aus seiner Sicht „zunächst nicht nachvollziehbar“, erklärte der Geschäftsführer des Klinikums, Alfred Dänzer. Dafür brauche man eine „vertiefte Analyse“. Dieser Aufgabe wolle man sich „mit Engagement stellen“, kündigte er an.