Lokales

Landkreis stützt Kliniken mit 11,2 Millionen Euro

Kliniken-Defizit nimmt breiten Raum in der Etatrede des Landrats ein – Umlage 37,5 Prozent

Zwar kommt der „solide und sparsame“ Kreishaushalt 2013 ins Schwabenalter. Doch sind die Sorgen und Nöte nicht weniger geworden. Das Defizit der Kreiskliniken von 11,2 Millionen Euro macht sich auch im „gscheiten Etat“ unliebsam bemerkbar. Dennoch schlägt Landrat Heinz Eininger das dritte Mal in Folge eine gegenüber dem Vorjahr niedrigere Kreisumlage vor.

Esslingen. Durch die Kreisumlage von 37,5 Prozent (38,9 in 2012) will sich, wenn der Kreistag am 13. Dezember damit einverstanden ist, der Landkreis von den Kommunen rund 217 Millionen Euro ins Kreissäckel spülen lassen. Die benötigt er auf jeden Fall, um seinen Haushalt auf gesetzlich sichere Beine zu stellen. Damit erwirtschaftet er die Abschreibungen. Mehr aber auch nicht. „Das heißt, unsere Investitionen werden vollständig über neue Schulden finanziert“, wovor Landrat Heinz Eininger in seiner Haushaltsrede gestern im Kreisparlament mehrmals warnte.

Da half auch alles Sparen nichts. Ertragsrückgänge und erhebliche Mehrbelastungen schlugen in der Summe mit 22 Millionen Euro zu Buche. Die Ursache dafür ist vor allem im gigantischen Defizit der Kreiskliniken zu sehen, die der Landkreis zu finanzieren hat. „Ein Punkt, der uns alle erheblich beschäftigt.“

Die sich immer weiter öffnende Kosten- und Leistungsschere mache es den Kliniken unmöglich, ausgeglichene Ergebnisse zu erwirtschaften. Und das für die Instandhaltung notwendige Geld aufzubringen, daran sei nicht zun denken, meinte der Landrat. Deshalb müssten auch, wie immer wider in der Presse berichtet, „landauf, landab“ die Kreise ihre Krankenhäuser mit Finanzspritzen am Leben halten. Hinzu komme die Knausrigkeit des Landes. „Nicht einmal 50 Prozent der tatsächlichen Baukosten konnten aus der Landesförderung abgedeckt werden“, klagte Heinz Eininger. Für die großen Investitionen in Nürtingen und Kirchheim schultert der Landkreis allein bis zu rund 80 Millionen Euro.

Rechnet man zum diesjährigen Krankenhausmanko noch Zins und Tilgung für die Finanzierung der Kliniken Nürtingen und Kirchheim hinzu, so muss der Kreis mit insgesamt 16,4 Millionen Euro pro Jahr geradestehen. „Das sind drei Kreisumlagepunkte.“ Dabei machen rund 8,7 Millionen Euro des Gesamtdefizits eigenfinanzierte Investitionen für Gebäude und Geräte aus. „Dies bedeutet aber auch, dass der Erweiterungsbau am Paracelsus-Krankenhaus Ruit und die Geräteausstattung an allen Standorten nicht mehr von den Kliniken erwirtschaftet werden können“, war sich der Landrat sicher. Dennoch werde der Landkreis in der Frage, ob er die Schulden für den Erweiterungsbau an der Klinik in Ruit übernehmen müsse, nicht umhin kommen, dies zu tun.

Strukturelle Veränderungen in den Kreiskliniken erachtete der Kreisverwaltungschef als unumgänglich. „Ohne sie kann ein ausgeglichenes Ergebnis nicht erreicht werden.“ Veränderungen, über die der Kreistag in den nächsten Monaten entscheiden müsse.

Heinz Eininger, der mit Spannung das von der Stadt Esslingen und dem Landkreis in Auftrag gegebene Gutachten erwartet, war klar: „Die Zusammenarbeit von Kreis und Stadt im Bereich der Kliniken ist sinnvoll und notwendig.“ Dabei plädierte er einmal mehr für eine Fusion mit dem Städtischen Klinikum Esslingen. Er spüre den beidseitigen Willen, einen gemeinsamen Weg zu gehen, und hoffe darauf, „dass wir dann auch die Kraft finden, die notwendigen Beschlüsse zeitnah zu fassen.“ Am Ende aller Anstrengungen müssten dann ein gutes Angebot, sichere Arbeitsplätze und ein wirtschaftlicher Betrieb stehen. Den Kreistag bat er noch um etwas Geduld, da das Gutachten nachgebessert werde. „Was wir brauchen, ist eine tragfähige Entscheidungsgrundlage. Wenn das Gesamtgremium noch in diesem Jahr die Marschrichtung vorgeben will, so müsste das Kliniken-Gutachten am 13. Dezember in der Kreistagssitzung auf der Tagesordnung stehen.

Sorgenkind Erweiterungsbau Paracelsus-Klinik. Das Foto entstand während des Richtfests 2009.Foto: Archiv
Sorgenkind Erweiterungsbau Paracelsus-Klinik. Das Foto entstand während des Richtfests 2009.Foto: Archiv
Sorgenkind Erweiterungsbau Paracelsus-Klinik. Das Foto entstand kurz nach Inbetriebnahme.Foto: Roberto Bulgrin
Sorgenkind Erweiterungsbau Paracelsus-Klinik. Das Foto entstand kurz nach Inbetriebnahme.Foto: Roberto Bulgrin

Der Kreishaushalt in Zahlen

Reichten 1973 zur Erfüllung der Aufgaben des neu installierten Landkreises Esslingen noch rund 170 Millionen Mark aus, so liegt das Volumen des Jubiläumshaushalts 2013 inklusive Abfallwirtschaft und Kreiskliniken bei rund 700 Millionen Euro. Allein der Kernhaushalt des kommenden Etats liegt bei rund 400 Millionen Euro. Kontinuierlich nahm auch die Bevölkerungszahl zu. Um rund 65 000 Einwohner ist der Landkreis seit seiner Gründung auf jetzt 518 000 angewachsen. Der Sozialetat, der größte Brocken im Haushalt, sinkt gegenüber 2012. 2013 sind Leistungen in Höhe von 149 Millionen Euro eingeplant. 2012 waren es rund 152 Millionen Euro. In der Sozialhilfe ist inzwischen die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung mit nahezu 59 Millionen Euro die finanziell bedeutendste und dynamischste Leistung. Im Haushaltsjahr zuvor waren es noch 56,3 Millionen Euro. Ein Aufgaben- und Investitionsschwerpunkt sind die Kreisschulen. Laut mittelfristiger Investitionsplanung liegen die Ausgaben in den Jahren 2014 und 2015 jährlich bei rund 20 Millionen Euro. Wobei Landrat Heinz Eininger aufgrund der weiteren Aufgaben und Belastungen dies nicht für ausreichend hielt und appellierte, das Jahr 2013 dafür zu nutzen, die Investitionen, nicht nur im Schulbereich, zu priorisieren. Landesweiter Spitzenreiter bei den ÖPNV-Kosten einschließlich der Schülerbeförderung ist der Landkreis in diesem Jahr zum ersten Mal mit über 30 Millionen Euro. Die vier Verbundlandkreise in der Region Stuttgart finanzieren rund 54 des Zuschussbedarfs aller Landkreise in Baden-Württemberg. „Dies belegt die Schieflage der Landesförderung.“ Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises nimmt mit der Photovoltaikanlage „Weißer Stein“ demnächst eine weitere Großanlage in Betrieb. Rechnet man die Module des Kompostwerks und die auf der Deponie „Ramsklinge“ sowie die weiteren Anlage auf kreiseigenen Gebäudedächern hinzu, so wird der Landkreis mit einer jährlichen Stromernte von rund 3,4 Millionen Kilowattstunden neben der Neuen Messe Stuttgart der größte Solarstromproduzent im Kreis sein. Schulden: „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not.“ Dieses Prinzip machte sich der Landkreis bereits 2007 zu eigen. Damals hatte er einen Schuldenberg von 154 Millionen Euro. Bis zum heutigen Zeitpunkt konnte er auf 96 Millionen Euro abgetragen werden. Dennoch bereitete dem Landrat die Entwicklung der Schulden bis 2016 Sorgen. Im Kernhaushalt werde der Kreis wieder aufgrund der großen Investitionen in Schulen, ÖPNV, Sanierung des Landratsamtes auf den Stand von 2007 mit rund 157 Millionen Euro kommen. Deshalb will der Kreisverwaltungschef „vieles von dem, was wir uns vorgenommen haben, zeitlich entzerren“ und im kommenden Jahr Vorschläge dazu unterbreiten.