Stilles Hickhack und lange Schatten um Basisfallpreise

Erneut haben sich Zürcher Akutspitäler und Tarifsuisse nicht auf Basisfallpreise einigen können. Keiner will schuld sein; so sehen die Versicherer ihr tiefes Angebot vom Preisüberwacher gestützt.

Reto Scherrer
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Eigentlich war man sich Ende des vergangenen Jahrs einig gewesen: So soll es nicht noch einmal herauskommen. Und doch sind die öffentlichen Akutspitäler und der Grossteil der Versicherer wieder gleich weit. Erneut haben sie sich nicht auf einen Basisfallpreis für stationäre Behandlungen geeinigt; dieser ist aber zur Leistungsabrechnung über Fallpauschalen entscheidend. Der Kanton wird für 2013 – wie schon für 2012 – einen solchen Preis festsetzen müssen.

Nur eine Gesprächsrunde

Rolf Gilgen, Direktor des im Namen der öffentlichen Akutspitäler verhandelnden Verbands Zürcher Krankenhäuser, erklärt auf Anfrage, noch sei kein Tarifvertrag abgeschlossen. Die Gespräche mit der Einkaufsgemeinschaft HSK, bestehend aus den Krankenkassen Helsana, Sanitas und KPT, seien auf gutem Weg. Schon letztes Jahr habe man sich hier am Schluss einigen können – allerdings zu spät für die Gesundheitsdirektion. Sie hatte bereits ihr Verfahren zur Tariffestsetzung gestartet, das noch immer andauert; zurzeit gilt daher provisorisch ein Preis von 9500 Franken.

Zu einer andern Einschätzung gelangt Gilgen mit Blick auf Tarifsuisse, die als Einkaufsgemeinschaft im Kanton Zürich knapp zwei Drittel der Versicherten vertritt. Einmal habe man sich zusammengesetzt, um die jeweiligen Vorstellungen über die Höhe der Tarife auszutauschen. Dabei hätten die Krankenkassen einen «derart tiefen» Basisfallpreis vorgeschlagen, dass weitere Gespräche nicht aussichtsreich erschienen. Das Angebot habe für das Gros der nichtuniversitären Akutspitäler «bei unter 9000 Franken» gelegen. Das habe in ihm den Eindruck erweckt, die Versicherer wollten gar keinen Abschluss; eine zweite Gesprächsrunde sei nicht vereinbart worden. Jetzt muss der Kanton die Tarife in dem Bereich für nächstes Jahr erneut festsetzen.

Die Direktorin von Tarifsuisse, Verena Nold, sieht den Abbruch der Gespräche aus anderer Warte. Die Versicherer dürften nur noch die effektiven Leistungen bezahlen und keine Überkapazitäten mehr mittragen. In ihren Preisvorstellungen orientiere sich die Einkaufsgemeinschaft an den Empfehlungen des Preisüberwachers, die zurzeit den Kantonen abgegeben würden (Zusatztext).

Der Positionsbezug von eidgenössischer Stelle wirft schon lange seinen Schatten voraus. In ebendiesem stehen nun eher die Spitäler als die Versicherer, wie sich mit Blick auf die inoffiziell herumgebotenen Zahlen zeigt. Bei 8974 Franken soll der Basisfallpreis für nichtuniversitäre Akutspitäler liegen, bei universitären Einrichtungen ist die Zahl laut Tarifsuisse bis zu 700 Franken höher. Alle diese Werte liegen deutlich unter den Vorstellungen der Spitäler.

Preise oder Kosten?

Zürich weist in Relation zu andern Kantonen zwar eine gute Kostenstruktur auf. Nold nennt dennoch zwei spezifische Probleme: Einerseits gebe es sehr günstige Spitäler in Zürich, zugleich aber auch solche mit sehr hohen Kosten. Dabei seien nicht alle Unterschiede erklärbar. Anderseits weigerten sich die hiesigen Spitäler als einzige, ihre Kostendaten zu liefern. So habe man keine Grundlage, um ihre geforderten Tarife zu verifizieren. Gilgen entgegnet solcher Kritik, dass erstens über Preise, nicht über Kosten zu verhandeln sei und dass zweitens nirgendwo sonst die Kosten so transparent ausgewiesen würden wie in Zürich – «sogar in den Zeitungen kann man sie nachlesen». Würde das System anderer Kantone übernommen, käme man mit der eigenen Gesundheitsdirektion in Konflikt, die Tarifverträge auf Basis solcher Werte nicht genehmigen würde. So ist ein Tarifstreit mit Versicherern für die Spitäler immer noch angenehmer als ein Konflikt mit der kantonalen Aufsichtsbehörde.