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Klinikschließung

Klinikschließung ändert an OSK-Misere nichts

Leutkirch / Lesedauer: 5 min

Stadt präsentiert fachkundige Bewertung des BAB-Gutachtens – Breites Interesse der Bürger
Veröffentlicht:18.10.2012, 20:25

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„Wenn die Krankenhäuser einmal raus sind, gehen sie nie mehr ans Netz.“ Was Gutachter Rainer Schmidhuber etwas flapsig formuliert, dem widerspricht keiner bei der Infoveranstaltung zur Zukunft der OSK in der vollbesetzten Festhalle. So lautet der Appell des Fördervereins Pro Krankenhaus Leutkirch an die Kreisräte denn auch, die Entscheidung zu vertagen.

„Wir bezweifeln nicht, dass Leutkirch zu den Verlusten der OSK beiträgt, wir bezweifeln aber sehr wohl, dass sich an der Misere der OSK etwas ändert, wenn Leutkirch geschlossen wird“, macht Rosemarie Miller-Weber, die Vorsitzende des Fördervereins dessen Grundhaltung klar. Diese zieht sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung. Indirekt und mit einem Seitenhieb aufs Management bestätigt das auch Peter Brückner-Bozetti von BAB, der erklärt, dass die Personalentwicklung der OSK im Gutachten nicht Thema gewesen sei, dass da aber schon längst etwas hätte passieren müssen. Und dann folgt der Satz: „Es waren Szenarien vorgegeben, die wir zu bewerten hatten.“ Dr. Kurt Lillich meint dazu später, „Sie hätten die Freiheit gehabt, ein Szenario zu entwerfen, das Leutkirch und Isny enthält“.

Die OSK beraube sich der Zukunftschancen, die es mit Leutkirch als Portalkrankenhaus habe, sagt Miller-Weber . Die Auslastung im Elisabethenkrankenhaus (EK) könne mit einer Schließung des Leutkircher Krankenhauses nicht verbessert werden, erklärt sie und belegt das anhand der Zahlen nach der Schließung der Geburtshilfe, nach der immerhin 47 Prozent der Leutkircher Kinder in Memmingen zur Welt kommen. Einmal mehr kommt auch die Notarztversorgung, die schwierig würde, aufs Tablett. Leutkirch habe immerhin 1000Einsätze im Jahr.

Ein Punkt, den Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle nach einem Kurzdurchlauf durch die Szenarien ebenfalls anführt. Seine weiteren Kritikpunkte am Gutachten: die Frage, warum kleine Häuser angeblich keine Ärzte bekommen – und er nennt dafür Lindenberg und Lindau –, die „riskant hoch“ eingeschätzten Verlagerungszahlen nach Wangen und ins EK sowie der unklare zeitliche Ablauf und die fragwürdige Umsetzbarkeit der Gutachtervorschläge. Das Hauptstrukturproblem im Kreis sieht Henle im Konkurrenzkampf zwischen OSK und 14 Nothelfer. Etwas, worauf im Gutachten nicht eingegangen worden war.

Dr. Sebastian Wolf als Geschäftsführer der OSK, bleibt dagegen in seinen Ausführungen nebulös, für Nichtfachleute wenig verständlich. Immerhin eindeutig ist die Aussage, dass Grund- und Regelversorgung an keinem Standort kostendeckend sei. Ebenso klar behauptet er, junge Ärzte orientierten sich an Ballungszentren und „präsentables Personal“, das Güte garantiere, sei für kleine Krankenhäuser nicht zu bekommen.

Das bringt Dr. Sebastian Gitter in Harnisch. „Ich bin einer dieser Chirurgen, die so schlechte Qualität abliefern“, stellt sich der Neurochirurg, der an der Kreisklinik Biberach und in Leutkirch operiert, sarkastisch vor. Als glatte Lüge bezeichnet er die Behauptung beim Bürgerdialog in Isny , mit den Konsiliarärzten sei gesprochen worden. Dr. Wolf habe vor zwei Wochen erstmals mit ihm gesprochen. Was denn mit den Bürgern von Leutkirch bei einer Schließung werden solle, fragt er und wird deutlich: „Glauben Sie, die eingeschlagenen Nasen und ausgetrockneten Alten schaut sich in Ravensburg einer an?“ Stationäre Grundversorgung müsse möglich sein. Eine große Kreisstadt mit Center Parcs und Autobahn ohne Krankenhaus – das gehe nicht. „Mich regt’s auf“, gibt er zu.

Kreisrätin Ruth Groseker wirft ein, dass derzeit Patienten wegen Platzproblemen von Wangen nach Leutkirch verlegt werden. „Wohin soll dann die Klientel der Inneren, wenn es das Leutkircher Krankenhaus nicht mehr gibt?“ Rein rechnerisch gehe das auf, so Brückner-Bozetti. Der Sache weniger dienlich ist, dass sich die Gutachter untereinander beharken, wobei sich Rainer Schmidhuber durch arrogantes Gehabe etwas die Sympathien verscherzt. Insgesamt jedoch scheinen sowohl die Einlassungen von Schmidhuber als auch die möglichen Zukunftsszenarien fürs Leutkircher Krankenhaus oder möglicherweise auch das Isnyer Krankenhaus durch Marcus Bollmann vom Team Transfer-Institut aus Feldafing aufschlussreich, wie sich bei den Fragen der Zuhörer zeigt.

Laut Brückner-Bozetti muss eine Entscheidung jetzt sein. Das Krankenhaus würde ja auch bei einer Entscheidung für Szenario drei nicht sofort geschlossen, das ginge auch nicht, weil das Investitionen voraussetze. Es wäre also noch Zeit, neue Perspektiven zu suchen. Dem widersprechen der OB, seine Gutachter und Förderverein unisono, denn damit wäre das Krankenhaus sofort erledigt. Die Schließungsdiskussionen der vergangenen Jahre hätten schon genug geschadet, wie auch Bernhard Hösch vom Förderverein sagt. Er vermisse die positive Auseinandersetzung.

Stadtrat Jochen Narr wünscht sich vom Kreisrat, die Entscheidung auf 9.März des nächsten Jahres zu vertagen. Bei einem Beschluss im November, Leutkirch zu schließen, sei es eine Illusion, an den Fortbestand zu glauben. Bernd Dassel will wissen ob der Landrat nicht eingeladen worden sei. „Das war er sehr wohl“, erwidert OB Henle, Landrat Widmaier sei aber der Ansicht, die beiden Bürgerforen würden genügen. Er sei aber bereit, über Zukunftsszenarien zu sprechen.

Wie schwer manchem Kreisrat die Entscheidung fällt, macht Grünenkreisrat Siegfried Spangenberg klar, für ihn ist es eine Auswahl „zwischen Pest und Cholera“. Isnys Bürgermeister Rainer Magenreuter, wünscht sich, Isny und Leutkirch mögen nicht gegeneinander ausgespielt werden. „So lange wir die neuen Vorschläge (von Bollmann) nicht diskutiert haben, sollten wir keine Entscheidung zur Struktur fällen“, legt er seinen Kreistagskollegen ans Herz.