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„Wir fürchten um unsere Arbeitsplätze und unsere Existenz“

Weingarten / Lesedauer: 5 min

Mitarbeiter des 14 Nothelfer kritisieren Abläufe im Krankenhaus – Geschäftsführer Lübben antwortet auf Vorwürfe
Veröffentlicht:02.11.2012, 12:30

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Mitarbeiter des 14 Nothelfer haben sich gegenüber der Schwäbischen Zeitung kritisch zu Abläufen in dem Krankenhaus geäußert. Diese Entwicklung „erfüllt uns mit großer Sorge, da wir um unsere Arbeitsplätze fürchten“, so die Mitarbeiter im _schreiben, wegen möglicher Repressalien wollen sie anonym bleiben.

In ihrer Stellungnahme betonen sie, Geschäftsführer Torsten Lübben in seinen Bemühungen die Patientenzahl und die Erlöse zu erhöhen, unterstützen. „Auch muss sich die Zahl der Operationen deutlich erhöhen“, so die Mitarbeiter, die zu Bedenken geben: „Leider müssen wir aber feststellen, dass wir sowohl chirurgisch als auch internistisch immer weniger Patienten bekommen. Dies hat unseres Erachtens mehrere Gründe, die sofort beseitigt werden müssten.“

Diese Gründe, aus Sicht der Mitarbeiter, werden im Folgenden dokumentiert. Gleichfalls hat die Schwäbische Zeitung Geschäftsführer Torsten Lübben mit der Kritik konfrontiert, seine Antworten sind ebenfalls aufgeführt.

So kritisieren die Mitarbeiter: „Besorgt haben wir erfahren, dass unser Chefarzt Professor Dr. Sterk seine Arbeitszeit im 14 Nothelfer auf 80 Prozent reduziert hat, (von OB Ewald genehmigt), um im Ärztehaus in Kempten , der Cambomed-Klinik, an zwei Tagen in der Woche operieren zu können. Rechnerisch bedeuten zwei Tage in Kempten, bei einer tariflichen Wochenarbeitszeit von 39,5 Stunden aber tatsächlich eine Reduzierung der Arbeitszeit auf nur noch 60 Prozent in Weingarten. Dies ist für einen Chefarzt, der die Umsatzzahlen steigern soll und die Aufgabe eines medizinischen Geschäftsführers hat, erheblich zu wenig. Was jedoch für uns Mitarbeiter empörend ist, ist die Tatsache, dass er dabei (Privat-) Patienten, die im 14 Nothelfer operiert werden könnten, nach Kempten zur Operation einbestellt. Dazu macht sein Sekretariat in Weingarten auch noch Termine aus. Dies bedeutet natürlich einen Umsatzverlust für unser Krankenhaus, dass damit existentiell bedroht ist und somit auch unsere Arbeitsplätze. Die einbestellung nach Kempten ist unseres Erachtens kein Einzelfall. Seit dem 1. Juli 2012 bietet Professor Sterk Operationen in der Cambomed-Klinik in Kempten an und kommuniziert dies in seinen Arztbriefen. Mit der Argumentation, dass in Kempten Patienten für Weingarten gewonnen werden sollen, stellen wir aber fest, dass es gerade umgekehrt ist. Dies halten wir für nicht hinnehmbar. Herr Oberbürgermeister Ewald, der stets um Transparenz bemüht ist, hat uns dies bisher verschwiegen.“

Der Schwäbischen Zeitung liegt ein entsprechender Ärztebrief des Chefarztes mit dem Briefkopf „Krankenhaus 14 Nothelfer GmbH“ vor, der anonymisiert ist (der Name des Patienten ist geschwärzt). Dem Patienten wird darin eine Diagnose gestellt, der Krankheitsverlauf geschildert, unter dem Punkt „Procedere“ heißt es schließlich: „Ein OP-Termin wird bereits vereinbart. Die Möglichkeit zur OP besteht ab 01.07.21012 nun auch wieder in Kempten. Ich bin da an 2 Tagen tätig.“

Auf die Vorwürfe angefragt, sagt 14 Nothelfer-Geschäftsführer Torsten Lübben: „Professor Sterk reduzierte seine Arbeitszeit am 14 Nothelfer auf 80 Prozent, um sich verstärkt der Patientenakquise widmen zu können. Zu diesem Zweck betreibt er eine Privatpraxis in Kempten, an einem Tag Woche. Richtig ist vielmehr, dass Professor Sterk in Kempten Patienten für Weingarten akquiriert.“

Desweiteren kritisieren die Mitarbeiter: „Einen wesentlichen Punkt für unsere Fallzahlenrückgänge und damit für unsere Defizite sehen wir in der Tatsache begründet, dass Patienten von Ärzten unseres Hauses mit der Aussage – sowohl dem Roten Kreuz, als auch niedergelassenen Ärzten gegenüber – wir hätten keine freien Betten mehr, abgewiesen werden. Dies ärgert alle Beteiligten und hat nichts mit Ärztemangel im Krankenhaus zu tun. Auch müssen wir an dieser Stelle Professor Wiedemann vom Krankenhaus St. Elisabeth Recht geben, der in der Schwäbischen Zeitung vom 23. August bemängelt, dass ständig Patienten des 14 Nothelfers ins EK verlegt werden. Dabei handelt es sich nicht nur um Notfälle. Wie wir mitbekommen, werden jetzt noch mindestens zwei Patienten pro Tag bei uns abgewiesen, aus welchem Grund auch immer.“

Torsten Lübben sagt zu den Vorwürfen: „Nein, dies ist nicht richtig, allerdings gibt es aktuell eine verstärkte Nachfrage nach Einbett-Zimmern, der wir mit organisatorischen Maßnahmen umgehend nachkommen wollen.“

Die Mitarbeiter: „Was wir auch nicht verstehen können, ist die Tatsache, dass auch unsere handchirurgische Abteilung, die einen über die kreisgrenzen hinausgehenden guten Ruf hat, auf Anweisung von Professor Sterk nur noch begrenzt 10 Patienten pro tag einbestellen darf (früher waren es bis zu 40 Patienten). Auch hier brechen die Fallzahlen ein. Dies ist deswegen nicht zu verstehen, da die Patienten jetzt mehr und mehr ans EK nach Ravensburg in die Handchirurgie gehen.“

Torsten Lübben dazu: „Die erfolgreiche Handchirurgie kann jeden Patienten aufnehmen, der uns aufsucht. Wir gestalten aktuell insbesondere die organisatorische Anbindung ambulanter Patienten im Hause neu.“

Die Mitarbeiter: „Für unser Krankenhaus ergibt sich bei weniger Patienten die Konsequenz, dass sowohl die Station Chirurgie 2 – schon seit längerem – und die Innere 3 vor circa drei Monaten wegen angeblicher Kosteneinsparungen geschlossen werden musste. Tatsache ist jedoch das 30 bis 35 Betten permanent wegen zu wenig Patienten nicht belegt werden können. Dass hier keine Wirtschaftlichkeit gegeben ist, liegt auf der Hand.“

Torsten Lübben: „Beide chirurgischen Stationen sind offen und laufen.“ Und zur Inneren: „Die Patientenzahlen sind noch nicht in dem Maße angestiegen, dass ein Wiedereröffnung der Station notwendig erscheint.“

Desweiteren wundern sich die Mitarbeiter, dass Professor Sterk den Titel des medizinischen Geschäftsführers trage, als solcher aber nicht im Handelsregister eingetragen ist. Dazu sagt Torsten Lübben: „Die Rolle von Professor Sterk wurde neu diskutiert, angesichts der aktuellen Situation der Partnersuche ist eine Erweiterung der Geschäftsführung nicht angezeigt. Als Vertreter der Ärzteschaft in der Klinikleitung ist Professor Sterk eng in die Entscheidungsprozesse und in die Weiterentwicklung des Hauses eingebunden.“