Delmenhorst. Das Klinikum Delmenhorst braucht frisches Geld. Eine Million Euro benötigt das Krankenhaus, damit es zahlungsfähig bleibt. Am 1. November wurde ein entsprechender Brief an die Verwaltung geschrieben. Der Verwaltungsausschuss soll die Gewährung dieses Liquiditätskredites am kommenden Mittwoch beschließen.
Ende September wurde der größte Verlustbringer des Klinikums geschlossen: die Frauenklinik. Ein Minus von 1,2 Millionen Euro hatten Frauenheilkunde und Geburtshilfe 2011 geschrieben. Damit diese Abteilung nicht das ganze Haus mit weiteren roten Zahlen in Schieflage bringt, sollte sie geschlossen werden. Nun braucht das Krankenhaus aber trotzdem finanzielle Hilfe der Stadt. In einem Schreiben vom 1.November bat Klinikum-Geschäftsführer Peter Stremmel die Stadtverwaltung um Hilfe: Eine Million Euro benötigt die städtische Gesellschaft, um zahlungsfähig zu bleiben. Drei Gründe spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Erstens hat das Klinikum im zweiten und dritten Quartal die mit den Krankenkassen verabredeten Vereinbarungswerte unterschritten. Etwas vereinfacht übersetzt: Das Krankenhaus hat weniger Patienten als geplant behandelt. Deswegen rechnen die Verantwortlichen damit, dass sie 1,3 Millionen Euro weniger als geplant einnehmen. Da das Klinikum an dieser Schraube nicht spontan mit Einsparungen drehen kann, müssen die geschrumpften Einnahmen anders aufgefangen werden – allerdings ist der finanzielle Spielraum des Krankenhauses sehr gering, sodass die fehlenden Einnahmen im Moment sehr weh tun.
Zweitens musste das Klinikum an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) wegen der Sanierungsumlage 750000 Euro bezahlen. Die VBL ist die größte deutsche Zusatzversorgungskasse für Betriebsrenten. Das Klinikum sieht diese Sanierungsumlage aber sehr kritisch und geht gerichtlich gegen die Zwangsabgabe vor. Das Verfahren, mit dem das Krankenhaus eine Rückzahlung durchsetzen will, läuft noch.
Drittens belastet die erst Ende September geschlossene Frauenklinik den Etat. Zum einen hat sie in den letzten Monaten ihrer Existenz ein weiteres Minus eingefahren, zum anderen fallen wegen der Schließung Sonderkosten an, zum Beispiel wegen Abfindungen und auch wegen Rechtskosten. Zwar hatte man seitens des Krankenhauses gehofft, bei der Schließung Unterstützung von den Krankenkassen oder vom Land zu erhalten – schließlich wurde eine Doppelstruktur in der Stadt abgebaut, weil es jetzt nur noch eine Gynäkologie und Geburtshilfe am Josef-Stift gibt –, aber diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt.
Alles in allem muss nun schnell gehandelt werden, damit die Mitarbeiter des Klinikums pünktlich das kommende Gehalt nebst Weihnachtsgeld auf ihrem Konto haben. Die Verwaltung hat wohl bereits alle Vorbereitungen getroffen, um die Überweisung nach einem positiven Votum des Verwaltungsausschusses umgehend anzuweisen. Parallel wird dem Klinikum ein Schuldschein ausgestellt, der auf ein Jahr befristet ist und eine angemessene Verzinsung vorsieht. Natürlich kann das Krankenhaus seine Schulden auch früher begleichen.
Oberbürgermeister Patrick de La Lanne wollte sich gestern zu dem Vorgang nicht äußern. Das Klinikum schon. "Bei dem Liquiditätskredit handelt es sich um keinen ungewöhnlichen Vorgang. Auch in der Vergangenheit haben wir zum Jahresende hin bereits Unterstützung von der Stadt erhalten. Zudem handelt es sich ja nur um eine vorübergehende Unterstützung des Hauses", sagte Klinikum-Sprecherin Mandy Lange gestern auf Nachfrage.
Die Verwaltung weist die Politiker im Verwaltungsausschuss in dem Zusammenhang darauf hin, dass der Liquiditätskredit nichts mit den Kosten für die Einrichtung der Kinderklinik-Zweigstelle am Josef-Stift zu tun hat. Diese Kosten fallen für die Stadt noch einmal extra an.