OPs sind in der Schweiz viel teurer als anderswo

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GesundheitswesenOPs sind in der Schweiz viel teurer als anderswo

In der Schweiz kosten Operationen fast doppelt so viel wie in Deutschland. Versicherer und Ökonomen hoffen, dass die Fallpauschalen zu einer Preissenkung führen.

Elisabeth Rizzi
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Elisabeth Rizzi

Schweizer zahlen nicht nur für Medikamente massiv mehr als die Einwohner der umliegenden Länder. Für diverse Operationen sind die Fallpauschalen-Preise hierzulande fast doppelt so hoch wie in Deutschland.

So kostet die Operation des Grauen Stars in der Schweiz 2185 Franken, in Deutschland kaufkraftbereinigt 1406 Franken. Ein neues Herz kostet in der Schweiz 331 854 Franken, in Deutschland 241 344 Franken.

Kein Anreiz zur Kostensenkung

Zwar weist CSS-Sprecherin Sandra Winterberg daraufhin, dass in Deutschland noch diverse, preistreibende Zusatzentgelte für einen Eingriff beansprucht werden können (diese Möglichkeit ist in der Schweiz eingeschränkt). Dennoch bleiben die Kosten in der Schweiz überproportional hoch.

Das zeigt ein Blick auf die Statistik. Die stationären Spitalkosten in der Schweiz belaufen sich auf 23 Prozent der Grundversicherungsausgaben (Medikamente 19 Prozent). Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD gibt die Schweiz damit gemessen an den gesamten Gesundheitsausgaben so viel für Spitalaufenthalte aus wie kaum ein anderes Industrieland und fast doppelt so viel wie etwa Schweden oder Kanada.

«Strukturell hat sich in der Schweiz trotz Einführung eines neuen Finanzierungssystems für Spitalaufenthalte nichts verbessert», bemängelt der St. Galler Gesundheitsökonom Gebhard Kirchgässner. Er hat die Preise von einzelnen Eingriffen untersucht und unerklärbar grosse Differenzen festgestellt(vgl. Bildstrecke).

Mit seiner Kritik ist er nicht allein. Der Basler Gesundheitsökonom Stefan Felder findet: «Im alten Schweizer Vergütungssystem hatten die öffentlichen Spitäler keinen starken Anreiz Kosten zu senken, weil oft die Kantone das Defizit übernommen haben und die Spitäler ihre Erlöse steigern konnten, indem sie die Patienten länger als nötig behandelten.»

Da das Anfang Jahr flächendeckend in der Schweiz eingeführte Fallpauschalensystem auf dieser Kostenbasis eingeführt wurde, sind die Preisdifferenzen weiterhin erklecklich. Allerdings gibt es Hoffnung.

Kassen hoffen

«In Deutschland sind in den letzten fünf Jahren die Fallpauschalen-Preise gesunken», sagt etwa Sanitas-Sprecherin Isabelle Vautravers. Auch in der Schweiz erwarte man deshalb nach einer Einführungsphase, dass die Preise zurückgehen. Sanitas trage aktiv dazu bei und verhandle im Rahmen der Einkaufsgemeinschaft mit Helsana und KPT direkt mit den Spitälern über die Preise. «Schon in den laufenden Verhandlungen für 2013 konnten grossmehrheitlich tiefere Preise als für 2012 vereinbart werden», freut sie sich.

Auch Felder hofft, dass der steigende Wettbewerb zwischen den Spitälern zu einem Preisrutsch führt: «Wenn die Spitäler ihre Kosten durch Fusion und optimierte Behandlungspfade reduzieren, führt dies letztlich zu sinkenden Preisen», glaubt er.

Mehr Wettbewerb sorgt für höhere Kosten

Kirchgässner warnt allerdings auch, dass unter dem Strich die Gesundheitsausgaben nicht sinken müssten: «Mehr Verhandlungsdruck und Wettbewerb von Versicherern kann etwas bringen, aber auch das Gegenteil bewirken.» In Holland etwa habe mehr Wettbewerb und Transparenz bei der Spitalfinanzierung zu einer Kostensteigerung geführt. Denn die Leute gingen in die Spitäler, wo sie eine höhere Qualität erwarteten.

«Da höhere Qualität im Zweifelsfall auch mehr kostet, wird mehr ausgegeben statt gespart», gibt er zu Bedenken. Dagegen sei aus ökonomischer Sicht aber nichts einzuwenden, wenn tatsächlich eine Mehrleistung bestehe. Dass das Schweizer Stimmvolk durchaus bereit ist, für Qualität mehr auszugeben, zeigen die Abstimmungsergebnisse im Gesundheitsbereich: Sparvorlagen scheitern an der Urne regelmässig.

Fallpauschalen

Seit diesem Jahr hat die Schweiz flächendeckend ein neues Finanzierungssystem für Spitalaufenthalte eingeführt. Neu verrechnen die Spitäler nicht mehr die effektive Dauer eines Spitalaufenthaltes. Sondern sie erhalten für jeden Eingriff / Diagnose einen festen Beitrag unabhängig davon, wie lange ein Patient tatsächlich behandelt wird. Dieses System ist in Deutschland bereits seit 2004 in Kraft.

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