Erlanger Uni-Klinik: "Kampagne muss gestoppt werden"

22.6.2013, 07:00 Uhr
Erlanger Uni-Klinik:

© dpa

Bereits vergangene Woche kritisierte ein Erlanger Chefarzt die angekündigte Schließung des mittelfränkischen Lebertransplantationszentrums als ministeriellen „Willkürakt“. Die Argumente — angeblich sei die Qualität schlechter als in den übrigen bayerischen Zentren und die Zahl der durchgeführten Transplantationen zu gering — vermochte der Direktor der Chirurgischen Klinik schlicht nicht nachzuvollziehen.

Während Professor Werner Hohenbergers Äußerung als Einzelmeinung bewertet werden könnte, legt der Ärztliche Direktor, Professor Heinrich Iro, nun nach — mit ungewohnt scharfen Worten: „Die imageschädigende Schließungs-Kampagne gegen das Erlanger Lebertransplantationszentrum muss gestoppt werden.“

Einen konkreten Adressaten will Sprecher Johannes Eissing zwar auf Nachfrage nicht nennen, doch die Zielrichtung ist eindeutig: In erster Linie dürften das bayerische Gesundheits- und das Wissenschaftsministerium mit den Ressortchefs Marcel Huber und Wolfgang Heubisch gemeint sein, unter deren Federführung der Schließungsbeschluss ausgearbeitet worden war.

Vielleicht erwartet die Leitung des 1350-Betten-Hauses in Bayerns kleinster Großstadt aber auch eine noch stärkere Distanzierung Professor Ferdinand Mühlbachers von seiner „persönlichen Stellungnahme“. Immerhin hatte der so genannte Mühlbacher-Bericht des gleichnamigen Wiener Transplantationsmediziners den Entscheidungsträgern trotz zum Teil wissenschaftlich fragwürdiger Arbeitsweise das vermeintlich gewichtigste Argument für das Aus des Erlanger Zentrums geliefert: Zu viele der in Erlangen Transplantierten seien nach dem Eingriff gestorben, also sei die Ergebnisqualität schlechter als andernorts.

Inzwischen darf dieses Argument als entkräftet gelten; die Vorerkrankungen der Patienten und weitere zentrale Faktoren waren schlicht nicht in die Analyse miteinbezogen worden. Selbst das Wissenschaftsministerium räumt gegenüber unserer Zeitung mittlerweile ein, dass „die Aussagekraft solcher Statistiken naturgemäß an Grenzen stößt, da es sich eben nicht um eine vergleichende Bewertung jeder einzelnen Transplantation handeln kann“.

Von einer generellen Kehrtwende ist indes weiter nichts auszumachen. Im Gegenteil: „Dass die Empfehlungen, die der Bericht für die Strukturen der Lebertransplantation in Bayern gibt, sehr valide sind, steht nicht in Frage“, bilanziert eine Sprecherin des Ministeriums. Und: Unabhängig vom Mühlbacher-Bericht stelle sich in Erlangen das Problem der Mindestmengen.

Auch diesen Aspekt hält man in Erlangen für nicht tragfähig, zumal das Leberprogramm in Würzburg nicht nur jünger ist, sondern im dortigen Zentrum bisher überhaupt erst ein gutes Dutzend Lebern transplantiert wurde. Daher bleibt Mediziner Iro dabei: Die Schließung des mittelfränkischen Lebertransplantationszentrums sei „weder formal, noch sachlich gerechtfertigt“, zumal die „Absicht zum Entzug der Zulassung auf falschen Tatsachen und falscher Datenbewertung beruht“.

4 Kommentare