Kapitalmarkt als Chance für die Spitäler und Kliniken

Der hohe Finanzierungsbedarf bei den Spitälern und Kliniken ist nicht nur für diese selber eine grosse Herausforderung, sondern auch für potenzielle Kapitalgeber. Von Jörg Kündig, VR-Präsident GZO

Jörg Kündig, VR-Präsident GZO
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Die Schweizer Spitäler und Kliniken brauchen Geld. Viel Geld. Allein für die Erneuerung der Immobilien wird das Volumen schweizweit auf über 20 Milliarden Franken geschätzt. Hinzu kommen die Beschaffung und der Ersatz von medizinischen Geräten, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten nach neuesten Erkenntnissen gewährleisten zu können. Eine enorme Herausforderung, aber auch eine grosse Chance. Seit 2012 werden die stationären Spitalaufenthalte mit Fallpreisen (DRG) abgegolten. Der Gesetzgeber wollte mit dieser schweizweit einheitlichen Finanzierungsbasis den Wettbewerb vor allem durch Qualität und patientenorientierte Dienstleistungen verstärken.

Marktorientiertes Verhalten

Der Kanton Zürich hatte und hat in verschiedenen Themen der Spitalfinanzierung eine Vorreiterrolle eingenommen: Mit dem Spitalplanungs- und -finanzierungsgesetz müssen sich die Spitäler die notwendigen Finanzmittel für Investitionen nicht nur selber erarbeiten, wie es mit der neuen Spitalfinanzierung vorgesehen ist, sondern losgelöst von der öffentlichen Hand über den Kapitalmarkt beschaffen. Dabei gilt die goldene Regel, dass langfristige Projekte mit langfristigem Kapital finanziert werden sollen.

Will ein Kapitalnehmer kapitalmarktfähig sein, sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen. Transparenz, Grösse, Rechnungslegung, Finanzkennzahlen und das Reporting zählen dazu, aber auch die Rechtsform ist eine wichtige Komponente. In dieser Rolle sehen sich nun die Spitäler. Für potenzielle Kreditgeber sind sie dann interessante Partner, wenn sie sich als echte privatwirtschaftliche Unternehmen und nicht zum Beispiel als Zweckverband mit Gemeinden oder Kantonen im Hintergrund präsentieren. Effiziente Prozesse, optimierte Erträge und ein marktorientiertes Verhalten gehören dabei genauso dazu wie das Schaffen von Anreizen zugunsten der Mitarbeitenden im Arzt- und Pflegesektor.

Für eine Beurteilung einer Institution braucht es zwingend Businesspläne, Kapitalflussrechnungen mit ausgewiesener Liquiditätsplanung und Aussagen zur Eigenfinanzierung, geprägt von einem gewinnorientierten Denken und Handeln. Dass dabei die künftigen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, aber auch die Entwicklungen im medizinischen und medizintechnischen Bereich eine zentrale Rolle spielen, ist selbstredend. Dieser Wandel ist verbunden mit einem intensiven Prozess und stellt eine Herausforderung für die Spitäler dar, die für die künftige Ausrichtung diese Hausaufgaben machen müssen.

Finanzierungspartner

Damit Spitäler, die einen kantonalen Versorgungsauftrag erfüllen, ihren immensen Finanzbedarf tatsächlich unabhängig von der öffentlichen Hand abdecken können, braucht es potente Finanzierungspartner. Solche, die eine vermittelnde Rolle übernehmen, und solche, die bereit sind, die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Auch bei ihnen gilt es, die Voraussetzungen für ein Engagement zu schaffen. Dabei geht es insbesondere um das branchenspezifische Know-how für die Spitäler. Es ist unabdingbar, dass sie die Geschäftsmodelle verstehen und wissen, welche Finanzströme in den Spitälern die Ergebnisse wie beeinflussen.

Sie müssen verstehen, dass die Bilanzen der Leistungserbringer noch geprägt sind von der Abkoppelung vom Staat. Sie müssen verstehen, dass die Veränderbarkeit der Preise für medizinische Dienstleistungen höchst begrenzt ist, und sie müssen erkennen, dass es verschiedene Interessengruppen gibt, die sich immer noch nur an den Kosten und nicht an den Preisen für einzelne Fälle orientieren.

Dieses Denken herrscht beispielsweise bei den Versicherern noch vor, und auch der Preisüberwacher vertritt die gleiche Meinung. Nicht selten wird genau durch diese Haltung die Kapitalmarktfähigkeit der Spitäler verhindert. Es wird schlicht negiert, dass delegierte Leistungsaufträge der öffentlichen Hand dann den Wettbewerb fördern, wenn die Preise der Leistung deren Qualität und den Service widerspiegeln.

Es gilt, die Spitäler gleich zu behandeln wie andere Unternehmen, die den Weg an den Kapitalmarkt suchen. Finanzierungen an einen Cashflow-orientierten Rückzahlungsplan zu knüpfen, ist dabei genauso falsch wie das Ausblenden einer durchaus noch vorhandenen staatlichen Sicherheit. Die auf dem Gesetzesweg ermöglichte Kapitalmarktfähigkeit für Spitäler und Kliniken ist eine Chance in verschiedener Hinsicht. Mit der Ausrichtung auf die Erfordernisse des Kapitalmarktes sind sie interessiert, unternehmerische und wettbewerbsorientierte Instrumente und Strukturen zu schaffen und Prozesse in Gang zu setzen, die nicht nur ihnen selber, sondern dem Gesundheitswesen als Ganzes dienlich sind. Letztlich werden die Patientinnen und Patienten bzw. die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler davon profitieren.

Gesundes Risiko

Profitieren können aber auch institutionelle Investoren. Hier öffnet sich ein riesiger Markt. Zwar ist die Forderung nach verbesserter Wirtschaftlichkeit und unternehmerischer Ausrichtung gegenüber den Krankenhäusern richtig. Entscheidend ist jedoch, dass sich die beiden Seiten – der Kapitalgeber und der Leistungserbringer – besser verstehen lernen und auch gegenseitig bereit sind, ein gesundes Risiko einzugehen.

Der Geldbedarf der Spitäler ist tatsächlich enorm. Wenn es nicht gelingt, den Kapitalmarkt zu nutzen, wird die öffentliche Hand einspringen müssen, damit der Versorgungsauftrag nicht gefährdet wird. Und dies gilt es zu vermeiden.

Jörg Kündig ist Verwaltungsratspräsident der GZO AG, Gesundheitsversorgung Zürcher Oberland, und Zürcher FDP-Kantonsrat.