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Ravensburg/Weingarten

Klinik-Fusion: Arzt fürchtet „ruinösen Wettbewerb“, wenn Klinikum Friedrichshafen 14 Nothelfer übernimmt

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Häfler Gemeinderat gibt grünes Licht für Übernahme der Mehrheit am Weingartener Krankenhaus 14 Nothelfer
Veröffentlicht:25.06.2013, 16:25

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Wenn das Klinikum Friedrichshafen das Weingartener Krankenhaus 14 Nothelfer übernimmt, könnte das zu einem ruinösen Wettbewerb in der Region führen. Das fürchten zumindest Experten aus dem Gesundheitswesen. „Es ist doch klar, dass zwei Krankenhäuser mit dem gleichen Versorgungsauftrag in wenigen hundert Metern Entfernung nicht sinnvoll nebeneinander existieren können“, beschreibt ein Arzt das Dilemma. Nachdem der Häfler Gemeinderat der Fusion zugestimmt hat, wird dieser Alptraum für die Oberschwabenklinik (OSK) nun Wirklichkeit.

Eigentlich hätte die OSK das 14 Nothelfer auch gerne mit dem Elisabethen-Krankenhaus (EK) zusammengeführt und die stationäre Versorgung ans EK verlegt, die leichteren, ambulanten Fälle hingegen in Weingarten behandelt. Der Ravensburger Kreistag hatte diesem Vorhaben aber einen Riegel vorgeschoben. Aus mehreren Gründen: zu großer Zeitdruck und wirtschaftliche Unwägbarkeiten. Jetzt ist Friedrichshafen als letzter von drei Interessenten übriggeblieben, nachdem die Waldburg-Zeil-Kliniken sich bereits im April aus dem Bieterverfahren zurückgezogen hatten. Am Montagabend hat der Häfler Gemeinderat entschieden, ein notariell beglaubigtes Angebot bis Mittwoch abzugeben. Über die Details wurde vorerst Stillschweigen vereinbart, am Montag wird der Weingartener Gemeinderat hinter verschlossenen Türen darüber beraten, ob er das Angebot annimmt. Der Friedrichshafener Oberbürgermeister Andreas Brand stellte auf SZ-Anfrage unserer Zeitung jedoch klar, dass die Klinikum Friedrichshafen GmbH die Mehrheit der Anteile übernehmen, aber die Stadt Weingarten als Gesellschafter im Boot belassen will. „Wir streben eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe an“, versicherte Brand.

Abspecken oder aufrüsten

Im wesentlichen gibt es zwei Möglichkeiten, wie sich das 14 Nothelfer weiterentwickeln kann, da sich ein Krankenhaus der Grundversorgung in so großer Nähe zum EK nicht wirtschaftlich betreiben lässt, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Zur Erinnerung: Von 2007 bis 2012 machte das 14 Nothelfer mehr als 14 Millionen Euro Verluste. Verluste, die die Stadt Weingarten als hundertprozentiger Träger voll ausgleichen muss, wozu die finanzschwache Kommune kaum in der Lage ist.

Möglichkeit eins: Friedrichshafen baut das 14 Nothelfer in ein „Portalkrankenhaus“ für Friedrichshafen um, schleust Patienten in großem Stil an den See und behandelt vor Ort nur die leichteren Fälle (wie es die OSK auch tun wollte). Möglichkeit zwei: Friedrichshafen rüstet ist Weingarten medizinisch auf, etwa in den Disziplinen der Kardiologie und der Herzchirurgie oder auch der Endoprothetik (dabei handelt es sich um das Einsetzen künstlicher Gelenke). Das sind alles ertragreiche Disziplinen, die über das DRG-System von den Krankenkassen besser finanziert werden als zum Beispiel Internistik oder Geburtshilfe.

In dem Fall würde der Konkurrenzdruck auf die OSK enorm steigen. Das Szenario hätte zum Beispiel ungute Auswirkungen auf den OSK-Standort Bad Waldsee, an dem hauptsächlich künstliche Hüft- und Kniegelenke eingesetzt werden. Die OSK müsste stärker ins Marketing einsteigen, auch im Bodenseekreis um Patienten fürs EK und seine Hightechmedizin werben. Das stillschweigende Übereinkommen, nicht im Einzugsgebiet eines anderen kommunalen Krankenhauses zu wildern, wäre nach Ansicht der Ravensburger gebrochen, wenn Friedrichshafen Weingarten übernimmt.

Und der Wettbewerb ums Personal würde weiter angeheizt. Schlecht für die OSK, die ihren Mitarbeitern beziehungsweise den Gewerkschaften, die sie vertreten, gerade temporäre Gehaltseinschnitte um etwa fünf Prozent schmackhaft zu machen versucht, um den kommunalen Klinikverbund zukunftssicher zu machen. Das Argument, dass mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen den Patienten auch zugute kommen könnte, lassen die Ravensburger nicht gelten. „Volkswirtschaftlich betrachtet, ist das Nonsens, betriebswirtschaftlich auch“, sagt der Arzt, der nicht namentlich genannt werden will. Angenommen, in Weingarten werde ein Linksherzkathetermessplatz eingerichtet, wie es gerüchteweise heißt. Das wäre neben den zweien im EK das dritte Gerät dieser Art (Kostenpunkt: etwa 1,5 Millionen Euro). Deshalb haben die Menschen im Mittleren Schussental aber nicht mehr Herzprobleme.