Sozialbetrug? Das gab’s noch nie in Deutschland: Staatsanwalt klagt ganzen Klinik-Vorstand an

Von: von AXEL STURM

List – Gerade erst rettete die Region das Klinikum Hannover mit einer Millionen-Spritze vor der Pleite. Jetzt dieser Schlag für den schwächelnden Krankenhaus-Verbund: Der komplette frühere Klinikum-Vorstand kommt auf die Anklagebank – einmalig in Deutschland!

Das entschied das Oberlandesgericht Celle, beendete damit ein jahrelanges juristisches Hickhack.

DARUM GEHT ES:

Um Kosten zu senken, sollen die Klinik-Chefs Norbert Ohnesorg (57), Dr. Friedrich von Kries (57), Karsten Honsel (49, schied im Juni aus), und Dr. Rainer Brase (58, seit 2008 raus) zwischen 2006 und 2009 rund 140 Fahrer als „Scheinselbständige“ beschäftigt haben. Die angestellten Rettungs- und Transportsanitäter sowie Kraftfahrer seien entlassen, als Subunternehmer neu beschäftigt worden. Durch den Trick sparte das Klinikum 500 000 Euro Krankenkassen- und Sozialversicherungsbeiträge.

Razzia im Januar 2010, Fahnder durchsuchten alle 12 Krankenhäuser des Klinikums. Ein Ermittler: „Die neuen Verträge kamen nur durch Druck zustande.“

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen „Förderung der Schwarzarbeit“, „Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen“ in 377 Fällen, „Veruntreuen von Arbeitsentgelt“.

Doch das Landgericht Hildesheim lehnte 2-mal die Eröffnung des Verfahrens ab. Die Vorstände hofften, noch einmal davonzukommen...

Vergeblich: Das OLG Celle gab einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft statt, nun muss den Klinik-Chefs der Prozess gemacht werden.

Professor Michael Nagel (54), der einen Geschäftsführer vertritt: „Dieser Fall gehört vors Sozialgericht, nicht vor die Strafkammer!“

Bei einer Verurteilung droht den Angeklagten Haft.

Nachtrag: Das Verfahren wegen Sozialbetrugs am Landgericht Hildesheim wurde am 15. Mai 2014 gegen eine Geldzahlung eingestellt.

Mehr aktuelle News aus Hannover und Umgebung lesen Sie hier auf hannover.bild.de.

BILD Kaufberater: Hier gibt es die besten Produkte im Test!