Zehn Jahre DRG
Ein Geburtstag, der Fragen aufwirft
Die Fallpauschalen sind zehn Jahre alt geworden - und stehen immer noch in der Kritik. Womöglich liegt es daran, dass Deutschland einen ganz besonderen Weg bei den DRG eingeschlagen hat?
Veröffentlicht:Das gerade zehn Jahre alt gewordene deutsche Fallpauschalensystem als Basis für die Vergütung stationärer Leistungen gerät immer häufiger in die Kritik. Es betone zu stark die Ökonomie und fördere die Leistungsmenge - so lauten zentrale Kritikpunkte.
Manch ein Landespolitiker fordert mittlerweile sogar mittelfristig die Ablösung des G-DRG-Systems durch eine an der Ergebnisqualität orientierte Vergütung. International setzt man dagegen eher auf Ergänzungen des DRG-Systems.
Bei der Einführung des DRG-Systems hat Deutschland einen Weg eingeschlagen, den bis dahin kein anderes der rund 50 Länder eingeschlagen hatte, die international DRGs nutzen: In Deutschland sollte das DRG-System die bis dahin geltende Finanzierung der stationären Versorgung zu 100 Prozent ersetzen.
Schaut man in andere Länder, so hat man dort fast überall auf Systeme gesetzt, die eine Mischfinanzierung vorsehen, so zum Beispiel in Norwegen und Dänemark.
In beiden Ländern hat man die vorher geltende Finanzierung nur anteilsmäßig durch Fallpauschalen ersetzt - derzeit 50 Prozent der Gesamtkosten - und alle weiteren Schritte hin zu einer hundertprozentigen Finanzierung durch DRGs den Parlamenten überlassen.
Skandinavien ist liberaler
In Schweden dagegen hat man den Regionen und Provinzen freigestellt, welche Finanzierungsart sie nutzen wollen. Das ist meist das DRG-System, doch grundsätzlich können die Provinzen mit den Kliniken auch andere Vergütungsformen vereinbaren.
Finnland ist hier noch liberaler: es überlässt die Art der Kostenabrechnung stationärer Leistungen vollständig der Vereinbarung zwischen den Einkäufern - den Kommunen - und den Kliniken.
Hinzu treten in vielen Ländern, die Fallpauschalen zur Honorierung stationärer Leistungen einsetzen, ergänzende Zuweisungen für besondere Leistungen: etwa für Vorhaltekosten. Auch die hochspezialisierte Versorgung oder die universitäre Medizin werden durch besondere Mechanismen außerhalb des Fallpauschalensystems finanziert.
Dahinter steckt die Überzeugung, dass politisch gewollte besondere Leistungen, beispielsweise zur Versorgung in dünn besiedelten Regionen, gezielt gefördert werden müssen.
Das gilt etwa auch für die Konzentration hoch spezialisierter Leistungen in wenigen Kliniken. Darüber hinaus gibt es faktisch in allen Gesundheitssystemen, die DRGs nutzen, auch Vorkehrungen, um die Qualität dieser Leistungen zu überprüfen - ein Weg, der ja auch in Deutschland konsequent eingeschlagen wurde.
Fehlanreize sichten und regulieren
Was ist nun der richtige Weg, um erkannte Probleme des Fallpauschalensystems zu beseitigen? Das gesamte System erneut infrage zu stellen und zum Beispiel pauschal über ein ausschließlich an der Ergebnisqualität orientiertes Vergütungssystem zu ersetzen, erscheint kaum geeignet.
Zu groß sind die damit verbundenen Probleme. Denn anders als mit Fallpauschalen gäbe es hierfür überhaupt keine Erfahrungen aus anderen Ländern, auf die man zurückgreifen könnte.
Angezeigt wäre dagegen eine Ergänzung des G-DRG-Systems durch Qualitätskriterien, die dann schrittweise einen größeren Einfluss auf die Vergütung bekommen könnten. Außerdem müssen nachgewiesene Fehlanreize, die das gegenwärtige System aufweist, durch sinnvolle Neuregelungen ersetzt werden.
Und die Wege, die viele andere Länder eingeschlagen haben, weisen auch darauf hin, dass man individuelle Finanzierungsinstrumente benötigt, wenn man politisch priorisierte Ziele erreichen will, etwa eine flächendeckende Versorgung.
Vor allem aber sollte man bei jeder Weiterentwicklung der existierenden Vergütungssysteme berücksichtigen, dass ambulante und stationäre Versorgung tendenziell immer stärker zusammenwachsen - irgendwann bedeutet dies unweigerlich, dass beide Sektoren auch unter ein gemeinsames Dach einheitlicher Vergütungsregularien kommen.