Delmenhorst. Der Verwaltungsausschuss hat während seiner Sitzung am Donnerstagabend bei zwei Gegenstimmen beschlossen, die Grundschuld für das Grundstück des Klinikums an der Wildeshauser Straße "zugunsten eines Kreditinstitutes abzutreten", wie es in der offiziellen Vorlage heißt. Damit kann das städtische Krankenhaus weitere Kredite erhalten.
Im Grunde gab es gar keine Entscheidungsmöglichkeit für die Politiker bei der Sondersitzung des nicht-öffentlich tagenden Verwaltungsausschusses. Wenn das Klinikum Delmenhorst nicht in der kommenden Woche Insolvenz beantragen sollte, mussten sie zustimmen. Teilnehmer sprachen von einer dramatischen Sitzung, es gab einige Unterbrechungen, bis kurz vor 22 Uhr debattierten die Politiker, die um 17 Uhr zusammengekommen waren. Keiner hatte damit gerechnet, dass es um das Klinikum derart schlecht steht, wie es ihnen Geschäftsführer Peter Stremmel dargestellt hatte.
Am Ende entschieden die Politiker so, wie es die Verwaltung vorgeschlagen hatte: Die Stadt tritt ihre eingetragene Grundschuld in Höhe von maximal zwei Millionen Euro an eine Bank ab, die daraufhin das städtische Krankenhaus mit frischem Geld versorgen wird. Schon am Montag wird Stremmel nun seine Gespräche mit dem Geldinstitut fortsetzen. "Ich begrüße die Entscheidung, dass die Grundschuld als Grundlage für die weitere Liquidität des Klinikums an eine Bank übertragen wird", sagte Gerjet Boom, Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums, gestern. Stremmel wollte sich öffentlich dagegen gar nicht äußern.
Die Alternative zu dieser Entscheidung wäre gewesen: Die Kommune gibt ihr Krankenhaus auf. Dieses Friss-oder-Stirb sorgte bei einigen der Anwesenden für Verstimmungen. Der Ärger war dabei nicht nur der Tatsache geschuldet, dass die Politik unter Zustimmungs-Zwang stand, sondern dass der Informationsfluss als äußerst mangelhaft empfunden wurde. Bereits am 11. Juni war dem Klinikum-Aufsichtsrat bekannt gegeben worden, dass im Sommer ein weiteres millioneneurogroßes Finanzierungsloch drohe, das Klinikum also zahlungsunfähig sein würde. Die Wirtschaftsprüfer des städtischen Krankenhauses hatten das in ihrem Bericht prognostiziert.
Boom zitierte diese Passage nach Aussagen mehrerer Politiker am Donnerstagabend aus dem Protokoll der damaligen Aufsichtsratssitzung. Was bei den Beteiligten die nächste Frage aufwarf: Hätte es dann nicht auch Oberbürgermeister Patrick de La Lanne, Aufsichtsratsmitglied und auch Gesellschafter des Krankenhauses, schon damals wissen müssen? De La Lanne beharrte am Donnerstag aber darauf, dass er erst am 3. Juli von den Geldsorgen des Klinikums erfahren habe, als Stremmel in einem Brief um einen Liquiditätskredit in Höhe von einer Million Euro gebeten habe (wir berichteten).
Auch das Datum des Stremmel-Briefes sorgte für Verärgerung: Am 14. Juni gab es nämlich eine Sitzung im Klinikum, in der der Geschäftsführer die Situation des Hauses Politikern aller Fraktionen detailliert darstellen sollte. Was er auch mehr oder minder tat, nicht alle Politiker waren zufrieden mit Stremmels Ausführungen. Damals hat er allerdings wohl nicht klar gemacht, dass sein Haus bereits nach den Sommerferien mit weiteren Zahlungsschwierigkeiten konfrontiert werden wird. Dass Stremmel bei dem Treffen zu diesem Thema schwieg, stieß im Nachhinein auf Unverständnis.
Nach dem 11. Juni gab es noch eine weitere Möglichkeit, die Delmenhorster Politiker genauer ins Bild zu setzen. Aber auch während der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause am 26. Juni flossen keine weiteren Informationen. Zwar stehen im nicht-öffentlichen Teil einer jeden Ratssitzung die Berichte der Aufsichtsratsvorsitzenden der städtischen Tochterfirmen auf dem Programm – aber damals fielen sie aus. Boom wollte seine Ratskollegen über die Aussagen der Wirtschaftsprüfer informieren, nur an dem Abend, der schon sehr lange gedauert hatte, fällte die Ratsmehrheit den Beschluss, die Berichte dem Protokoll anzuhängen, keiner hatte mehr Lust auf lange Referate. Boom nahm das klaglos hin, er machte wohl nicht deutlich, dass er Spannendes zu erzählen hatte.
Übrigens: Dieses Protokoll liegt – fast zwei Monate nach der Sitzung – der Politik immer noch nicht vor.