Private Investoren entdecken die Spitäler

Mit der neuen Spitalfinanzierung müssen die Spitäler in der Schweiz selber für ihre Investitionen aufkommen. Entstanden ist dadurch auch Raum für privatwirtschaftliche Finanzierungslösungen.

Andrea Martel
Drucken
Die neue Spitalfinanzierung in der Schweiz öffnet Spielräume für private Investoren. (Bild: Gaetan Bally/Keystone)

Die neue Spitalfinanzierung in der Schweiz öffnet Spielräume für private Investoren. (Bild: Gaetan Bally/Keystone)

Mit der Anfang 2012 eingeführten neuen Spitalfinanzierung müssen die Spitäler verstärkt auf eigenen Beinen stehen. Neu erhält jedes Spital pro Fall eine fixe Pauschale, in der auch die Investitionskosten enthalten sind. Investitionen für die technische Ausstattung und die Liegenschaften sind aus den Einnahmen zu finanzieren. Diese Eigenfinanzierung ist für die Spitäler per se eine Herausforderung. Hinzu kommt aber, dass in den vergangenen Jahren Investitionen in Immobilien sträflich vernachlässigt wurden. Während sich die Ausgaben für Spitalleistungen gegenüber 1995 fast verdoppelt haben, bewegten sich die Investitionen in Um- und Neubauten von Allgemeinspitälern im Jahr 2011 nur um 8% über dem Niveau von 1995.

Grosser Nachholbedarf

Diese Versäumnisse müssen nun vielerorts nachgeholt werden, wie die Credit Suisse in ihrer neuesten Studie «Gesundheitswesen Schweiz 2013» schreibt. Schweizweit sind gemäss den Ökonomen der Bank zurzeit Bauprojekte im Umfang von knapp 9 Mrd. Fr. absehbar. Damit stehen für die kommenden 5 bis 15 Jahre Investitionsabsichten im Raum, die dem Bauvolumen der vergangenen 17 Jahre entsprechen, wobei das bekannte Volumen wohl erst die Spitze des Eisbergs an Bauplänen der Spitäler ist.

Für diese Finanzierungen interessiert sich trotz der Politisierung und immer noch starken Regulierung im Gesundheitswesen zunehmend auch der private Sektor, seien es Banken oder institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen und Immobilienfonds. Voraussetzung sind betriebswirtschaftliche Transparenz, eine klare Positionierung im neuen Umfeld und strategische Antworten auf künftige Herausforderungen – kurz: ein Businessplan.

Dass dies teilweise einfacher tönt, als es ist, erklärte Urs Gauch, Leiter des Schweizer KMU-Geschäfts der CS. Es sei zwar klar, dass die Bank auf der Basis der operativen Erträge (Ebitda) finanziere. Eine seriöse Kreditprüfung sei jedoch – nach nur einem Jahr mit Fallpauschalen – schwierig. So haben nach der bisherigen Erfahrung von Gauch die Spitäler teilweise deutlich überrissene Finanzierungsvorstellungen. Er gibt jedoch auch zu, dass für die Finanzbranche die Umsatzprojektionen der Spitäler teilweise schwer abschätzbar seien. So sei es vorgekommen, dass man die eigene Offerte nach vertieften Gesprächen mit der Spitalleitung nach oben angepasst habe.

Grundsätzlich wird der Marktzutritt für Investoren von der CS immer noch als steinig beurteilt. Neben der Identifikation aussichtsreicher Spitäler müsse der Dialog mit dem Kanton als Eigentümer und der Spitalverwaltung als Betreiberin gesucht werden. Und weil es sich um ein gesellschaftlich heikles Thema handle, seien Interessenkonflikte, Vorbehalte und Ängste programmiert.

Um zumindest eine grobe Einschätzung der künftigen Wettbewerbssituation auf dem Spitalmarkt zu erhalten, haben die CS-Ökonomen die heutige regionale Versorgungsdichte und die künftige Nachfrageentwicklung analysiert. Dabei ist herausgekommen, dass das regionale Muster der heutigen Spitalstandorte nicht überall mit dem des künftigen Nachfragewachstums übereinstimmt. So gibt es Orte, an denen die Versorgungsdichte derzeit noch tief ist, aber das Nachfragewachstum wegen der demografischen Entwicklung als gross eingeschätzt wird. Zu dieser Kategorie, die wohl die grössten Wachstumschancen aufweist, gehören in erster Linie grosse Teile der Metropolregion Zürich (vgl. Karte) sowie der Aargau, Schwyz, das Rheintal, die Region Wil und fast der gesamte Kanton Thurgau.

Schwieriger dürfte es in jenen Regionen werden, in denen eine gegenwärtig hohe Versorgungsdichte mit einem unterdurchschnittlichen erwarteten Wachstum zusammenfallen. Hierzu gehören die Agglomeration Bern, das Baselbiet, das Appenzellerland mit der Stadt St. Gallen, grosse Teile Graubündens, aber auch die Stadtzentren aus den sonst wachstumsstarken Metropolregionen – Zürich, Lausanne und Genf. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass es sich beim Gesundheitswesen ja generell um einen Wachstumsmarkt handelt, der dies – rein aufgrund der demografischen Alterung – auch bleiben wird.

Wachstum mit Grenzen

Diese Wachstumsperspektive vermag gewisse Investitionshemmnisse wie z. B. die schlechte Umnutzungsmöglichkeit, die in der spezifischen Gebäudestruktur von Spitalimmobilien begründet ist, je nach Fall zu kompensieren. Ebenso klar ist für die CS, dass die Gesundheitskosten zunehmen werden, so dass Rationalisierungen auf allen nichtmedizinischen Ebenen – zu denen auch die Bereitstellung der Liegenschaften zählt – zwingend werden erfolgen müssen, um Einschränkungen bei den medizinischen Leistungen verhindern zu können.