Anzeige gegen Asklepios-Gesellschafter:Machtkampf um Deutschlands Krankenhäuser

Jedes dritte Krankenhaus in Deutschland ist nicht mehr in öffentlicher, sondern in privater Hand. Seit mehr als einem Jahr streiten zwei der größten Gesundheitskonzerne um die Vorherrschaft auf dem Klinikmarkt. Die Rhön AG erstattet jetzt Strafanzeige gegen einen Konkurrenten wegen Marktmanipulation und Nötigung.

Von Klaus Ott

Die beiden Männer, die man getrost als Deutschlands Klinik-Könige bezeichnen kann, haben viel gemeinsam. Beide haben mal klein angefangen. Als Betriebswirt der eine, als Wirtschaftsprüfer und Anwalt der andere. Beide haben in den vergangenen Jahrzehnten private Gesundheitskonzerne geschaffen; mit jeweils weit mehr als hundert Krankenhäusern, mehr als 40.000 Beschäftigten, Millionen Patienten und Umsätzen in Milliardenhöhe. Beide sind längst im Rentenalter, denken aber nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Ja, sie haben noch viel vor.

Und sie haben sich heftig zerstritten.

Eugen Münch, 68, Gründer, Aktionär und Aufsichtsratschef der Rhön-Klinikum AG, und Bernard gr. Broermann, 69, Gründer und Gesellschafter der Asklepios-Kliniken, liefern sich einen erbitterten, in der deutschen Klinikbranche wohl einmaligen Machtkampf. Broermann setzt mit Asklepios alles daran, Münchs Vorhaben zu vereiteln, durch ein Zusammengehen seiner Rhön AG mit dem Medizinunternehmen Fresenius und dessen Helios- Kliniken einen Krankenhausgiganten sondergleichen zu schaffen.

Münch hat Broermann nun wegen Marktmanipulation und Nötigung angezeigt - die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt. Bei seiner juristischen Attacke vertraut der Rhön-Aktionär auf prominenten Beistand. Eingereicht hat die Strafanzeige der Wirtschaftsanwalt und CSU-Politiker Peter Gauweiler, der bei vielen Konflikten an vorderster Front steht; beim Kampf gegen Euro-Rettungsschirme oder beim Schadensersatzprozess von Leo Kirchs Erben gegen die Deutsche Bank. Jetzt mischt Gauweiler in der Schlacht um Deutschlands Kliniken mit. Einer Schlacht um Betten und Patienten.

Jedes dritte Krankenhaus hat kommerzielle Anteilseigner

Mehr als 80 Milliarden Euro kassieren die rund 2000 Krankenhäuser mit ihren mehr als 800.000 Beschäftigten Jahr für Jahr. Die privaten Betreiber machen meist Gewinn, die kommunalen und kirchlichen Häuser sind oft Zuschussbetriebe. Die Privaten seien wirtschaftlicher und effizienter, propagiert deren Lobby und will so weitere Übernahmen vorbereiten.

Die Zahl der Kliniken, die nicht mehr Kommunen und Kirche gehören, hat sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten nach zahlreichen Aufkäufen durch Gesundheitskonzerne nahezu verdoppelt. Bereits jedes dritte Krankenhaus in Deutschland hat inzwischen nicht mehr öffentliche, sondern kommerzielle Anteilseigner.

Den privaten Klinikmarkt teilen sich vor allem vier große Anbieter: Fresenius mit Helios, Rhön, Asklepios und Sana. Im vergangenen Jahr begann Rhön-Mann Münch, den Zusammenschluss mit Fresenius zu betreiben. Der geplante Verbund könne eine "flächendeckende medizinische Versorgung" garantieren, zum Wohle der Patienten. Diese bekämen künftig "alle medizinischen Leistungen aus einer Hand", warb Münch für den neuen Giganten.

Keiner gibt nach

Der sollte durch die Übernahme von Rhön durch Fresenius/Helios entstehen. Konkurrent Broermann und Asklepios waren alarmiert. Dort habe man befürchtet, gegen den geplanten Konzern chancenlos zu sein, heißt es aus der privaten Gesundheitsbranche. Stünden weitere kommunale oder kirchliche Kliniken zum Verkauf, wäre ein Verbund von Fresenius und Rhön nicht zu schlagen.

Als Fresenius im Mai 2012 ein Übernahmeangebot für Rhön abgab, wurde Asklepios aktiv. Broermanns Unternehmen hatte vorher schon Rhön-Aktien besessen und kaufte nun weitere Anteile hinzu. Ziel der Aktion: Die erforderliche Aktienmehrheit von 90 Prozent bei Rhön für die Übernahme durch Fresenius zu verhindern. Dieser Deal sei tot, kommentierte die Wirtschaftspresse. So kam es erst mal auch. Doch Fresenius legte nach und machte im August 2012 einen zweiten Verstoß.

Dieses Mal wollte sich der Medizinkonzern mit der einfachen Aktienmehrheit begnügen, aber gleichwohl die strategische Führung bei den Rhön-Kliniken übernehmen. Um den Weg freizumachen, sollten alle zehn Kapitalvertreter im Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG zurücktreten zugunsten neuer, von Fresenius entsandter Kontrolleure.

Wieder machten Broermann und Asklepios Ärger. Ende August 2012 warnte Broermanns Unternehmen die Rhön-Klinikum AG, Rücktrittszusagen von deren Aufsichtsräten wären "unzulässig und nichtig". Das könne eine "persönliche Haftung" dieser Kontrolleure zur Folge haben. Außerdem kündigte Asklepios an, seine Beteiligung an Rhön weiter aufstocken zu wollen.

Münch erstattet Anzeige

Eine Kampfansage an Fresenius. Wenige Tage später zog sich Fresenius zurück und beklagte, dass der neue, zukunftweisende Verbund "blockiert" worden sei. Doch so schnell gibt Münch, der seinen Klinikkonzern als sein Lebenswerk betrachtet, nicht auf. Der Rhön-Mann erstattete mit Gauweilers Hilfe bei der Münchner Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen Widersacher Broermann und andere.

Vorwurf eins: Bei der Aufstockung der Asklepios-Anteile an Rhön im Jahr 2012 habe Asklepios falsche Angaben gemacht, was als Marktmanipulation gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoße. Vorwurf zwei: Die Drohung, Rhön-Aufsichtsräte könnten sich bei einem Rücktritt zugunsten von Fresenius haftbar machen, sei eine Nötigung. Vorwurf eins könnte wegfallen. Die Staatsanwaltschaft hat die Finanzaufsicht Bafin damit befasst. Und die erklärte der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, "keine Anzeichen für Marktmanipulation gefunden" zu haben.

Bleibt die Nötigung, der Asklepios wie allen anderen Anschuldigungen widerspricht. "Wir können uns nicht einmal im Ansatz begründete Vorwürfe vorstellen." Man habe alle Schritte mit einer erfahrenen Kanzlei abgestimmt und transparent agiert. "Wir werden mit der Staatsanwaltschaft Kontakt aufnehmen, um die Angelegenheit zu klären."

Der Machtkampf der beiden älteren Herren um die Vorherrschaft im deutschen Klinikmarkt geht weiter. Keiner gibt nach.

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