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Probleme trotz guter Zahlen

Probleme trotz guter Zahlen

Winterberg. 

Die Sorge ist groß in Südwestfalen. Die Sorge, dass der im NRW-Krankenhausplan 2015 vorgesehene Bettenabbau die medizinische Versorgung im ländlichen Raum erheblich beschädigen könnte. Noch ist nicht klar, welche Klinik in welcher Region wie betroffen sein könnte. Aber am Beispiel des St. Franziskus-Hospitals in Winterberg lässt sich gut zeigen, wo die Bedrohungen liegen. Gerade deshalb, weil dieses 100-Betten-Haus das ganze Jahr über sehr gut ausgelastet ist, weil die Patientenzahlen seit Jahren steigen, weil erst 2010 eine Geriatrie- und eine Kardiologie-Station aufgebaut wurden und weil noch nie rote Zahlen geschrieben wurden. Wenn solch eine erfolgreiche Klinik Probleme auf sich zukommen sieht, muss man genauer hinschauen.

Die generellen Schwierigkeiten sind für alle Krankenhäuser in Deutschland ähnlich, seit die Fallpauschalen die Tagessätze abgelöst haben, erläutert Geschäftsführer Christian Jostes: Die Verweildauer der Patienten habe sich halbiert. Deshalb müssten sie intensiver betreut werden. Die Finanzierung durch die Krankenkassen erhöhe sich nicht parallel zu den Kostensteigerungen für Personal- und Sachkosten. Das trifft insbesondere tariflich gebundene Krankenhäuser in kommunaler oder kirchlicher Trägerschaft.

Aber dazu kommen die besonderen Nachteile für die Kleinen: „In den Fallpauschalen, etwa für eine Geburt oder eine Hüftprothese, sind Fixkosten enthalten“, so Jostes. Deshalb „rechneten“ sich viele Leistungen erst ab einer bestimmten Stückzahl, die ein kleines Haus nicht erreichen könne. Und wenn die Fallzahlen zu gering sind, sei auch eine Zertifizierung schwierig, mit der man Qualität nach außen demonstrieren könne

„Die Politik agiert nicht klar“

Zweites Problem: Das Konzept der Stufenversorgung, die geplante Aufteilung in Grund-, Regel-, Schwerpunkt- und Maximalversorgung, nehme kleinen Häusern Einnahmemöglichkeiten, die sie zum Überleben bräuchten, fürchtet der Klinik-Geschäftsführer: „Nur von den einfachen, niedrig bewerteten Leistungen kann keine Klinik leben.“ Und die Finanzen sind noch nicht alles: „Wenn wir nur noch eine Basisversorgung machen dürfen und jeden Patienten mit komplexem Krankheitsbild in eine große Klinik überweisen müssen, finden wir gar kein Personal mehr.“

Schon jetzt muss das St. Franziskus-Hospital Medizinstudenten mit Stipendien dazu bewegen, sich später für Winterberg zu verpflichten. Ohne Weiterbildungsmöglichkeiten sei das nicht mehr vorstellbar. „Wir wollen nicht am offenen Gehirn operieren und Organe transplantieren“, ergänzt Dr. Carl Wunderlich, der Ärztliche Direktor. „Aber das, was wir können, möchten wir weiter tun.“

Was Christian Jostes ärgert, ist die fehlende Klarheit der Politik: „Man traut sich nicht, in Ballungsgebieten Kliniken zu schließen, weil dann die Proteste zu groß wären. Stattdessen entzieht man dem System Geld und lässt es den Markt regeln. Aber der funktioniert nicht überall gleich.“ Es gehe nicht um Almosen, betont der Hospital-Geschäftsführer, sondern um verlässliche Rahmenbedingungen, die es erlaubten, ein Krankenhaus vernünftig zu führen. Und das werde auch ohne neue politische Hürden nicht leichter, zum Beispiel wegen der zunehmenden Spezialisierung bei der Ärzteausbildung, während kleine Häuser eher Allrounder brauchen.

Mehrere Kooperationen

Das Winterberger Krankenhaus will nicht alles alleine machen. Man kooperiert mit der Kardiologie im 30 Kilometer entfernten Korbach, auf verschiedenen Gebieten mit der Klinik in Frankenberg und spricht derzeit mit Brilon über Kooperationen in der Geriatrie. Man macht seine Hausaufgaben. Man ist stolz auf die eigenen Leistungen. Und möchte deshalb von der Politik hören, dass für die ländlichen Regionen andere Lösungen gefunden werden müssen als etwa fürs Ruhrgebiet. „Aber mit uns hat noch keiner gesprochen“, sagt Jostes.