Bei den Kliniken in Calw (Bild) und Nagold geht es jedes Jahr um einen Millionenbetrag, den der Kreis an die klammen Krankenhäuser überweist. Foto: Fritsch

Krankenhaus-Verband fordert Entscheidung aus Karlsruhe. Kreis Calw glich 2012 Sechs-Millionen-Euro-Defizit aus.

Calw/Berlin - Mit einem verfassungsrechtlichen Gutachten will der Interessenverband Kommunaler Krankenhäuser (IVKK) Klarheit in den Streitfall um die finanzielle Unterstützung des Kreises Calw für seine Krankenhäuser bringen.

Laut des Gutachtens, welches der Verbandsvorsitzende Bernhard Ziegler in Berlin vorstellte, sind solche finanziellen Hilfen zum Defizitausgleich rechtens. "Das Wettbewerbsrecht kann man nicht auf Krankenhäuser anwenden", sagte Ziegler. Der Auftrag der Kliniken sei, die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Krankenhäuser seien primär keine Wirtschaftsunternehmen.

Nach Ansicht des Gutachtens ist die Klage des Bundesverbands Deutscher Privatkliniken (BDPK) gegen die Finanzspritzen außerdem gegenstandslos, weil die Kommunen die medizinische Versorgung garantieren müssten. Der Versorgungsaspekt gerade im ländlichen Raum verdränge den Wettbewerbsaspekt, so Ziegler. Das Gutachten solle außerdem den öffentlichen Trägern Sicherheit geben, dass sie ihren Krankenhäusern helfen dürfen.

Thomas Bublitz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK), machte nochmals deutlich, dass Hilfen eine Wettbewerbsverzerrung darstellen und Kliniken gar dazu angeregt werden, unwirtschaftlich zu arbeiten: "Die öffentliche Hand gleicht das Defizit ja mit Steuergeldern aus." Wenn private oder kirchliche Kliniken nach Hilfe rufen würden, würde man ihnen schlechtes Management vorwerfen. "Es ist unstrittig: Krankenhäuser sind Unternehmen wie andere auch", sagte Bublitz. Mit der Klage wolle man dies feststellen lassen und nicht etwa das Calwer Krankenhaus vertreiben.

Um in Zukunft Streitigkeiten um Finanzhilfen für Krankenhäuser vermeiden zu können, fordert der Verband der kommunalen Kliniken eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Das Gericht soll festlegen, ob Krankenhäuser Wirtschaftsunternehmen oder Teil der Daseinsvorsorge des Staates sind? "Wir brauchen Klarheit, um die medizinische Versorgung sichern zu können", sagte Ziegler.

Bereits jetzt würden viele Krankenhäuser im ländlichen Raum mit einem Fachkräftemangel und den Herausforderungen der älter werdenden Bevölkerung kämpfen. Da es um die medizinische Versorgung der Bevölkerung gehe, kann sich Verbandschef Ziegler auch vorstellen, dass Kommunen auch nicht-öffentliche Kliniken finanziell unterstützen.

Dem Gutachten ist eine Klage des Verbandes der privaten Kliniken vorausgegangen. Diese verhandelt das Landgericht Tübingen ab Mittwoch kommender Woche. Die privaten Klinikbetreiber sehen in den Zahlungen der öffentlichen Hand einen Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht. Der Kreis Calw hat im Jahr 2012 Fehlbeträge der Kliniken in Höhe von sechs Millionen Euro ausgeglichen. Laut Kreistagsbeschluss werden auch kommende Defizite bis 2016 in jeweils siebenstelliger Höhe mit Steuergeldern bezahlt.

Die deutschen Kliniken fordern von der neuen Bundesregierung eine grundlegende Reform der Krankenhausfinanzierung. "50 Prozent der Kliniken schreiben rote Zahlen", sagte der Verwaltungsratschef der Gesellschaft Deutscher Krankenhaustag, Josef Düllings. Der Bund solle Geld für die Strukturfinanzierung der Kliniken geben und ein Zehnjahresprogramm zur Modernisierung der Krankenhäuser auflegen.