Gesundheitsfinanzen : Union und SPD bauen den Zusatzbeitrag um
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Die Gesundheitsunterhändler: CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn (links) und SPD-Fachmann Karl Lauterbach Bild: dpa
Der Streit von Union und SPD über die Gesundheitsfinanzen ist beigelegt. Im Kern haben sie sich darauf geeinigt, die pauschalen Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung abzuschaffen. Der Pflegebeitrag steigt schrittweise.
Union und SPD haben die letzten Streitpunkte in den Bereichen Gesundheit und Pflege aus dem Weg geräumt. Dabei ging es vor allem um die Finanzierung des Gesundheitssystems und die Reform der Pflegeversicherung, deren Beitragssatz in zwei Schritten um 0,5 Prozent angehoben werden soll. Über die Einigung berichteten am Freitagmorgen in Berlin die Verhandlungsführer von CDU und CSU, Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD).
Demnach wird es künftig in der gesetzlichen Krankenversicherung keinen in Euro festgelegten Zusatzbeitrag mehr geben, den die Kasse bei angespannter Finanzlage zusätzlich zum Beitrag bei ihren Mitglieder erheben muss.
Nach der Einigung soll der paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu tragende Beitragssatz 14,6 Prozent betragen. Heute liegt er bei 15,5 Prozent, wovon die Arbeitnehmer 0,9 Punkte alleine tragen. Während für die Arbeitgeber mit 7,3 Prozent Beitrag auf Einkommen bis zu 4050 Euro im Monat alles bleibt wie es ist, soll der Zusatzbeitrag der Arbeitnehmer und Rentner von 0,9 Prozent in den neuen, prozentualen auf das Arbeitseinkommen erhobenen Zusatzbeitrag einfließen.
Steuerfinanzierter Sozialausgleich wird gestrichen
Eine Kasse, die hohe Reserven hat, könnte damit weniger als die 0,9 Prozent zusätzlich verlangen oder ganz darauf verzichten. Eine Kasse in finanziellen Nöten müsste den Zusatzbeitrag über das Niveau von 0,9 Prozentpunkten und damit über das heutige Niveau von 15,5 Prozent anheben. Da damit auch die Gefahr einer finanziellen Überforderung wegfällt, wird der bisher vorgesehene steuerfinanzierte Sozialausgleich gestrichen. Der Wettbewerb zwischen den Kassen würde sich damit wieder über den vom Arbeitsentgelt abgezogenen Beitragssatz abspielen und nicht über den in Euro ausgedrückten zusätzlichen Beitrag. Damit die unterschiedliche Einkommensstruktur der Kassen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt, ist zudem vorgesehen, daraus resultierende Differenzen vollständig über den Finanzausgleich der Kassen auszugleichen.
In der Pflegeversicherung soll der Beitragssatz zur Finanzierung zusätzlicher Leitungen spätestens Anfang 2015 um 0,3 Prozentpunkte und zu einem nicht genannten späteren Zeitpunkt in der Wahlperiode um weitere 0,2 Punkte erhöht werden. Heute liegt er bei 2,05 Prozent (2,3 Prozent für Kinderlose). Zusammen belaufen sich die Mehreinnahmen damit auf 5 Milliarden Euro, knapp ein Viertel der heutigen Ausgaben. Aus der Anhebung 2015 sollen 2 Milliarden Euro (0,2 Prozentpunkte) zur Finanzierung kurzfristiger Leistungsverbesserungen, vor allem für die bessere Betreuung der Pflegebedürftigen sowie zum Inflationsausgleich ausgegeben werden.
Mit den Einnahmen von rund einer Milliarde Euro aus der weiteren Erhöhung um 0,1 Punkte soll ein kollektiver Pflegevorsorgefonds aufgebaut werden, der künftige Beitragssteigerungen abmildern soll. Das zielt auf die Jahre 2035 und später, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in das „Pflegealter“ kommen. Der Fonds soll von der Bundesbank verwaltet werden und damit dem Zugriff der Politik möglichst entzogen werden.
Damit hat die Union mit der Forderung nach dem Pflegefonds obsiegt, bei der Kassenfinanzierung die SPD, mit Unterstützung der CSU, die beide den heutigen individuellen Zusatzbeitrag abschaffen wollten. Allerdings konnte die SPD ihr Verlangen nach einer paritätischen, als gleich hohen Finanzierung der Kassen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht durchsetzen.
Spahn sprach von einem guten Kompromiss für beide Seiten, Gesundheit und Pflege seine damit der erste Verhandlungsbereich von Union und SPD, in dem man sich ohne Streit geeinigt habe. Mit dem Festschreien des Arbeitgeberbeitrags verteuerten steigende Gesundheitskosten nicht automatisch die Kosten der Arbeit. „Das ist ein wichtiges Signal zum Erhalt von Arbeitsplätzen.“ Die Bildung einer Kapitalrücklage in einem Vorsorgefonds für die Pflege nannte er „ein wichtiges Signal für die Zukunft.“
Lauterbach hob hervor, dass damit wieder kassenindividuelle Beitragssätze eingeführt würden. „Das ist das historische Ende der Kopfpauschale“, sagte Lauterbach. Damit werde verhindert, dass künftig viele Kassen Kopfpauschalen von bis zu 30 Euro im Monat kassieren müssten. Für die SPD sei es von größter Bedeutung gewesen, das zu verhindern. Jeder müsse sich nach seinem Einkommen an der Finanzierung des Gesundheitssystems beteiligen.