Die Arcus Klinik aus Pforzheim verspricht Orthopäden ein Pauschalhonorar, für Vor- und Nachsorgeuntersuchungen. Gegen das umstrittene Modell wollen sich die benachbarten Kliniken jetzt mit einer Verfügung wehren.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Landkreis Ludwigsburg - Die Auseinandersetzung zwischen der in Ludwigsburg ansässigen Kliniken-Holding und der Pforzheimer Krankenhaus-Gesellschaft Arcus wird aller Voraussicht nach vor Gericht weitergeführt. Wie Jörg Martin, der medizinische Geschäftsführer bestätigt, hat die Holding wegen des umstrittenen Kooperationsmodells des Pforzheimer Konkurrenten eine einstweilige Verfügung beantragt. Das Karlsruher Sozialgericht muss nun im Eilverfahren prüfen, ob es das Kooperationsmodell vorerst stoppt. Eine endgültige Entscheidung, ob das in Pforzheim praktizierte Verfahren rechtmäßig ist, fällt dann zu einem späteren Zeitpunkt in einer mündlichen Verhandlung.

 

Streit wirft eine Schlaglicht auf die Konkurrenzsituation

Martin erklärt, dass sich auch andere Krankenhäuser in der Region dem Antrag auf die einstweilige Verfügung angeschlossen hätten, nennt dazu aber keine Details. „Wir wollen einfach wissen, ob es rechtens ist, was in Pforzheim gemacht wird. Denn wir halten es nicht für rechtmäßig.“

Der Streit wirft ein Schlaglicht auf die angespannte Konkurrenzsituation im Gesundheitswesen. Arcus hat sich auf Sportverletzungen und Gelenkerkrankungen spezialisiert, und vor einigen Wochen begann die Klinik, in Briefen bei Orthopäden im Umfeld von Pforzheim, Karlsruhe und Stuttgart für ein Kooperationsmodell zu werben. Im Kern geht es darum, dass Arcus Vor- und Nachuntersuchungen von Patienten, die in Pforzheim operiert werden, an die niedergelassenen Ärzte delegieren will – und diesen im Gegenzug eine auf Pauschalen basierende Honorierung anbietet.

Gelenkoperationen sind ein lukratives Geschäft

Andere Krankenhäuser sehen das Modell mit Argwohn. „Wir gehen davon aus, dass Arcus damit das Ziel verfolgt, Patienten zu akquirieren“, kritisiert Martin. Die Sorge in Ludwigsburg ist: wenn ein Orthopäde weiß, dass er von Arcus Pauschalen für Untersuchungen erhält, ist er vielleicht eher gewillt, den Patienten zur OP nach Pforzheim zu überweisen. Der Konkurrenzdruck sei enorm hoch, sagt Martin. Gerade in der Endoprothetik, also mit dem Austausch von Gelenken, könne eine Klinik viel Geld verdienen.

Und genau in diesem Bereich ist Arcus tätig. Allerdings sind Fangprämien streng verboten. Kliniken dürfen Ärzte nicht mit Geld motivieren, Patienten zu überweisen – und trotzdem passiert es. Erst kürzlich hat der Spitzenverband der Krankenkassen geklagt, dass in Deutschland fast jede vierte Klinik solche Prämien zahle, von einem Skandal war die Rede, von Korruption.

Pforzheimer Klinik sieht den Rechtsstreit gelassen

Bernhard Rieser, Ärztlicher Direktor der Arcus in Pforzheim, kennt diese Debatte genau. Von der gegen seine Klinik gerichtete einstweiligen Verfügung weiß er allerdings nichts, denn die ist noch ganz frisch. „Ich hatte bisher nur gehört, dass man in Ludwigsburg juristisch gegen uns vorgehen will“, sagt er und lacht leise. „Ich sehe das sehr gelassen.“ Rieser beruft sich darauf, dass seine Klinik sich um das sogenannte Endocert-Zertifikat bewirbt. Damit dürfen sich Kliniken schmücken, die besonders hohe Qualitätsstandards einhalten. Wer das Siegel nutzen will, muss eine umfassende Dokumentation über Operationen, verwendete Implantate, Vor- und Nachuntersuchungen, Röntgenbefunde und vieles mehr vorweisen. Arcus arbeite seit eineinhalb Jahren an diesem Register, und in diesem Zusammenhang delegiere man nun eben Aufgaben an niedergelassene Ärzte. „Selbstverständlich bezahlen wir diese Leistungen, aber das ist keine Prämie“, versichert Rieser, der davon ausgeht, dass Arcus das begehrte Zertifikat in rund zwei Monaten überreicht bekommen wird.

In Ludwigsburg hält man den Verweis auf Endocert für ein Scheinargument. Zu der Regionalen Kliniken-Holding gehört auch die Orthopädische Klinik in Markgröningen (OKM), die das Endocert-Siegel bereits besitzt und dafür ebenfalls Unmengen an Daten erheben musste. „Wir haben das intern geschafft, ohne auf niedergelassene Ärzte zurückzugreifen“, sagt Martin. Arcus nutze Endocert lediglich, um eine verdeckte Prämie an Ärzte zahlen zu können.

Lösen lässt sich die Auseinandersetzung vermutlich tatsächlich nur vor Gericht, zu verhärtet sind die Fronten. Auch wenn Rieser betont: „Die OKM und wir sind doch eigentlich gar keine Konkurrenten. Das ist allenfalls ein sportlicher Wettbewerb.“ Schließlich gebe es „wirklich ausreichend Patienten, die operiert werden müssen“.