Lokales

Fragezeichen hinter Klinikenfusion

Bundeskartellamt sieht weiteren Ermittlungsbedarf – Verantwortliche im Kreis überrascht

Hinter die ehrgeizig vorangetriebene Klinikenfusion im Kreis Esslingen hat das Bundeskartellamt überraschend ein dickes Fragezeichen gesetzt. Das „vertiefte Verfahren“ muss aber nicht das „Aus“ bedeuten, so ein Sprecher des Kartellamts. „Es ist völlig offen“.

Fünf Kliniken - ein Dach: Was hinter dieser Fusion steckt und wie sie sich auf den Klinikenmarkt auswirkt, will das Bundeskartel
Fünf Kliniken - ein Dach: Was hinter dieser Fusion steckt und wie sie sich auf den Klinikenmarkt auswirkt, will das Bundeskartellamt genauer wissen.Fotomontage: Jean-Luc Jacques

Richard Umstadt

Kreis Esslingen. Damit hatte im Landkreis niemand gerechnet. Das Bundeskartellamt in Bonn gab den Zusammenschluss der Kreiskliniken mit dem Städtischen Klinikum Esslingen nach einer einmonatigen Überprüfung nicht frei, wie von allen Beteiligten erwartet wurde, sondern tritt nun in eine sogenannte „vertiefte Überprüfung“ ein, die rund drei Monate dauern wird.

Von dieser Mitteilung wurden gestern die Esslinger Stadt- und Landkreisverwaltung ebenso überrascht wie der Gemeinderat der Freien Reichsstadt und der Kreistag. Offensichtlich sind für die kartellrechtliche Genehmigung intensivere Prüfungen notwendig. „Eine abschließende Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht möglich“, sagte ein Sprecher des Bundeskartellamts. Den Grund dafür konnte er wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen.

In einer gemeinsamen Presseerklärung bedauerten die Leiter der von Kreistag und Gemeinderat eingesetzten Projektgruppe zur Zusammenführung, Esslingens Finanz-Bürgermeister Bertram Schiebel und die Kreiskämmerin, Dezernatsleiterin Monika Dostal, diese unvorhersehbare Entwicklung.

„Da die Frist für das Hauptprüfverfahren Mitte März 2014 abläuft, werden sich der Landkreis Esslingen und die Stadt Esslingen bemühen, zeitnah und aktiv die wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen“, erklärten Schiebel und Dostal übereinstimmend. Und das soll rechtzeitig im Januar geschehen, noch bevor sich das Bundeskartellamt schriftlich festlegt, so Bertram Schiebel.

Kreistag und Gemeinderat hatten sich in diesem Jahr auf ein Eckpunktepapier zur Vorbereitung der Zusammenführung der beiden Kliniken geeinigt. In sieben Teilprojekten werden derzeit die medizinischen und organisatorischen sowie rechtlichen Voraussetzungen für eine Klinikfusion in sechs Arbeitsgruppen vorbereitet.

„Wir werden planmäßig die Arbeit in den Gruppen fortsetzen und Ende Januar die Ergebnisse der Fusionsverhandlungen vorstellen“, meinte der Fraktionschef der Freien Wähler im Kreistag, Alfred Bachofer, stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat der Kreiskliniken. Auch er bedauerte die Verzögerung, geht aber davon aus, dass die Kartellwächter am Ende der Überprüfung die Kliniken-Fusion genehmigen werden. „Wenn man sieht, was sich an Großfusionen in der Wirtschaft abspielt, ist es schon verwunderlich, dass man bei uns in eine vertiefte Überprüfung einsteigt“.

Sonja Spohn, Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Kreistag, will sich durch die Mitteilung des Bundeskartellamts nicht abschrecken lassen. „Es geht wie geplant weiter“, sagte sie, wobei sie eine zeitliche Verschiebung nicht ausschließen will. Dennoch habe sie den Anspruch, die Fusion noch mit dem alten Kreistag vor den Kommunalwahlen am 25. Mai zu verabschieden.

Dass es letztendlich zu einem Zusammenschluss der Kliniken im Kreis kommen wird, das ist für Sonja Spohn so gut wie sicher. „Es ist zwar noch nicht in trockenen Tüchern, aber es gibt keinen Grund daran zu zweifeln.“

Mit der Meldung auf dem linken Fuß erwischt wurde der CDU-Fraktions-Vize im Kreistag, Sieghart Friz. „Ich kann nichts dazu sagen, mir fehlen noch die Hintergründe“. Ebenso erging es seinem Fraktionskollegen Rainer Bauer, der für die CDU im Kliniken-Aufsichtsrat sitzt. „Ich hab‘ noch keine Informationen, hoffe aber, dass wir dennoch zu Potte kommen. Das Ziel ist schließlich, die Kliniken zusammenzubringen“.

„Damit hat niemand gerechnet“, zeigte sich Marianne Erdrich-Sommer, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag, ebenfalls überrascht von der Erklärung der Bonner Kartellwächter. Sie kann sich den Grund für die vertiefte Überprüfung ebensowenig erklären wie ihre Kollegen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Zusammenschluss der Kliniken im Kreis Ludwigsburg mit der Regionalen Kliniken Holding Neckar-Schwarzwald im Enz-Kreis vom Bundeskartellamt 2006 genehmigt wurde.

„Wir haben hier keine anderen Verhältnisse als in Ludwigsburg“, konnte Bürgermeister Bertram Schiebel die unterschiedliche Handhabe der Kartellbehörde in Bonn nicht verstehen.