Interview
Susanne Hochuli: «Ein Topchirurg ohne OP-Team nützt nichts»

Für Susanne Hochuli geht es beim Vertrag mit den Spitälern um den Tatbeweis bei Konzentration und Koordination. Im Interview erklärt die Regierungsrätin, wie eine Abwanderung der hoch spezialisierten Medizin aus dem Aargau zu verhindern ist.

Mathias Küng
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Susanne Hochuli: «Der Vertrag stellt einen Wert an sich dar.»

Susanne Hochuli: «Der Vertrag stellt einen Wert an sich dar.»

Annika Bütschi

Frau Hochuli, Ziel war, eine oder mehrere Optionen für die künftige Organisation der Spezialversorgung zu erarbeiten. Jetzt liegt ein Vertrag mit den Kantonsspitälern vor. Sind Sie damit zufrieden?

Susanne Hochuli: Es war richtig, den Strategieprozess durchzuführen und es ist gut, dass er mit der Vereinbarung abgeschlossen werden konnte. Die Umsetzung wird zeigen, ob wir dereinst zufrieden sein können oder nicht. Letztlich geht es um den Tatbeweis bei der Konzentration und Koordination der hoch spezialisierten und gewisser Bereiche der spezialisierten Medizin.

Wie geht es jetzt weiter?

Nun müssen Synergierat und Fachorgan, die im Vertrag vereinbarten Organe, ihre Arbeit machen und rasch zu gültigen Resultaten kommen. Erfolgreich sind in der Spitallandschaft heute jene, die schneller sind als andere – und nicht unbedingt grösser.

Wer entscheidet was?

Der von einer externen Fachperson geleitete Synergierat wird von Spital- und Departementsvertretungen gebildet. Er führt mit Unterstützung des Fachorgans den Koordinations- und Konzentrationsprozess im Rahmen der Vereinbarung und stellt den Verwaltungsräten von KSA und KSB Anträge.

Wird durch diesen Vertrag die Zentralspitalvorlage hinfällig?

Der Grosse Rat hat die Botschaft Zentralspital zurückgewiesen und der Regierung den Auftrag gegeben, sie noch einmal vorzulegen. Der jetzt abgeschlossene Vertrag stellt einen Wert an sich dar, ersetzt die Zentralspital-Vorlage aber nicht. Klar ist, dass mit dem Vertrag nicht alle Fragen, die sich in der Zusammenarbeit zwischen KSA und KSB stellen, abschliessend beantwortet sind. Die Ergänzungsbotschaft, über die der Grosse Rat voraussichtlich im ersten Quartal 2013 befinden wird, wird sich folgerichtig auch mit weiteren Fragestellungen befassen.

Dann fragen wir präziser: ist damit das Zentralspital mit zwei Standorten unter einer Führung hinfällig?

Der Vertrag stellt kein Präjudiz für den politischen Prozess dar. Und über den Inhalt der Ergänzungsbotschaft kann selbstredend erst diskutiert werden, wenn die Regierung die Botschaft zuhanden des Parlaments verabschiedet hat.

Gelingt es, dass die hoch spezialisierte Medizin im Aargau bleibt?

Wenn wir gezielt koordinieren und konzentrieren, ist das weiterhin möglich. Als kantonale Gesundheitsdirektorin stehen für mich die Qualität der medizinischen Leistungen sowie die Patientensicherheit an erster Stelle. Wenn es eine Disziplin gibt, für die wir im Aargau schlicht zu tiefe Fallzahlen haben, sollen diese Leistungen an einem Uni-Spital erbracht werden.

Doch wenn die Qualität stimmt, bleibt es im Aargau?

Ich bin überzeugt: Wenn wir auf dem vereinbarten Weg weitergehen, werden verschiedene Disziplinen der Bauchchirurgie im Aargau bleiben. Es geht um die grosse, das heisst hoch spezialisierte Bauchchirurgie. Und, was für mich genauso wichtig ist: Bei der spezialisierten Medizin können wir mit Kompetenzzentren über den Aargau hinaus leuchten. Erstens ist es wichtig, dass sich die Aargauerinnen und Aargauer im Kanton behandeln lassen, weil damit auch die Investitionskostenpauschale nicht abwandert. Und zweitens ist es für die Kantonsspitäler attraktiv, mit exzellenten Leistungen Patientinnen und Patienten aus anderen Kantonen anzuziehen.

Was von der hoch spezialisierten Medizin kann bleiben?

Das entscheidet das Beschlussorgan der Interkantonalen Vereinbarung über die hoch spezialisierte Medizin. Ich sehe als Vizepräsidentin des Beschlussorgans für mehrere Disziplinen eine gute Chance, sie im Aargau halten zu können.

Ihr Fazit?

Der Strategieprozess hat gezeigt, dass wir uns im Aargau mehr und gemeinsam bewegen müssen, damit wir auch künftig Disziplinen der hoch spezialisierten Medizin im Kanton halten können. Und er hat unseren Blick auf den kommenden grossen Fachkräftemangel in Medizin und Pflege geschärft. Sehen Sie, es nützt nichts, einen Topchirurgen vorweisen zu können, wenn dieser kein Operationsteam hat. Da steht uns noch viel Arbeit bevor – auch und gerade wenn wir uns bei der spezialisierten Medizin auch interkantonal als hervorragender Spitalstandort hervorheben wollen.