Warburg. Enttäuschung und Fassungslosigkeit bei den 14 Mitarbeitern in der Küche des St.-Petri-Hospitals in Warburg: Ihnen wird zum 17. Dezember betriebsbedingt gekündigt. Der Catering-Dienstleister Apetito übernimmt die Speisenversorgung. Laut Angaben der Klinikleitung tragen die Kündigungen zur Sicherung des Standortes bei.<br /><br />Das Küchenpersonal steht noch stark unter dem Eindruck der Geschehnisse am Donnerstagabend: Bei einem Gespräch mit der Geschäftsführung wurden die Mitarbeiter über diesen Schritt informiert. "Wir arbeiten hier alle schon mindestens 20 Jahre im Krankenhaus, teilweise schon 39 Jahre lang", sagt Küchenhilfe Marion Schmale. Die 49-Jährige ist Mitglied des Betriebsrates und sagt, dass mit dieser Maßnahme in diesem Jahr keiner von ihnen mehr gerechnet habe.<br /><br />Im Neubau der Klinik werden ohnehin keine Küchenkapazitäten mehr zur Verfügung stehen. "Nun sind wir alle enttäuscht und haben noch keine Pläne, wie es für uns weitergehen soll", sagt Schmale. Ihre Kollegen und sie müssten erstmal mit ihren Familien sprechen. "An der Arbeit in der Küche hing unser Herz: Jeder wusste, was der andere tut", sagt Schmale. <br /><br />150 Mittagessen kochte das Küchenteam im St. Petri jeden Tag. Davon gingen einige auch an die Personal-Caféteria und an die Seniorenwohnanlage "Lindenhof". Zusätzlich bereiteten die Mitarbeiter 90 Mahlzeiten für das Frühstück und zum Abendbrot zu. Zukünftig wird im Krankenhaus nicht mehr gebraten oder frittiert werden: Der Patient bestellt morgens ein Gericht, dass dann durch Apetito als Fertigmahlzeit bis mittags geliefert und verteilt wird ("Cook and Freeze").<br /><br />"Die Kochqualität wird nachlassen", sagt Schmale. "Dabei ist es wichtig, eine Küche vor Ort zu haben - etwa, um Wünsche von Patienten erfüllen zu können", sagt die Stationsleiterin in der Belegabteilung der Urologie, Marion Nolte-Peter. "Dieses Verhalten der Klinikleitung empört uns", heißt es aus dem Betriebsrat rund um dessen Vorsitzende Renate Kohaupt, die die Nachricht bei einer bundesweiten Krankenhaus-Fachtagung der Gewerkschaft in Berlin erreichte.<br /><br />"Viele Kollegen sind seit mehr als 30 Jahren in der Klink beschäftigt. Sie arbeiten engagiert und nun bekommen sie einen Tritt." Und das alles, damit der Profit der Aktionäre steige. "Wir wünschen ihnen viel Erfolg bei ihrem Kampf gegen diese Ungerechtigkeit."<br /><br />Laut Angaben des Betriebsrates sind am Standort Warburg bereits Arbeitsplätze abgebaut worden, bisher aber nicht durch betriebsbedingte Kündigungen. Der Betreiber des Krankenhauses, die Rhön-Klinikum AG, wolle 20 Stellen im ganzen Haus, verteilt über alle Bereiche, abbauen. <br /><br />Als "abartig" bezeichnet die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Kündigungen udn die Art udn weise, wie sie ausgesprochen worden sind: Pünktlich zum Weihnachtsfest wolle der bundesweit agiertende Gesundheitskonzern die Küche schließen und die Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit schicken, sagte am Freitag der Gewerkschaftssekretär Wolfgang Vater. "Eine Unverschämtheit."<br /><br />Die Rhön AG mache im Gesundheitswesen "fantastische Gewinne" - "nach eigenen Angaben 70 Millionen Euro in den ersten neun Monaten des Jahres", so Vater. "In dieser Situation Menschen die betriebsbedingte Kündigung zu schicken, um die Rendite für die Aktionäre zu erhöhen, ist schlichtweg unmenschlich", so der Gewerkschaftssekretär. "Eine große Frechheit." Er sicherte den Betroffenen "jede mögliche Unterstützung" durch Verdi zu: "Wir werden alles tun, um die Interessen unserer Mitglieder zu wahren", so Vater. Man werde sich nun zusammensetzen und das weitere Vorgehen abstimmen.<br /><br />"Mit der Ausgliederung der Gastronomie trägt die Klinik zur Sicherung des Standortes Warburg bei und konzentriert sich so verstärkt auf das zentrale Gebiet der Krankenversorgung", sagt André Stoschus, Verwaltungsleiter des Krankenhauses. Mit dieser Maßnahme werde außerdem den neuen Gegebenheiten im Neubau, der im Herbst 2013 eingeweiht werden soll, Rechnung getragen, in dem das neue Cateringkonzept ohne Küchenkapazitäten bereits fest vorgesehen sei. <br /><br />Die Klinikleitung habe allen Mitarbeitern mögliche berufliche Perspektiven aufgezeigt. So setze sich die Geschäftsführung für eine Übernahme der Mitarbeiter durch den zukünftigen Dienstleister ein. Weiterhin könnten sie als Stationsassistenten, im Reinigungsdienst oder an anderen Konzernstandorten eingesetzt werden, so Verwaltungsleiter Stoschus in einer Erklärung.<br /><br />Auf einer Betriebsversammlung am kommenden Montag, 19. November, informiert der Betriebsrat das Personal des St.-Petri-Hospitals über die Ereignisse und bespricht mit den Mitarbeitern die weitere Vorgehensweise. Die Versammlung beginnt um 13.30 Uhr.