Kliniken

Mengenausweitung noch vor Bundestagswahl?

CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn setzt auf einen Forschungsauftrag zur Mengenentwicklung in Krankenhäusern.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Unions Gesundheitsexperte Jens Spahn will die Gründe für die Mengenausweitung erforschen lassen.

Unions Gesundheitsexperte Jens Spahn will die Gründe für die Mengenausweitung erforschen lassen.

© Silvia Wawarta

NEUSS. Die Bundesregierung ist bereit, noch in dieser Legislaturperiode eine neue Regelung zum Umgang mit Mehrleistungen im Krankenhaus auf den Weg zu bringen.

Das kündigte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, auf dem Forum 2012 der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) in Neuss an. Die Veranstaltung stand unter dem Motto: "Nachgefragt - Krankenhäuser vor der Bundestagswahl".

Voraussetzung sei, dass die Selbstverwaltung sich über das Thema verständige, sagte Spahn.

"Mengenerhöhung nicht unbedingt gesundheitspolitisch vernünftig"

Das Psych-Entgeltgesetz hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und den GKV-Spitzenverband verpflichtet, einen Forschungsauftrag zur Mengenentwicklung in den Krankenhäusern zu vergeben.

"Wenn es zu einem vernünftigen Vorschlag kommt, wären wir bereit, das noch vor der Bundestagswahl aufzugreifen", erläuterte Spahn.

Man müsse die Gründe für die Mengenausweitung genau erforschen und feststellen, was auf die medizinisch-technische Entwicklung, auf die Nachfrage der Patienten und auf betriebswirtschaftliche Erwägungen zurückzuführen sei.

"Die Mengenerhöhung ist betriebswirtschaftlich vernünftig, aber nicht unbedingt gesundheitspolitisch vernünftig", erläuterte Spahn.

Ausgabenanteil der Kliniken ist stabil

DKG-Präsident Alfred Dänzer forderte, die Mengenausweitung differenziert zu betrachten.

Bei gesetzlichen Regelungen müssten die Entwicklungen ausgenommen werden, die nicht von den Krankenhäusern zu verantworten seien, forderte er. "Die Restmenge muss auf der Ortsebene verhandelt werden."

Bei den Krankenhauskosten werde eine Monstranz durch Deutschland getragen, kritisierte Dänzer. "Die Krankenhäuser sind nur Kostentreiber."

Der Anteil der Krankenhaus-ausgaben an den Gesamtausgaben der GKV sei von 2000 bis 2011 mehr oder weniger stabil gewesen, obwohl 2011 über 1,1 Millionen mehr Patienten behandelt wurden. "Wie viel Rationalisierung soll denn noch stattfinden?", fragte er.

Lauterbach: Qualität soll bei Vergütung Rolle spielen

Mehrleistungen müssten nicht unbedingt negativ sein, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Professor Karl Lauterbach. "Mehrleistung mit hoher Qualität ist großartig."

Nach seiner Einschätzung sollte die Qualität künftig bei der Bemessung der Klinikvergütung eine Rolle spielen. "Es ist schwer, aber nicht unmöglich, Krankenhäusern Qualitätszuschläge zu gewähren." Die SPD werde dazu einen Gesetzentwurf vorbereiten, kündigte er an.

Auch bei der Krankenhausfinanzierung will die SPD eigene Akzente setzen. Wenn Rot-Grün die Bundestagswahl gewinne, werde es mit der Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erstmals möglich, zu einer monistischen Lösung zu kommen, sagte Lauterbach.

DRG-System sollte reformiert werden

Maria Klein-Schmeink, die für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestags-Gesundheitsausschuss sitzt, betonte allerdings, dass die Zuständigkeit für die Krankenhausplanung bei den Bundesländern bleiben müsse.

Bei der Investitionsfinanzierung könnte die Schweiz zum Vorbild werden, sagte sie. Dort gebe es eine Kombination aus Kantons- und Kassenfinanzierung. "Wir müssen uns tragfähige Lösungen für die Zukunft überlegen."

Eine weitere Herausforderung ist für Klein-Schmeink, das System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) zu reformieren. "Wir müssen den DRG-Ansatz so gestalten, dass es nicht weiter zu einem Hamsterradeffekt kommt."

Wie die Grünen-Politikerin kritisierte auch Inge Höger von den Linken, die stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss ist, dass die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der DRG viel zu spät in Gang gebracht wurde.

"Das System der Fallpauschalen muss dringend überprüft und verändert werden", forderte Höger. Zurzeit steuere es in die falsche Richtung, nämlich zu Mehrleistungen und zu kurzen Liegezeiten.

"Sehr viel für Krankenhäuser erreicht"

Trotz der wirtschaftlichen Einschnitte für die Kliniken durch das Versorgungsstrukturgesetz gehe es den Krankenhäusern heute besser als vor zehn Jahren, sagte Ausschussmitglied Gabriele Molitor von der FDP - sehr zur Verwunderung des Publikums.

"Wir haben in dieser Legislaturperiode sehr viel für Krankenhäuser erreicht", sagte sie.

Sie nannte die Einführung eines anteiligen Orientierungswertes ab dem kommenden Jahr, die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) und die größere Rechtssicherheit bei der Beschäftigung von Honorarärzten.

"Wir werden auch in Zukunft gemeinsam mit Ihnen daran arbeiten, die Krankenhäuser fit für die Zukunft zu machen", versprach Molitor.

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