StartseiteRegionalOberschwabenWeingartenDie Krankenhauskrise ist das große Thema in Weingarten

Krankenhauskrise

Die Krankenhauskrise ist das große Thema in Weingarten

Weingarten / Lesedauer: 5 min

Beim Neujahrsempfang der Stadt Weingarten geht es vor allem um Vergangenheit und Zukunft des 14 Nothelfer
Veröffentlicht:13.01.2013, 18:25

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Die Krise am Weingartener Krankenhaus 14 Nothelfer hat erwartungsgemäß den Neujahrsempfang der Stadt Weingarten dominiert.

Bereits bei der traditionellen Neujahrsbegrüßung auf dem Löwenplatz kündigte Oberbürgermeister Markus Ewald an, die drängenden Fragen zu beantworten: Wie konnte es dazu kommen, warum wurde die finanzielle Misswirtschaft erst so spät erkannt, wer trägt die Verantwortung – und vor allem: Wie geht es mit dem 14 Nothelfer weiter? Zahlreiche Zuschauer säumten dabei den Löwenplatz und ließen sich auch vom kalten Wetter und Schneeflocken nicht schrecken. Der OB riss die Themen an, um die es später beim Neujahresempfang gehen sollte.

Im Kultur- und Kongresszentrum zählte Ewald dann Aspekte auf, die aus seiner Sicht zur Misere des seit 150 Jahren zur Identität Weingartens zählenden Krankenhauses geführt haben. Seit der Umwandlung des Krankenhauses in eine eigenständige GmbH im Jahr 2007 seien bis Ende vergangenen Jahres operative Verluste von rund 14,5 Millionen Euro zusammengekommen, fasste Ewald das gewaltige Problem noch einmal zusammen, das die Stadt als Gesellschafterin des Krankenhauses hat. Er sei von einem Bürger angesprochen worden, dass sowas doch nicht sein könne: „Wenn ich auf meinen Kontoauszug schaue, dann weiß ich doch, wie viel Geld ich habe.“ So einfach sei es aber leider nicht. Ewald rückte vier Faktoren in den Blickpunkt, die für die Krise verantwortlich seien: die Gesundheitspolitik, die Geschäftsführung, den Wirtschaftsprüfer und den Aufsichtsrat .

Was die Gesundheitspolitik anging, sagte Ewald: „Die stationäre Gesundheitsversorgung ist chronisch unterfinanziert.“ Als das 14 Nothelfer 2007 aus den Eigenbetrieben der Stadt ausgegliedert wurde, seien bereits erste Auswirkungen des Systemwechsels spürbar geworden. Die Fallpauschale habe die Krankenhäuser dazu gebracht, Patienten so schnell wie möglich wieder nach Hause zu schicken. Denn durch die Systemumstellung bekamen die Häuser nicht mehr Geld für die Anzahl der Pflegetage, sondern pauschal pro „Fall“. Ewald: „Eine Anpassung der internen Prozesse und Betriebsabläufe, die in den Krankenhäusern notwendig wurden, um in diesem neuen System wirtschaftlich zu arbeiten, ist im 14 Nothelfer nicht ausreichend erfolgt.“ Wenn ein Patient noch einen Tag länger im Krankenhaus bleiben wollte, habe man diesem Wunsch dort in der Regel entsprochen.

Kritik am Wirtschaftsprüfer

Auch mit der Geschäftsführung ging OB Ewald hart ins Gericht. Ihr warf er vor, glaubhaft versichert zu haben, dass die wirtschaftliche Situation keinen Anlass zur Beunruhigung böte. Bei einer Sonderprüfung, die der Aufsichtsrat vergangenes Jahr angeordnet hatte, sei eine Reihe von Fehlern bei der Erstellung der Zahlenwerke festgestellt worden: So hätten unter anderem die Buchung von nicht erzielten Erlösen und fehlerhafte Buchung von Investitionen einen großen Teil des Defizits ausgemacht. Die Geschäftsführung sei wohl davon ausgegangen, dass man erfolgreich arbeite. In einem Interview in der SZ im Januar 2012 habe der damalige Geschäftsführer noch ein Defizit von 300000 Euro für 2011 angekündigt – und im Aufsichtsrat für 2012 ein ausgeglichenes Ergebnis angekündigt.

Bei der Wirtschaftsprüfung habe die Sonderprüfung „eklatante Versäumnisse“ festgestellt. So seien zwei Bilanzen attestiert worden, die „in keiner Weise die tatsächliche wirtschaftliche Lage abbildeten“. Der Wirtschaftsprüfer, der die Stadt bei der Ausgründung des Krankenhauses beraten hatte, sei unerfahren gewesen: Außer dem 14 Nothelfer habe dieser kein anderes Krankenhaus im Prüfungsportfolio gehabt.

Der Aufsichtsrat schließlich hätte das Problem zu spät erkannt: Belegt durch positive Entwicklung der Patientenzahlen habe man sich immer wieder beruhigen lassen, auch wenn die Zahlenwerke oft mit Verspätung geliefert wurden. „Der Aufsichtsrat hätte mit mehr Vehemenz und mit juristischem Druck auf die Zahlen drängen müssen“, sagt Ewald und fügt hinzu: „Mit allen personellen Konsequenzen.“ Warum man dies versäumt habe? Die Antwort entbehre einer rationalen Grundlage. Ewald erklärte, die Geschäftsführung habe das Haus über 20 Jahre lang erfolgreich geführt und einen Vertrauensvorschuss genossen. Dieser Vertrauensbonus sei ein Fehler gewesen, vor allem, weil vermeintlich gesicherte Wirtschaftsprüfungstestate vorlagen. „In Bezug auf die Testate, so meine Einschätzung, wird es sicherlich eine juristische Klärung geben müssen.“

Er werde dem Gemeinderat in der kommenden Sitzung vorschlagen, die Entwicklung durch die Gemeindeprüfungsanstalt aufarbeiten zu lassen (die SZ berichtete am Samstag). Die Ergebnisse sollen öffentlich präsentiert werden, damit sich jeder Bürger ein Bild machen könne. Zu seiner eigenen Verantwortung sagte Ewald, er sei niemand, der gehe, wenn es schwierig werde. Er wolle am Ende nicht als Retter dastehen. Es gehe vielmehr um 300 Mitarbeiter und auch die Bürger der Stadt: „Weil ich es Ihnen schuldig bin.“

Zur Zukunftsperspektive des 14 Nothelfer sagte Ewald, es gehe nur mit einem strategischen Partner. Man sei im Gespräch mit dem Landkreis Ravensburg als Träger der Oberschwabenklinik, dem Klinikum Friedrichshafen und den privaten Waldburg Zeil Kliniken. In einer für den 26. April geplanten Bürgerversammlung sollen die Angebote vorgestellt und mit den Bürgern diskutiert werden. Die Entscheidung für den bestmöglichen Partner soll bis Mitte des Jahres fallen.