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Das Klinikum Fulda - der größte Arbeitgeber in der Region Fulda (2.800 Mitarbeiter / 1.800 Vollzeitstellen)

Exklusiv-Interview mit (v.li): Dietmar Pawlik, Priv.Doz. Dr. Thomas Menzel sowie OB und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU)

16.01.13 - FULDA

EXKLUSIV: "QUO VADIS KLINIKUM?" (1) - "Privatisierung, Defizite & Finanzen"

Es behandelt jährlich 40.000 Patienten, es ist der größte Arbeitgeber in der Region Fulda (2.800 Mitarbeiter / 1.800 Vollzeitstellen), es verfügt über 1.000 Betten, vereinigt unter seinem Dach 30 Institute und Kliniken und sorgt mit seinen Töchtern jährlich für einen Umsatz von 180 Millionen Euro. Die Rede ist von der Klinikum Fulda gAG als einzigem Krankenhaus der Maximalversorgung im Umkreis von knapp 100 Kilometern. Seit dem Neubau im Jahr 1975 am jetzigen Standort (Pacelliallee 4) erlebte das Klinikum viele Hochs, aber auch spürbare Tiefs. Negativ-Schlagzeilen sind etwas, das kein Krankenhaus gebrauchen kann. Im letzten Jahr blieb es zum ersten Mal nach fünf Jahren "ruhig". Doch die Angst ist förmlich spürbar, dass wieder irgendetwas passieren könnte. Doch andererseits heißt es offiziell: "Wir sind auf dem Weg der wirtschaftlichen Gesundung." Weiterhin wird nicht ohne Stolz die Hochleistungsmedizin in den Abteilungen mit teilweise nationalem Renommee hervorgehoben.

Knapp zwei Stunden lang ging es am Dienstag in einem exklusiven Redaktionsgespräch mit Oberbürgermeister und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU) sowie den Klinikum-Vorständen Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel (Krankenversorgung) und Dietmar Pawlik (Administration) um viele Themen, Probleme und aktuelle Ereignisse, die das Klinikum Fulda bewegen.

Im Interview von osthessen-news-Chef Martin Angelstein und ON-Mitarbeiter Christian P. Stadtfeld wurden eine Fülle von Bereichen angesprochen, zu anonymen Briefen nachgefragt, während der Klinikum-Seite wichtig war, die "gute Arbeit des Klinikums für die Menschen" hervorzuheben. Es sei ein "Haus unter permanenter doppelter Beobachtung" (Möller), das jeden Fehler mit "Vertrauensverlust" zu spüren bekomme. Die ON-Redaktion hat sich entschlossen, in insgesamt drei ausführlichen Berichten die erhaltenen Informationen  darzustellen. Nachfolgend der erste Teil zum Thema "Zukunft und Forderungen an die Politik", am Donnerstag folgt Teil zwei und am Freitag Teil drei. Dabei geht es auch um Stichworte wie Unzufriedenheit, anonyme Briefe,  die medizinischen Leistungen und der Ausbau des Klinikums.

Thema: "Zukunft und Forderungen an die Politik"

Kommunal Ja, Privatisierung Nein. Das ist der Tenor der Stadt Fulda, wenn es um das Klinikum Fulda geht. "Ich will die kommunale Trägerschaft", sagte der Fuldaer Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Möller zu ON. Die kommunale Trägerschaft - das ist das klare Bekenntnis des Stadtparlaments zu ihrem Klinikum Fulda. Die einzige Bedingung: das 1.000 Betten-Krankenhaus "muss sich dauerhaft selbst tragen". So, wie es vor den "schwierigen Jahren", die mit der Salmonellen-Epidemie begannen und sich mit Legionellen sowie rostigem und zuletzt nicht sterilisierten OP-Besteck fortsetzten, war. Damals erwirtschaftete das Haus Gewinne von bis zu 5 Mio. Euro pro Jahr - und das regelmäßig, über Jahre. "Wir haben als Stadt noch keinen einzigen Cent aus dem Klinikum herausgezogen - und so soll es auch in Zukunft bleiben." Nur deshalb habe sich das Klinikum entwickeln und wachsen können. 

Doch die "roten Zahlen" der vergangenen zwei Jahre und der Verbrauch von Reserven haben auch zu einem Novum geführt. Der Neubau des Operations-Zentrums kann nicht mehr komplett finanziert werden. "Krankenhäuser sind unterfinanziert, weil das Land Hessen die Mittel ungleich verteilt", bemängelte Möller. Für ihn ist das ein "klarer Fall von Fehlbedarfsfinanzierung". Dem Klinikum würden nur 50 Prozent zugestanden, andere Häuser erhielten bis zu 90 Prozent.  Die Folge: erstmals ist die Stadt Fulda eingesprungen und finanziert eine 12 Millionen Euro-Lücke aus dem kommunalen Haushalt.  

Für Möller ist diese aktuelle Situation nur eine "Überbrückungsshilfe". Er erwartet als Ziel in den nächsten Jahren "mindestens eine schwarze Null, raus aus den roten Zahlen". In zwei Jahren, so hofft er, soll das Klinikum wieder ein "kleines Plus" erwirtschaften. "Eine Dauer-Subventionierung aus dem städtischen Etat kann Fulda nicht tragen" meinte Möller und machte deutlich: "Wir sehen uns nicht als finanzieller Lückenbüßer."

Krankenhaus-Verbund als Zukunftsmodell?

Im Frühjahr stehen Vorstand und Aufsichtsrat wieder vor wichtigen und zukunftsweisenden Entscheidungen. Die Stadt wird mit der Frage konfrontiert, ob sich Fulda an der Initiative "kommunaler Krankenhaus-Verbund in Hessen" beteiligt. Das bedeutet konkret: es entsteht eine Stiftung oder ein Zweckverband mit starker kommunaler Holding. Die möglichen Mitglieder dieses Verbunds: hessische Krankenhäuser, die derzeit kommunal geführt werden. Oder eine andere Möglichkeit: vielleicht gibt es eine regionale Kooperation in Form eines Zusammenschlusses etwa mit anderen osthessischen Krankenhäusern wie etwa dem Klinikum Bad Hersfeld. "Das Ergebnis ist noch völlig offen", sagte Möller und betonte zugleich: "Es gibt relative Skepsis, ob dieser Landesentwurf für uns überhaupt tragfähig genug ist." Das Thema Privatisierung schloss der Oberbürgermeister somit aus.

"Wir haben unseren Sparbeitrag geleistet!"

Scharfe Kritik äußerte Klinikum-Vorstand Thomas Menzel an der Bundespolitik. "Die Kliniken werden in der Finanzierung, bei den Betriebskosten im Stich gelassen." Vielmehr hätten Krankenkassen und Pharma-Industrie Milliardengewinne eingefahren - und das auf Kosten der Solidargemeinschaft. "Die Krankenhäuser müssen kämpfen und haben nur einen signifikanten Sektor, wo sie sparen können - und das ist das Personal." Menzel mahnte an die Politiker in Berlin: "Wir Krankenhäuser haben in den letzten Jahren unseren Sparbeitrag geleistet - und das überproportional. Die Politiker müssen jetzt ihren Irrglauben ad acta legen." Über die Budgets können nur ein Bruchteil der Kosten gedeckelt werden. Nur zwei Prozent würden die Budgets erhöht - und das sei "unmöglich" angesichts von Inflation und steigenden Lohnkosten. (MARTIN ANGELSTEIN / CHRISTIAN P. STADTFELD). +++

Morgen: Teil 2 des Interviews zu "Qualität, Personal und Renommee"


Interview am Dienstagmorgen im Fuldaer Stadtschloss (v.li): Dietmar Pawlik (Administration), Priv.Doz. Dr. Thomas Menzel (Krankenversorgung), OB und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU), ON-Reporter Christian P. Stadtfeld und ON-Chef Martin Angelstein - Fotos: Hendrik Urbin

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