Die Schließung der Inneren Medizin im Plochinger Krankenhaus ist bereits beschlossen – ein aktuelles Gutachten empfiehlt jetzt, den Standort für die Psychiatrie zu erhalten. Foto: Leif Piechowski

Um aus den roten Zahlen zu kommen, sollten sich die Esslinger Kreiskliniken und das städtische Klinikum Esslingen zusammenschließen. Zu diesem Schluss kommt ein aktuelles Gutachten. Es empfiehlt auch den Erhalt des Standorts Plochingen für die Psychiatrie.

Esslingen - Ein halbes Jahr lang hat das Büro Ernst und Young die Krankenhaussituation im Auftrag von Stadt und Landkreis Esslingen geprüft. Fazit: Wenn alles so bleibt, wie es ist, würde sich das Defizit der Kreiskliniken von 16 Millionen Euro im vergangenen Jahr auf 23 Millionen Euro im Jahr 2016 erhöhen. Und auch das Städtische Klinikum, das 2012 noch mit 400.000 Euro Minus davonkam, käme 2016 auf ein Defizit von 3,5 Millionen Euro.

Aus Sicht der Gutachter gibt es nur einen Weg, künftig wirtschaftlich zu arbeiten: den Zusammenschluss beider Unternehmen zu einem. Diese Fusion schlägt Gutachter Nils Söhnle als einziges Modell vor. Denn die Alternativen, Patienten aus dem Umland zu gewinnen oder auf die demografische Entwicklung zu spekulieren, funktionierten nicht, sagt Gutachter Christof Mutter. Die Analyse hat gezeigt, dass die Kreiskliniken allein mit ihren vier Häusern in Ostfildern-Ruit, Nürtingen, Kirchheim und Plochingen das Kreisgebiet gut abdecken. Überschneidungen in den Einzugsbereichen gibt es wenig. Das ändern sich komplett, wenn man den Radius des Städtischen Klinikums darüberlegt: Vor allem Esslingen und Ruit bieten viele Leistungen doppelt an. Die Auslastung sei deshalb in Ruit schlecht.

Die Gutachter schlagen deshalb vor, Esslingen und Ruit als ein gemeinsames Plankrankenhaus mit zwei Standorten zu führen. Schwerpunkte in Esslingen sollen die Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und die Gefäßchirurgie sein. In Ruit sollen die Orthopädie mit Schulterchirurgie und Endoprothetik sowie die Mammachirurgie angesiedelt werden. Untereinander abstimmen sollen die beiden Partner, wo die extrem teuren Linearbeschleuniger für die Nuklearmedizin und Strahlentherapie stehen.

Damit wäre der ruinöse Konkurrenzkampf im nördlichen Teil des Kreises abgeschafft. Im südlichen Teil sehen die Gutachter den Kreis schon deutlich besser aufgestellt. Sie empfehlen für Nürtingen keinerlei Änderungen. Der Standort Kirchheim soll, um die gute Bausubstanz zu nutzen, ausgebaut werden. Wie vom Kreistag beschlossen soll die Innere Medizin aus Plochingen dorthin ziehen. Die Gutachter wollen den Standort Plochingen dennoch erhalten: Er wird für 140 bis 160 vollstationäre Plätze in der Psychiatrie benötigt. Die stationäre Suchtpsychiatrie dagegen soll nach Kirchheim.

Bis 2016 fallen 20 medizinische Kräfte weg

Mit dem Modell sei die maximale Entfernung für alle Bürger zu einer Klinik 20 Kilometer oder 30 Minuten. Weil alle Standorte erhalten bleiben, seien auch alle 3040 Arbeitsplätze gesichert, sagen die Gutachter. Die Zahl soll über Fluktuation aber auf 2920 gesenkt werden. Damit fallen bis 2016 20 medizinische Kräfte weg und rund 100 in der Verwaltung. Die beiden Krankenhauschefs Bernd Sieber (Klinikum Esslingen) und Thomas Kräh (Kreiskliniken) haben das Modell bereits dem Sozialministerium vorgelegt. Dessen Zustimmung ist notwendig, dass das Modell umgesetzt werden kann. Die Reaktion dort sei eindeutig gewesen, sagt Kräh: „Endlich – Gott sei Dank.“

Jetzt müssen der Esslinger Kreistag und der Esslinger Gemeinderat entscheiden, ob sie die Fusion wollen. Der Kreistag tut sich damit womöglich schwer: Als Voraussetzung für das Gelingen nennen die Gutachter als absolut zwingend die Entschuldung. Demnach müsste der Kreis neben den bereits beschlossenen 80 Millionen zum Ausgleich der Krankenhausetats weitere 50 Millionen zuschießen. Ohne die Entschuldung könne das künftige Unternehmen aber nicht wirtschaftlich arbeiten, sagte Nils Söhnle.

Bernd Sieber nannte den Vorschlag am Freitag „ein interessantes Modell“, Thomas Kräh sprach von einem „gelungenen Wurf“. Michael Gleichenfeld, Betriebsrat der Kreiskliniken, zeigte sich erleichtert, dass keine Stellen gestrichen werden. Für Plochingen hofft er, dass neben der Psychiatrie ein kleines Versorgungszentrum für Chirurgie und Innere Medizin bleibt.