Das Universitätsklinikum Charité hat das zweite Jahr in Folge einen Überschuss erzielt. Doch für 2013 dürfte es jedoch knapp werden.

Trotz der Bauarbeiten am Bettenhaus in Mitte und der damit erwarteten Einnahmeverluste will die Charité das laufende Jahr ohne Verlust abschließen. Ziel sei eine sogenannte schwarze Null, das heißt ein ausgeglichenes Ergebnis, sagte Charité-Chef Karl Max Einhäupl.

Damit wird Europas größtes Universitätsklinikum nach zwei Gewinnjahren erstmals keinen Überschuss ausweisen. Gleichwohl gilt das Ziel als ambitioniert. Angesichts der Sanierung bei laufendem Betrieb und des im Herbst geplanten Teilumzuges von Stationen in einen Ersatzbau und in andere Klinikteile wird mit erheblichen Mindereinnahmen gerechnet. Zugleich muss der Klinikkonzern auf Druck des Berliner Senats die Anzahl der Krankenhausbetten bis 2015 um 500 reduzieren. Ebenso werden weitere Tarifsteigerungen für die Beschäftigten zu Buche schlagen.

Im Wirtschaftsplan geht der Charité-Vorstand dann auch im besten Fall von einer Deckungslücke von mehr als 37 Millionen Euro aus, die die Charité durch Einsparungen ausgleichen will. Gleichwohl warnt der Vorstand in dem Papier, dass eine „Zielverfehlung in 2013 nicht auszuschließen ist“. Ein Verlust von bis zu zehn Millionen Euro könnte demnach drohen.

Gewinn fällt höher aus, als erwartet

Das vergangene Jahr hat die Charité mit einem kleinen Gewinn abgeschlossen. Der liegt mit 5,2 Millionen Euro zwar deutlich unter dem Vorjahresergebnis, fällt aber etwas höher aus als erwartet. Geplant hatte die Charité einen Überschuss von 4,7 Millionen Euro. Die Einnahmen stiegen auf knapp 1,16 Milliarden Euro. „Das beweist, dass unser Ergebnis in 2011 keine Eintagsfliege war“, sagte der Finanzchef der Charité, Matthias Scheller.

2011 hatte das Universitätsklinikum den ersten Gewinn seit der Neugründung nach der Einheit überhaupt erwirtschaftet. 8,2 Millionen Euro blieben unter dem Strich übrig. Vergleicht man die Ergebnisse mit denen privater Klinikkonzerne, fallen die Gewinne der dem Land Berlin gehörenden Charité aber marginal aus. Der Berliner Konkurrent Helios zum Beispiel erzielte im ersten Halbjahr 2012 bei einem Umsatz von rund 1,5 Milliarden Euro einen Gewinn von 92 Millionen Euro. „Wir bieten inklusive Forschung und Lehre alles an, die Privaten können sich die Rosinen herauspicken“, sagte Einhäupl.

Krankenversorgung profitabel

Da ein Drittel der kommunalen Krankenhäuser in Deutschland als notleidend gilt, gehört die Charité zu den besser wirtschaftenden Häusern in öffentlicher Hand. Die in der Vergangenheit notorisch defizitäre Krankenversorgung – also das Kerngeschäft der Charité – scheint dauerhaft aus den roten Zahlen zu sein. Knapp über fünf Millionen Euro blieben hier unter dem Strich übrig.

Im Vergleich mit dem ebenfalls dem Land Berlin gehörenden Klinikkonzern Vivantes hat die Charité allerdings etwas an Boden verloren. Vivantes konnte im vergangenen Jahr den Gewinn steigern und weist für das vergangene Jahr bei einem Umsatz von rund 900 Millionen Euro einen Überschuss von 6,75 Millionen Euro aus.

Charité-Chef Einhäupl begründet den Gewinnrückgang vor allem mit den Tariferhöhungen für das Personal und dem vom Berliner Senat beschlossenen Abbau von 200 Krankenhausbetten. Allein die höheren Gehälter belasteten das Ergebnis mit 20 Millionen Euro, der Bettenabbau mit rund vier Millionen Euro, so Einhäupl. Zudem kämpft die Charité nach wie vor mit hohen Kosten für den Unterhalt ihrer teils baufälligen Kliniken.

Die Mehrbelastungen hat die Klinik durch Einsparungen unter anderem in den Verwaltungsabläufen und beim Einkauf mehr als ausgeglichen. Der Personalabbau der Vergangenheit kam 2012 zum Stillstand. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verbesserte sich leicht um zwei Millionen Euro auf 23,9 Millionen Euro. „Ich freue mich, dass es gemeinsam mit dem Unternehmen gelungen ist, die Charité wirtschaftlich zu stabilisieren. Jetzt geht es darum, die Herausforderungen mit Blick auf die Sanierung des Bettenhauses in Mitte zu meistern“, sagt Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD).

Einhäupl stellt Bedingungen

Angesichts des Ergebnisses wird mit einer Verlängerung der in diesem Jahr auslaufenden Verträge mit Einhäupl und seinem Finanzchef Matthias Scheller gerechnet. Beide hatten die Unternehmensführung Ende 2008 übernommen, nachdem die Charité einen Rekordverlust von mehr als 57 Millionen Euro eingefahren hatte.

Während die Vertragsverhandlungen mit Scheller offenbar kurz vor Abschluss stehen, haben die mit Einhäupl offiziell noch nicht begonnen. Der umworbene Wissenschaftler ist an einer Verlängerung interessiert, hat aber Bedingungen gestellt. So erwartet der 66-Jährige vom Senat verbindliche Investitionszusagen für die überfällige Sanierung und Modernisierung der Klinikstandorte. Über die bereits bewilligten Mittel für die Sanierung des Bettenhauses in Mitte braucht die Charité nach jüngsten Berechnungen bis 2024 weitere rund 600 Millionen Euro für Sanierung und Modernisierung. Teils besorgniserregend ist der Zustand des Benjamin Franklin in Steglitz.

Derweil sucht die Charité nach anderweitigen Einnahmequellen. So wurden für Forschung und Lehre 154 Millionen Euro an sogenannten Drittmitteln bei öffentlichen und privaten Geldgebern eingeworben. Scheller plant zudem den Ausbau der Kooperationen mit der Wirtschaft. So übernimmt die Charité Forschungsleistungen zum Beispiel für die Pharmakonzerne Novartis und Sanofi. Mit der Telekom und dem Betriebssoftwarehersteller SAP arbeitet die Charité bei der Weiterentwicklung der Telemedizin zusammen. Die Charité setzt dabei auf die kommerzielle Vermarktung des Renommees der Universitätsklinik.