Fallpauschalen und Kaiserschnitte

Seit einigen Jahren hat sich der Anteil Kaiserschnitte bei etwa einem Drittel der Geburten eingependelt. Bei Privatkliniken liegt der Wert allerdings bei über 50 Prozent. Mit den Fallpauschalen wird das ökonomisch relevant.

Reto Scherrer
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Verändert hat sich kaum etwas. Noch nicht. Der Anteil Kaiserschnitte bei den Geburten liegt in der Schweiz seit einigen Jahren bei rund einem Drittel, nachdem er zuvor innert eines Jahrzehnts von einem Fünftel sprunghaft angestiegen ist. Die kürzlich vom Bundesamt für Gesundheit veröffentlichten Zahlen zu den einzelnen Spitälern zeigen für den Kanton Zürich, dass auch hier die Quoten etwa gleich bleiben: Spitäler in ländlichen Gebieten weisen eher wenig Kaiserschnitte auf, Privatkliniken finden sich am andern Ende der Skala.

Mehr als die Hälfte

Das beobachtet auch Peter Werder, Leiter Unternehmenskommunikation der Hirslandengruppe. Diese betreibt in Zürich das Stammhaus und die Klinik Im Park, die beide eine Kaiserschnittquote von über 55 Prozent aufweisen. Werder weist darauf hin, dass Frauen aus höheren Einkommensschichten «oft ein höheres Bedürfnis an Terminplanung bei Familie und Beruf» hätten. Vor allem gut ausgebildete Frauen entschieden sich zudem eher später für Kinder und würden daher aus Sicherheitsgründen nicht vaginal gebären. «Diese Frauen sind häufig zusatzversichert und wählen für die Geburt eine Privatklinik», erklärt Werder. Zusammengenommen führe das bei Kliniken mit hohem Zusatzversichertenanteil in urbanen Regionen zu höheren Kaiserschnittquoten als andernorts. Der Entscheid über die Art zu gebären liege aber stets «allein bei der Frau». Zudem gelte heute eine niedrige Kaiserschnittrate nicht mehr als unumstrittener Qualitätsparameter in der Geburtshilfe. Ausser von eingefleischten Gegnern der Sectio, wie ein Kaiserschnitt in der Fachterminologie heisst – und davon gibt es weiterhin zahlreiche –, ist an den hohen Quoten der Privatkliniken kaum Kritik zu hören. Die höheren Kosten werden ja von den Patientinnen selber über ihre Zusatzversicherung getragen. Das war zumindest bis Ende 2011 so.

Der Kanton zahlt mit

Mit der neuen Spitalfinanzierung leisten die Versicherer und die öffentliche Hand für die medizinischen Leistungen ihre Sockelbeiträge auch zugunsten von Zusatzversicherten in Privatkliniken – sofern diese auf einer Spitalliste aufgeführt sind. Mit den zurzeit geltenden provisorischen Tarifen können Spitäler – je nach Komplikationen – zwischen 7900 und 16 800 Franken für einen Kaiserschnitt in Rechnung stellen. Für eine vaginale Geburt liegt diese Bandbreite zwischen 5200 und 11 000 Franken. Davon übernimmt der Kanton 51 Prozent.

Die öffentliche Hand hat nun also ein veritables finanzielles Interesse an den Quoten bei Sectiones. Und auch die Versicherer werden ein aufmerksames Auge auf die Entwicklung der Zahlen werfen. Allerdings könnten auch die Kliniken ein Interesse daran haben, Kaiserschnitte eher nicht zu empfehlen, werden sie doch nicht mehr pro Spitaltag bezahlt, sondern pro Eingriff. Muss also eine Patientin oder ein Neugeborenes wegen ausgedehnter Rekonvaleszenz länger als geplant in der Klinik bleiben, kostet das – die Spitäler.