Raffgierige Chirurgen ordnen unnötige OPs an

Aktualisiert

Wegen FallpauschalenRaffgierige Chirurgen ordnen unnötige OPs an

Wegen der Fallpauschalen kommen in der Schweiz offenbar Patienten unters Messer, die gar keine Operation nötig hätten. Die Chirurgen wollen nun gegen die schwarzen Schafe in ihren Reihen vorgehen.

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Mit einer Charta sollen Chirurgen bezeugen, dass chirurgische Eingriffe aus medizinischen und nicht aus finanziellen Gründen erfolgen.

Mit einer Charta sollen Chirurgen bezeugen, dass chirurgische Eingriffe aus medizinischen und nicht aus finanziellen Gründen erfolgen.

Die Kritik am Fallpauschalen-System reisst nicht ab. Nach dem Vorwurf der «blutigen Entlassungen» folgt nun jener, dass Chirurgen unnötige Operationen durchführen würden - um mehr Geld zu verdienen.

Mit dem seit 2012 gültigen Abrechnungssystem würden falsche Anreize geschaffen, kritisierte die Schweizerische Gesellschaft für Chirurgie(SGC)in Bern vor den Medien.

«Das Risiko besteht, dass Eingriffe nur durchgeführt werden, um Geld zu verdienen», sagte SGC-Präsident Ralph Alexander Schmid. «Man macht den Patienten kränker, als er ist, um Leistungen zu generieren.»

In Deutschland etwa habe die Zahl der Operationen seit der Einführung des Fallpauschalen-Systems um ein Viertel zugenommen, sagte Schmid. Diese Entwicklung gelte es in der Schweiz zu vermeiden.

Patienten schützen

Die SGC lanciert deshalb eine Charta. Mit einer Unterschrift sollen Chirurgen und Spitäler etwa bezeugen, dass chirurgische Eingriffe aus medizinischen Gründen erfolgen - und nicht aus finanziellen Überlegungen. Dadurch würden die Interessen der Patienten - aber auch der Ärzte - geschützt, sagte Schmid.

Auch die Weitervermittlung und Zuweisung von Patienten dürfe nicht durch finanzielle Interessen motiviert sein. Ein Arzt dürfe keine Provision erhalten für eine Vermittlung an einen anderen Arzt. Ein solches Vorgehen untergräbt laut Schmid die freie Arztwahl.

Keine Provisionen

Insbesondere bei Privatspitälern seien Rabatte oder Assistenzhonorare verbreitet. Aber auch Praxisgruppen handelten Ermässigungen mit Spitälern aus. «Solche Verträge müssen verboten werden», sagte Schmid.

Die Charta stützt sich auf die Richtlinien der Ärzteverbindung FMH. Sanktionen gegen Verstösse können dabei nur von der FMH ergriffen werden. Sie werde auf Antrag eines Arztes aktiv, teilte die FMH auf Anfrage der SDA mit.

Schmid appelliert mit der Charta aber auch an die Patienten, bei ihren Ärzten nachzufragen über finanzielle Anreize. «Fragen Sie ihren Arzt, ob er eine Provision erhält», sagte er.

Akademische Titel offengelegt

Ebenfalls Transparenz schaffen will die SGC bei der Herkunft von akademischen Titeln: «Wir verlangen von unseren Mitgliedern, dass sie die Herkunft ihrer Titel offenlegen.» Die Titelherkunft werde im Mitgliederverzeichnis der SGC-Webseite publiziert.

Die SGC feiert in diesem Jahr ihr hundertjähriges Bestehen. Sie zählt rund 1300 Mitglieder. (jbu/sda)

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