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Ärzte werfen Oberhausener Kliniken Profitgier vor

Ärzte werfen Oberhausener Kliniken Profitgier vor

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Korruption im Gesundheitswesen Foto: dpa
Schwere Vorwürfe gegen die Kliniken in Oberhausen: Das Mediziner-Netzwerk „Quali-Net O.“ spricht von „abenteuerlichen Szenarien zu Lasten der Patienten“. Die Rede ist von unnötigen Operationen und „blutigen Entlassungen“. Helios weist die Kritik allerdings zurück.

Oberhausen. 

In ungewöhnlich scharfer Form kritisiert ein Netzwerk von rund 60 Oberhausener Haus- und Fachärzten die hiesigen Krankenhäuser und wirft ihnen die „pure Gier nach Geld“ vor. „Nicht die optimale Versorgung der Patienten steht im Fokus, sondern der schnöde Mammon“, erklärt „Quali-Net O.“-Vorstandsmitglied Dr. Tilmann Kornadt. „Aufgrund des von der Politik vorgegebenen Kostendrucks spielen sich in den örtlichen Krankenhäusern teils abenteuerliche Szenarien ab, die eindeutig zu Lasten der Patienten gehen“, so Kornadts Vorstandskollege Dr. Ulrich Kröll.

Nach Darstellung des Ärztenetzwerks haben Gesetzesänderungen zu einem neuen Abrechnungssystem (DRG-System) geführt. „Da es für einige Untersuchungen und Behandlungen gemäß DRG-Liste mehr Geld gibt als für andere, haben die Ärzte in den Krankenhäusern von ihren Verwaltungschefs die klare Anweisung, besser dotierte Leistungen durchzuführen, auch wenn dies rein medizinisch betrachtet gar nicht erforderlich ist“, so Kornadt.

„Wenn es Profit abwirft“

Kröll ergänzt: „Man gewinnt den Eindruck, dass die ärztlichen Kollegen im Krankenhaus dazu gedrängt werden, jede Untersuchung und Behandlung bis hin zur Operation durchzuführen, wenn es Profit für das Krankenhaus abwirft.“ Es gebe für alle Krankenhäuser den Anreiz, Operationen durchzuführen, die nicht notwendig seien.

Aktueller Auslöser für die Vorwürfe ist ein Treffen von Krankenhaus-Verantwortlichen, Vertretern der Krankenkassen und der Oberhausener Ärzteschaft bei Gesundheitsdezernentin Sabine Lauxen. Eigentlich sollte die Zusammenkunft zu einer besseren Kooperation im Gesundheitswesen führen. Für Kröll endete das Treffen aber mit einem „Offenbarungseid“.

Jederzeit an Kooperation interessiert

So habe Dr. Niklas Cruse, Geschäftsführer der Helios St. Elisabeth Klinik, erklärt, es bestehe in seinem Haus sowohl aus wirtschaftlichen wie auch konfessionellen Gründen keinerlei Veranlassung, sich anbietende Synergieeffekte zur Optimierung der Patienten-Versorgung weiter zu verfolgen.

Die Klinik widerspricht auf Anfrage: Cruse habe diese Aussage „so nicht getätigt“. Man sei jederzeit an Kooperationen zur Generierung von Synergieeffekten interessiert. Im Bereich der Dermatologie und Radiologie gebe es längst eine enge Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten.

Die beiden Kardiologen aus Reihen des Quali-Net, Kornadt und Kröll, kritisieren weiter, dass es mittlerweile gleich drei Krankenhäuser mit Herzkatheter-Messplätzen in der Stadt gebe. „Lange Zeit war dies die Spezial-Disziplin des Evangelischen Krankenhauses, das mittlerweile über zwei Labore verfügt.

Jetzt versuchen sich obendrein das Sterkrader St. Clemens-Hospital und die Styrumer Helios St. Elisabeth Klinik in Position zu bringen, obwohl der Background einer voll ausgestatteten kardiologischen Abteilung fehlt“, so Kornadt.

Zusammenarbeit mit Spezialisten aus anderen Kliniken

Auch hier widerspricht die Helios Klinik: Das eigene Herzkatheterlabor sei zu einer Zeit eingerichtet worden, als es in Oberhausen nur einen weiteren Messplatz gab. Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung richtig und auf eine optimale Versorgung ausgerichtet gewesen. Zudem arbeite man eng mit Spezialisten aus anderen Kliniken der Helios-Gruppe zusammen.

Die Kritik des Ärztenetzes geht aber noch weiter. „Anstatt zum Wohle der Patienten mehr Pflegepersonal einzustellen, wird hier zunehmend abgebaut“, lautet der Vorwurf Kornadts. Examinierte Kräfte würden durch geringer qualifizierte Mitarbeiter ersetzt.

Besonders kritisch sei die drastische Verkürzung der Liegezeiten. Wer abrechnungstechnisch nicht mehr lukrativ sei, müsse gehen. Kornadt: „Immer häufiger kommt es daher zu sogenannten ‘blutigen Entlassungen’, das heißt: Eventuelle Wunden sind zwar noch nicht zu, aber das kann ja ambulant geregelt werden.“ Stattdessen könne der nächste Patient behandelt und „finanziell ausgesaugt“ werden.