Klinik-Geschäftsführer Josef Weiss: "Talsohle ist durchschritten, aber der Weg aus den roten Zahlen ist steinig." Foto: Ungureanu

Klinik-Chef Josef Weiss erklärt, wie ein gut funktionierender Betrieb immer tiefer in die roten Zahlen rutscht.

Balingen - Dem Zollernalb-Klinikum entsteht durch die unzulängliche Krankenhausfinanzierung eine jährlich Finanzierungslücke von rund 1,1 Millionen Euro. Laut Klinik-Geschäftsführer Josef Weiss hat sich diese inzwischen auf 7,2 Millionen Euro kumuliert. "Dass das Defizit heute nur sechs Millionen beträgt, zeigt, dass wir im Rahmen der Möglichkeiten gut gewirtschaftet haben", sagt er.

Hoffnung macht dem Klinik-Chef, dass im vergangenen Jahr trotz der vorübergehenden betrieblichen Einschränkungen durch den Umzug von Hechingen nach Balingen bei den Betriebsleistungen eine deutliche Steigerung erzielt werden konnte.

Schuld an den hohen Verlusten seien keineswegs die Kosten des Krankenhaus-Neubaus in Balingen: Die Investitionsmittel dafür kommen vom Land sowie vom Landkreis. Die Betriebskosten werden von den Krankenkassen übernommen im Rahmen der vom Bund beschlossenen Krankenhausfinanzierung – eine duale Finanzierung. Das Klinikum mit derzeit 1200 Mitarbeitern, davon 125 Ärzte, 400 Pflegekräfte und 110 Auszubildende, mit einer Jahresbilanzsumme von rund 75 Millionen Euro, bezeichnet Weiss als Wirtschaftsunternehmen. Zu den jährlichen Fixkosten kommen die variablen Kosten, die von den Fallzahlen abhängen. Letztere seien – bedingt durch die Schließung einzelner Abteilungen im Hechinger Krankenhaus – stark eingebrochen. 2006 fiel die Augenheilkunde weg, 2007 HNO und Frauenheilkunde, 2008 die Chirurgie.

Nachdem das Klinikum im Jahr 2007 noch kostendeckend gewirtschaftet habe, seien die Umsätze danach stark zurückgegangen. Neben den Fallmengen würden auch die Budgetkürzungen durch den Gesetzgeber die Bilanz beeinflussen. "Dass wir ohne betriebsbedingte Kündigungen seit 2008 82 Stellen eingespart haben, hat die Kosten nicht so stark senken können", erklärt der Klinik-Chef. Weitere Faktoren verschlechterten die Bilanz. So seien die tariflichen Erhöhungen bei den Mitarbeitern nur zu einem sehr geringen Teil durch die Budgeterhöhungen abgedeckt worden. "Wenigstens die tarifbedingte Kostensteigerung sollte der Gesetzgeber abdecken", sagt Weiss. Das sei bisher nicht geschehen. Seit 2006 seien die Löhne um 15,9 Prozent gestiegen, die Preise für die Krankenhausleistungen aber nur um 8,7 Prozent.

Ungerecht sei zudem das System mit den sogenannten Case-Mix-Punkten: Für einen bestimmten Fall wird landesweit ein bestimmter Wert berechnet, in Punkten. Pro Punkt schütten die Krankenkassen einen bestimmten Betrag aus. Gegenwärtig gibt es für einen Punkt 3121 Euro und vier Cent. Ein Beispiel: Für eine Blinddarmoperation gebe es zurzeit etwa einen Punkt, für eine Hüftgelenksoperation rund 2,5 Punkte. Der Haken daran: "Wenn viele Case-Mix-Punkte erzielt werden, wird der Divisor größer, es gibt weniger Geld pro Punkt", erklärt Weiss. Das Ergebnis des Klinikums kann sich sehen lassen: Im vergangenen Jahr stiegen die Fallzahlen weiter an, es wurden 18 455 Case-Mix-Punkte erzielt, mehr als in den Jahren, als die Chirurgie in Hechingen noch betrieben wurde. Auch was den Schweregrad der behandelten Fälle angeht, wurde der höchste Stand seit Bestehen der gGmbH erreicht.

Kritisch sieht er auch den Mehrmengenabschlag: "Von den Gewinnen werden uns 30 Prozent abgezogen", sagt er. Jeder Wirtschaftsbetrieb, der 100 000 Stück produziert, bekommt auch 100 000 Stück bezahlt, nicht nur 70 000. Mit anderen Worten: "Wer mehr arbeitet, wird dafür auch noch bestraft." Eine ausweglose Situation also? Weiss ist zuversichtlich: Es gebe positive Signale von Seiten der Politik, zudem nehme der Landkreis seinen Versorgungsauftrag sehr ernst.