Hebammen kündigen: Kreißsaal droht Schließung

Gerolstein · Kommen im Gerolsteiner Krankenhaus ab Sommer keine Kinder mehr zur Welt? Nachdem die drei Beleg-Hebammen aus wirtschaftlichen Gründen zum 30. Juni gekündigt haben, droht der Geburtshilfe das Aus. Noch im April will die Krankenhausleitung sagen, wie und ob es weitergeht.

"Wir haben zum 30. Juni dieses Jahres gekündigt, weil sich unsere wirtschaftliche Situation spürbar verschlechtert hat. Nachdem die Hebammen-Versicherung deutlich teurer geworden ist, haben wir das Gespräch mit der Geschäftsleitung des Krankenhauses gesucht, um einen Ausgleich für unsere erhöhten Kosten zu erzielen. Es gab aber keine Annäherung." Mit diesen Worten begründet Hebamme May Perian ihre Kündigung sowie die ihrer beiden Kolleginnen Ramona Heckmanns und Melanie Hohn. Und sie fügt hinzu: "Wir hatten immer mehr das Gefühl, alleine zu laufen anstatt gemeinsam einen Weg zu gehen. Letztlich hat uns auch die Wertschätzung für unsere Arbeit gefehlt."
Bei ihren neuen Arbeitgebern erhoffen sie sich mehr Verständnis und eine bessere finanzielle Ausstattung: Perian arbeitet nach eigener Aussage künftig im Krankenhaus in Prüm, Heckmanns und Hohn im Krankenhaus in Daun.
Gemeinsam mit Belegarzt Karl-Heinz Schnabel sorgen sie aber noch bis Ende Juni dafür, dass in Gerolstein Babys zur Welt gebracht werden. 2012 waren das 157 - knapp 30 mehr als im Jahr zuvor.
Sinkende Geburtszahlen

Schnabel findet die Entscheidung der drei Hebammen "schade, aber irgendwie auch nachvollziehbar". Er sagt: "So eine Stadt wie Gerolstein sollte, nicht zuletzt wegen ihrer zentralen Lage in der Eifel, eine Geburtshilfestation haben. Ansonsten kann es bei so mancher Geburt eng werden." Zudem würde eine lange Tradition zu Ende gehen. Doch selbst wenn die Geburtshilfe schließe, werde er weiterhin gynäkologische Eingriffe vornehmen. "Das bleibt davon unberührt", sagt Schnabel.
Ob auch künftig im Krankenhaus in Gerolstein Kinder zur Welt gebracht werden, ist noch unklar. Heribert Frieling, Pressesprecher des Trägers, der Marienhaus GmbH in Waldbreitbach, sagt: "Wir machen uns Gedanken darüber, wie es weitergehen kann und ob eine Geburtshilfe in Gerolstein Sinn macht. Schließlich gehen die Geburtenzahlen überall stark zurück."
Laut Frieling hat es bezüglich der Geburtshilfe in Gerolstein bereits ein Gespräch im Gesundheitsministerium in Mainz gegeben. Er sagt: "Unser Ziel ist es, noch im April eine Lösung zu präsentieren."
Meinung

Denkt an die Mütter!
Seit Jahrzehnten werden im Krankenhaus in Gerolstein Kinder zur Welt gebracht - im vergangenen Jahr noch stolze 157. Das ist gut für das Krankenhaus (weil es damit Geld verdient und Kunden an sich bindet), gut für die Stadt (da eine intakte Infrastruktur ein wichtiger Standortfaktor ist) und vor allem gut für die Menschen des Gerolsteiner Landes. Denn es ist ein immens gutes und wichtiges Gefühl, sich vor der Geburt des eigenen Kindes gut aufgehoben, weil nah an einem Krankenhaus, zu wissen. Wenn jetzt wegen ein paar Tausend Euro im Jahr - und um mehr geht es nicht - die gesamte Einrichtung Geburtshilfe vonseiten des Krankenhaus-Trägers infrage gestellt wird, ist das nicht nachvollziehbar. Zum Beispiel für die Menschen im Kylltal oder rund um Hillesheim, die dann mindestens eine halbe Stunde Autofahrt einrechnen müssen, um ins nächste Krankenhaus zu gelangen. Bei einer anstehenden Geburt ist das eine Menge Zeit. Anstatt isoliert nach Gesichtspunkten der Effizienz und Kostenersparnis einer Abteilung zu schauen, sie rasch als unwirtschaftlich abzustempeln und unwiderruflich zu schließen, sollte nach intelligenten, langfristigen Gesamt-Lösungen gesucht werden. Denn mit jedem Angebot, das in einem ländlichen Krankenhaus wie dem in Gerolstein gestrichen wird, wird Stück für Stück die Existenz der gesamten Einrichtung bedroht. m.huebner@volksfreund.deExtra

 Das Krankenhaus in Gerolstein: Hier haben die drei Beleg-Hebammen gemeinsam zum 30. Juni dieses Jahres gekündigt. TV-Foto: Mario Hübner

Das Krankenhaus in Gerolstein: Hier haben die drei Beleg-Hebammen gemeinsam zum 30. Juni dieses Jahres gekündigt. TV-Foto: Mario Hübner

Das St.-Elisabeth-Krankenhaus ist mit 178 Betten breit aufgestellt: Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie, Geburtshilfe, Intensivmedizin/Anästhesie sowie die Erwachsenenpsychiatrie sind die Standbeine des Hauses. Gemeinsam mit den Krankenhäusern in Bitburg und Neuerburg bildet es den Verbund Marienhaus-Klinikum Eifel. mh

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