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Uni-Klinik weist Vorwürfe des Rechnungshofs zurück

Ulm / Lesedauer: 3 min

Behörde kritisiert große Zahl der Mängel beim Bau der neuen Chirurgie – Qualitätsstandards angeblich nicht eingehalten
Veröffentlicht:07.05.2013, 22:00

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Zu einer kurzfristigen Pressekonferenz genötigt sah sich die Leitung des Ulmer Universitätsklinikums am Dienstag, nachdem ein nicht öffentlicher Prüfbericht des Landesrechnungshofs über Mängel beim Bau der neuen Chirurgie doch an die Oberfläche gesickert war. Die unabhängige staatliche Finanzkontrollbehörde kritisiert auf über 60 Seiten die Ausführung des durch den Generalunternehmer Bam errichteten Mammutprojekts. Der Vorwurf: Die Qualität des Baus sei teilweise schlecht, die Klinikleitung habe zugunsten der Einhaltung des engen Zeitplans auf Qualitätsstandards verzichtet.

Im Fokus der Kritik stehen angeblich schädliche „Sondervereinbarungen“, die während des Baus mit dem Generalunternehmer abgeschlossen wurden. Die Klinikleitung sieht das ganz anders: Nur durch diese nachverhandelten Vertragsinhalte sei die Fertigstellung der Chirurgie im vorgesehenen Zeit- und Kostenrahmen möglich gewesen. Nur so habe ein Baustopp mit unabsehbaren Folgen für das Projekt abgewendet werden können.

Als wesentliche Punkte, die kritisiert werden, nannte Thomas Eckerth , als Leiter des Baubereichs an der Uni maßgeblich für den Neubau zuständig, die geänderte Gründung und Pannen beim Bau der Abwasserkanäle. Insgesamt mahnte die Klinikleitung als Bauherr über 40 000 Mängel beim Generalunternehmer an. Dies sei für ein Gebäude mit 2000 Zimmern „völlig normal“. 95 Prozent dieser Mängel seien bereits beseitigt, somit sei der Bericht des Landesrechnungshofs in dieser Hinsicht veraltet.

Zu diesen Mängeln gehören sowohl Kratzer in der Wand als auch eine verpatzte Abwasserführung. Wie Eckerth berichtet, hätten die Kanäle – neben anderen Mängeln – teilweise zu wenig Gefälle. Bei 80 Prozent der beanstandeten Kanäle – die sich über einer meterdicken Bodenplatte befinden – sei die nachträgliche Sanierung kein Problem gewesen. Bei den anderen 20 Prozent unter der Gründung des Gebäudes sei die Beseitigung der Mängel weit schwieriger gewesen: Um mangelndes Gefälle auszugleichen sei der Generalunternehmer verpflichtet worden, ein 100 Kubikmeter großes Regenbecken als Sicherung einzubauen.

Unebenheiten in den Rohren seien durch eine nachträgliche Auskleidung der Rohre beseitigt worden. Das Kanalsystem habe nun wieder eine Leistungsfähigkeit von 100 Prozent. „Wir haben dadurch keinen Euro Mehrkosten“, sagte Eckerth. Auch werde die Bam für erhöhte Betriebskosten aufkommen. Über den genauen Betrag werde noch verhandelt, er bewege sich zwischen 370 000 und 540 000 Euro.

Ein weiterer massiver Kritikpunkt des Landesrechnungshofes ist, dass sich die Klinikleitung trotz Bedenken eines Fachplaners aus Kostengründen gegen eine Pfahlgründung und für eine Flachgründung auf einer Betonplatte entschied. Der Vorteil: Kostenersparnis und zusätzliche 1000 Quadratmeter Kellerfläche. „Wir haben unnötige doppelte Sicherheit gegen einen Mehrwert eingetauscht“, sagte Eckerth und sieht sich fast ein Jahr nach der Einweihung der Klinik auch statisch im Recht: Die erwartete Setzung des Gebäudes sei zu 90 Prozent abgeschlossen und liege mit maximal 2,5 Zentimeter im grünen Bereich.

Bewusst sei auch an anderen Stellen ein zu hoher, unnötiger Qualitätsstandard reduziert worden, um Kosten zu senken. „Behörden tun sich schwer mit unternehmerischen Entscheidungen“, sagte Eckerth. Auch Klinikleiter Professor Dr. Reinhard Marre sieht seinen Arbeitgeber als Bauherren in seinem Tun bestätigt: „Wir haben die richtige Strategie gewählt.“ Das Klinikum habe unternehmerisch verantwortlich gehandelt. Entgegen der Schlussbewertung des Rechnungshofes sei man kein zu hohes Risiko eingegangen.

Sowohl Kostenrahmen als auch Eröffnungstermin seien eingehalten worden. Laut jetzt vorliegender Schlussrechnung, die noch nachverhandelt werde, sei mit maximal vier Prozent Kostensteigerungen zu rechnen. Das Pilotprojekt mit Bauherrenschaft beim Uniklinikum ist nach Überzeugung Marres ein Erfolg. Die angestrebte Qualität sei erreicht worden. Dies bestätige auch ein Gutachten der Professoren Fritz Gehbauer und Sascha Gentes.