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Der CDU-Gesundheitspolitiker Rainer Bensch über den Zukunftsplan für das Klinikum Bremen-Nord „Der Abzug des Brustzentrums war ein Grundfehler“

Die Insolvenz des Klinikverbundes ist gerade mit 2,2 Millionen Euro abgewendet worden. Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Rainer Bensch aus Bremen-Nord fordert im Gespräch mit Patricia Brandt weitere staatliche Hilfen. Der von der Gesundheit Nord eingeschlagene Sanierungskurs reicht seiner Ansicht nach nicht aus, um das kommunale Krankenhaus an der Hammersbecker Straße vor der Pleite zu bewahren.
17.05.2013, 05:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Die Insolvenz des Klinikverbundes ist gerade mit 2,2 Millionen Euro abgewendet worden. Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Rainer Bensch aus Bremen-Nord fordert im Gespräch mit Patricia Brandt weitere staatliche Hilfen. Der von der Gesundheit Nord eingeschlagene Sanierungskurs reicht seiner Ansicht nach nicht aus, um das kommunale Krankenhaus an der Hammersbecker Straße vor der Pleite zu bewahren.

Herr Bensch, gehören Sie zu denen, die ins Diako nach Gröpelingen abwandern oder lassen Sie sich noch im Klinikum Bremen-Nord behandeln?Rainer Bensch:

Meine beiden Kinder sind dort geboren, ich selbst war als Erwachsener bereits drei Mal als Patient im Klinikum Nord. Und ich weiß auch aus meinem Bekanntenkreis, dass sich hier viele versorgen lassen. Viel Lob höre ich – vor allem über die Behandlung in der Gefäßchirurgie.

Das Krankenhaus Bremen-Nord befindet sich schon länger in der wirtschaftlichen Schieflage. Welche strategischen Fehler sind in den vergangenen zwei bis drei Jahren gemacht worden?

Die Klinik selbst ist ein schwer erkrankter Patient, der von seinem eigenen Hausarzt und vom eigenen Chefarzt im Stich gelassen und falsch therapiert wurde. Der Hausarzt ist die Gesundheit Nord (Geno), der Chefarzt ist der rot-grüne Senat. Die Therapie sind die Senatsbeschlüsse von 2007/08. Mit dem Zentrenkonzept sind Fehlentscheidungen getroffen worden. Der Abzug des gut florierenden Brustzentrums zum Beispiel. Das war der Grundfehler, denn das Brustzentrum, das nach Mitte verlagert wurde, war erlösträchtig und vom Ruf her sehr wichtig für das Krankenhaus. Alle drei städtischen Kliniken mussten Mitte unterstützen und da war allen Beteiligten klar: Damit wird das Klinikum Nord, das fast immer schwarze Zahlen geschrieben hat, in die Verlustzone gefahren.

Jetzt schlägt der Klinikverbund den Sanierungskurs ein. Seit vergangener Woche liegt ein Entwurf für den Zukunftsplan 2017 vor. Stehen hier die richtigen Antworten auf das aktuelle Defizit von 7,7 Millionen Euro?

Der Zukunftsplan ist mir noch nicht bekannt. Ich weiß aber aus Medienberichten, auch Ihrer Zeitung, dass die Geno weitere Spezialisierungen vorantreiben will. Bremen-Nord soll schwerpunktmäßig in Richtung Altersmedizin geführt werden. Das ist in unserer alternden Gesellschaft ein spannendes Ziel, das zum Erfolg führen kann, aber es wird nicht einfach in der Umsetzung sein. Denn das Zusammenspiel mit Hausärzten und dem angegliederten Fachärztezentrum läuft nicht immer rund. Man darf dennoch optimistisch sein, weil das Krankenhaus Bremen-Nord eine erfolgreiche Geriatrie hat. Aber es ist eine Herkulesaufgabe.

Was halten Sie davon, aus ökonomischen Gründen Angehörige medizinischer Assistenzberufe mit den Aufgaben von Ärzten zu betrauen, wie es ebenfalls im Konzept steht?

Wenn man medizinische Leistungen vorhalten will, muss man schauen, welche Ressourcen vorhanden sind. Mittlerweile dürfen Krankenpflegekräfte Ärzte entlasten bei vielen Verrichtungen, beispielsweise durch Zugänge legen. Es ist gut für den Patienten, wenn spezialisierte Ärzte im medizinischen Alltag und im dokumentarischen Bereich entlastet werden, denn Ärzte gehören nicht an Computer, Ärzte gehören an Menschen.

Würden Sie einer Privatisierung zustimmen?

Nein. Das haben wir als CDU-Fraktion im Januar in der Bürgerschaft gleich ausgeschlossen. Wir wollen eine größtmögliche Unterstützung der kommunalen Kliniken. Und es gibt ja Beispiele, wo kommunale Krankenhäuser gut laufen, in Hannover, Rostock oder München zum Beispiel. Und auch das Klinikum Bremen-Nord hat früher schwarze Zahlen geschrieben. Der damalige langjährige Geschäftsführer Uwe Schmidt hat in seiner Vertretungszeit ganz nebenbei dann auch noch das Klinikum Ost in die schwarzen Zahlen geführt.

Also hat der neue Gesundheitssenator Hermann Schulte-Sasse mit seinem Sanierungskonzept auf Anhieb alles richtig gemacht?

Eine Gesamtbeurteilung kann ich noch nicht vornehmen, aber ich finde, die genannten Maßnahmen reichen nicht aus. Es muss Geld in die Hand genommen werden. Die Klinik muss auf zwei Ebenen finanziell unterstützt werden. Erstens muss das Eigenkapital erhöht werden, damit die Klinik liquide ist und somit auch kurzfristig investieren kann, um sich auf dem Markt zu behaupten. Zweitens müssen die Investitionsmittel aus dem bremischen Landeshaushalt erhöht werden, damit das Krankenhaus auch mittel- und langfristig investieren kann. Es hat sich gezeigt, dass die Kliniken millionenschwere Investitionen nicht aus dem laufenden Etat wuppen können. Es muss die gesetzlich vorgesehene duale Krankenhausfinanzierung geben. Hier ist Bremen in der Pflicht, seinem erkrankten Patienten zu helfen.

Nennen Sie konkrete Summen.

Das kann ich nicht, weil ich nicht der verantwortliche Geschäftsführer oder Senator bin. Die vorgesehene Summe von etwa 36 Millionen Euro für alle bremischen Kliniken – einschließlich der frei-gemeinnützigen – ist jedoch zu gering. Der Investitionsstau aller Kliniken beträgt etwa 200 Millionen Euro.

Es hat nicht viel gefehlt, da wäre das Klinikum Bremen-Nord Anfang des Jahres in die Pleite gerutscht. Ist das für Sie überhaupt vorstellbar: ein insolventes kommunales Krankenhaus?

Nein. Selbst, wenn alle Zukunftsbemühungen und finanziellen Unterstützungen scheitern sollten, bin ich absolut sicher, dass das Klinikum Bremen-Nord nicht im Stich gelassen wird. In vielen Bereichen steht das Klinikum qualitativ richtig gut dar, das zeigen auch die Vergleichsdaten des Bremer Krankenhausspiegels. Die Beschäftigten vor Ort garantieren, dass es hier gut läuft.

„Der Abzug des Brustzentrums war ein Grundfehler“

Der CDU-Gesundheitspolitiker Rainer Bensch über den Zukunftsplan für das Klinikum Bremen-Nord

Zur Person: Rainer Bensch (48), Diplom-Pflegewirt, ist Bürgerschaftsabgeordneter, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und arbeitet halbtags in einem Pflegeheim in Burglesum. Der Vegesacker lebt in Blumenthal, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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