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Sanierungskonzept der Gesundheit Nord Rettungsplan für Bremens Kliniken

Bremen. Ein bislang unter Verschluss gehaltenen Papier der Gesundheit Nord sieht drastische Veränderungen für die vier städtischen Kliniken vor, damit diese wirtschaftlich überleben können.
11.05.2013, 05:00 Uhr
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Jürgen Theiner
Von Jürgen Theiner

Bremen. Die vier städtischen Krankenhäuser müssen sich einer Rosskur unterziehen, wenn sie wirtschaftlich überleben wollen. Ein erster Entwurf für den "Zukunftsplan 2017" verordnet den Kliniken unter anderem eine stärkere medizinische Profilierung der einzelnen Standorte, Rationalisierung auf allen Ebenen und Personalabbau. Das bisher unter Verschluss gehaltene Papier ist Grundlage eines Sanierungskonzeptes, das Gesundheitssenator Hermann Schulte-Sasse (parteilos) in Auftrag gegeben hat.

Immer mehr Bremer lassen sich in den Krankenhäusern der Stadt behandeln – allerdings nicht in den Kliniken des kommunalen Verbundes Gesundheit Nord (Geno), sondern bei der Konkurrenz. Die Patienten wenden sich insbesondere frei-gemeinnützigen Häusern wie dem Diako in Gröpelingen zu. Dass das Wachstum auf dem Gesundheitsmarkt zuletzt völlig am Geno-Verbund vorbeiging, ist einer der Gründe für dessen akute wirtschaftliche Schieflage. 34 Millionen Euro Miese schlugen Ende 2012 unterm Strich für die Kliniken Mitte, Nord, Ost und Links der Weser (LdW) zu Buche. Werde nicht energisch gegengesteuert, so heißt es im Entwurf des Zukunftsplans, werde das jährliche Defizit bis 2017 auf rund 67 Millionen Euro ansteigen "und bereits in 2014 zu einer Insolvenz führen".

Die Geno-Spitze um die Geschäftsführer Jutta Dernedde und Tomislav Gmajnic, die für den Entwurf des Zukunftsplans verantwortlich zeichnen, sieht sich also unter Zugzwang. In ihrem Papier benennt sie eine ganze Reihe von Stellschrauben, an denen zum Teil recht heftig gedreht werden müsste. Entschlossener jedenfalls als im zurückliegenden Sanierungszeitraum 2008 bis 2012, in dem die Geno – so das faktische Eingeständnis – eher noch weiter zurückgefallen ist. "Wesentliche Eckpunkte" bisheriger Restrukturierungsbemühungen hätten "nicht erreicht" werden können.

Einen inhaltlichen Schwerpunkt setzt der "Zukunftsplan 2017" bei der medizinischen Profilierung der einzelnen Häuser. Ihre jeweiligen Kompetenzen sollen vertieft und nach außen so vermittelt werden, dass sich die vier Geno-Kliniken für Patienten aus Bremen und dem Umland als erste Wahl darstellen. Beispiel Mitte: An der St.-Jürgen-Straße soll der vorhandene neurologische Schwerpunkt ausgebaut werden. Über die neu ausgerichtete Neuroradiologie könne "ein zusätzliches Patientenpotenzial bei weitem Einzugsgebiet" erschlossen werden, heißt es. Am onkologischen Zentrum soll noch dieses Jahr ein Zentrum für Erkrankungen des Darms und der Bauchspeicheldrüse entstehen.

Für den Standort Bremen-Ost sieht das Papier der Geno-Spitze unter anderem den Aufbau eines Adipositas-Netzwerkes vor, für das LdW mit seinem renommierten Herzzentrum einen Ausbau der Chirurgie und Angiologie. In Bremen-Nord schließlich will man mit Altersmedizin und Endoprothetik punkten, also vor allem mit dem Einsetzen von Gelenkimplantaten.

Zwölf Millionen Euro für Berater

Doch auch wenn die Geno-Häuser ihre vorhandenen Qualitäten weiter verbessern und geschickter vermarkten – es wird nicht reichen, um den Verbund wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. Die Autoren des Zukunftsplans haben deshalb ein ganzes Bündel weiterer Maßnahmen geschnürt. So werden die einzelnen Fachabteilungen angehalten, die Verweildauer ihrer Patienten zu verkürzen. Mit sehr spitzem Stift hat die Geno-Spitze berechnet, wo wer wie lange ein Bett belegt hat und ob diese Zeitspanne unter oder über dem Bundesdurchschnitt lag. Rein mathematisch kommt das Management auf diese Weise für das Klinikum Mitte auf ein Einsparpotenzial von 66 Betten, für Ost auf 29, für Nord auf 35 und für das LdW auf 30.

Einsparmöglichkeiten beim Personal benennt das Papier in erster Linie für die Verwaltung. Dort soll bis 2017 ein Volumen von 70 Vollzeitstellen abgebaut werden. Stichworte sind hier die Einrichtung eines zentralen Schreibdienstes und eine veränderte Logistik bei der Speisenversorgung.

Für kontroverse fachliche Diskussionen dürfte die Empfehlung sorgen, Angehörige medizinischer Assistenzberufe künftig in begrenztem Umfang mit Tätigkeiten zu betrauen, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Notwendig sei dies sowohl "aus ökonomischer Sicht als auch in Anbetracht der verschärften Marktsituation im Bereich der Ärzte und Pflegekräfte".

Es kommt also eine Menge zu auf die rund 7300 Beschäftigten des städtischen Klinikverbundes. Ihnen werden nicht nur Veränderungen, sondern auch Opfer abverlangt. Gespannt darf man deshalb sein, wie die Arbeitnehmer und Betriebsräte auf eine Zahl reagieren, die sich weit hinten im finanzwirtschaftlichen Anhang des Zukunftsplan-Entwurfs findet. Dort sind die Kosten für die Gestaltung des Restrukturierungsprozesses aufgeschlüsselt. Das Management der Gesundheit Nord kalkuliert überschlägig mit 4500 bis 5000 Arbeitstagen externer Berater zum Preis von insgesamt rund zwölf Millionen Euro.

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