StartseiteRegionalOberschwabenRavensburgKrankenhaus-Prozess: Kreis Ravensburg hat gute Karten

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Krankenhaus-Prozess: Kreis Ravensburg hat gute Karten

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Mündliche Verhandlung am Landgericht Ravensburg: Richterin teilt Ansicht der Stadt Isny nicht
Veröffentlicht:22.05.2013, 15:45

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Es sieht so aus, als würde der Landkreis Ravensburg den Prozess am Ravensburger Landgericht gegen die Stadt Isny wegen der beabsichtigten Schließung des dortigen Krankenhauses der Oberschwabenklinik (OSK) gewinnen.

Das Urteil wird zwar erst am 13. Juni verkündet, Richterin Gabriele Uhl ließ aber in der mündlichen Verhandlung am Mittwochvormittag keinen Zweifel daran, dass sie die Rechtsauffassung des Kreises teilt. Dieser hatte im November vergangenen Jahres einen Vertrag aus dem Jahr 1970 mit der Stadt Isny gekündigt, in dem der Weiterbetrieb des Krankenhauses durch den damaligen Kreis Wangen vereinbart wurde.

Der Kreis sah in der Kündigung eine wirtschaftliche Notwendigkeit, weil das 19-Betten-Haus monatlich Verluste von 160 000 Euro schreibt, die Stadt Isny betrachtete das hingegen als Vertragsbruch und klagte. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte den Landkreis beziehungsweise die OSK auch zunächst per einstweiliger Verfügung dazu verpflichtet, den Betrieb der kleinen Klinik bis zur Gerichtsentscheidung aufrechtzuerhalten. Mit dem Hinweis, die Parteien hätten vor Kündigung des Vertrages erst über eine gütliche Einigung verhandeln müssen.

Das sieht das Landgericht Ravensburg freilich anders: Die Kündigung sei rechtens gewesen, meinte Richterin Uhl. Der Vertrag erlaube einen Ausstieg aus dem „Dauerschuldverhältnis“, wenn der Weiterbetrieb des Krankenhauses „durch staatliche oder sonstige vom Landkreis nicht zu vertretende Maßnahmen und Ereignisse unmöglich gemacht wird“. Das sei durch die staatliche Einführung der Fallpauschalen, die vor allem kleinere Krankenhäuser in arge wirtschaftliche Bedrängnis gebracht hat, gegeben. Zudem habe der Landkreis eine Verantwortung für alle OSK-Standorte und die Gesamtsituation der Gesundheitsversorgung im Kreis.

Der Anwalt der Stadt Isny, Michael Quaas, warf dem Kreis hingegen vor, er habe die wirtschaftlichen Probleme selbst verschuldet, indem er den Standort in den vergangenen Jahren immer weiter verkleinert und so geschwächt habe. Von ursprünglich 150 Betten (1970) waren 1996 noch 90, 2003 noch gut 50 und 2011 noch 19 Betten übriggeblieben. „Es war die erklärte Absicht, Isny zu schließen, damit das Krankenhaus Wangen der OSK wirtschaftlich überlebt“, meinte der Anwalt. Mit 19 Betten sei eine Klinik nicht wirtschaftlich zu führen, daher fordert die Stadt eine Wiederaufstockung auf 100 Betten. Die Erste Landesbeamtin des Kreises, Eva-Maria Meschenmoser, wies diesen Vorwurf zurück. Der Kreis habe sogar trotz anderslautender Gutachten, die die Schließung von Isny schon vor Jahren empfohlen hätten, das Haus „aus politischen Gründen“ erhalten. Seit 1970 seien 21 Millionen Euro in den Standort investiert worden, „aber jetzt war einfach der Punkt erreicht, wo es nicht mehr ging“.

Parallel zum Gerichtsverfahren verhandeln Stadt und Kreis auch über eine gütliche Lösung. Über den Inhalt wahren beide Parteien Stillschweigen, nach SZ-Informationen hat Isny aber einen Vorschlag unterbreitet, mit dem Kreis eine Art Unter-Betreibergesellschaft der OSK zu gründen, in der die Stadt einen Großteil des Defizits übernehmen würde. So könnte der Standort Isny erhalten bleiben, würde den städtischen Haushalt aber dauerhaft finanziell belasten. Davon kann die Stadt Weingarten gerade ein Lied singen, die mit dem Krankenhaus 14 Nothelfer ebenfalls tiefrote Zahlen schreibt, obwohl es 166 Betten hat. Ein Rückverkauf von Grundstück und Immobilie an Isny wären ebenfalls möglich, eine Übertragung der Betten aber nicht ohne weiteres. Darüber entscheidet das Sozialministerium des Landes.

Prozess kann teuer werden

Isnys Bürgermeister Rainer Magenreuter schließt nicht aus, dass die Stadt nach Verkündigung des Urteils in Berufung gehen wird. Dann wäre wieder das OLG Stuttgart zuständig, in letzter Instanz der Bundesgerichtshof. Das kann - abgesehen von den Prozesskosten - extrem teuer werden: Der Landkreis will, falls er am Ende gewinnt, für jeden Monat, den er das Krankenhaus Isny gegen seinen Willen weiterbetreiben muss, 160 000 Euro Schadensersatz - entsprechend dem monatlichen Defizit.