Die Spitäler ziehen positive erste Bilanz zu Swiss DRG

Nach der Einführung von Swiss DRG ziehen die Spitäler eine positive erste Bilanz. «Blutige Entlassungen» kommen nicht vor. Verbesserungen seien beim Entgelt komplexer Fälle nötig.

Claudia Schoch
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Die Gewerkschaft VOPD wehrt sich gegen die Privatisierungswelle von Spitälern. (Bild: Keystone)

Die Gewerkschaft VOPD wehrt sich gegen die Privatisierungswelle von Spitälern. (Bild: Keystone)

Insgesamt zieht der Verband der Spitäler der Schweiz H+ knapp eineinhalb Jahre nach der Einführung der neuen Fallpauschalen bei stationären Spitalbehandlungen, Swiss DRG, eine gute Bilanz. Die Swiss DRG funktionierten technisch einwandfrei. Die Spitäler und Kliniken hätten die Kosten im Griff, sagte H+-Präsident Charles Favre am Montag in Bern vor den Medien. Verbandsdirektor Bernhard Wegmüller fügte bei, dass die Kosten in der obligatorischen Krankenversicherung im stationären Bereich 2012 moderat um 1,3 Prozent gewachsen seien. Würden alle Kantone, wie es ab 2017 Pflicht ist, sich zu 55 Prozent an den stationären Behandlungen beteiligen, hätte die obligatorische Versicherung gar 4,7 Prozent weniger als im Vorjahr bezahlen müssen – und dies trotz Einrechnung der Investitions- und Ausbildungskosten in die Fallpauschalen.

Entgelt für komplexe Fälle

Doch es gibt auch Kritik. Die Abgeltung der hochspezialisierten Medizin und der komplexen Fälle wird, wie der Direktor des Universitätsspitals Basel Werner Kübler darlegte, noch nicht richtig im System von Swiss DRG abgebildet. Zur korrekten finanziellen Abgeltung müsse eine konsequente Weiterentwicklung des Systems erfolgen. Diese müsse rasch vorangetrieben werden. Erforderlich seien zusätzliche Zusatzentgelte. Vorläufig blieben höhere Base-Rates für Universitätsspitäler nötig.

H+ kritisiert auch weiterhin, dass der pauschale Ansatz von 9 bis 10 Prozent für die Kosten der Anlagenutzung zu tief sei. Damit könnten die Spitäler notdürftig leben, längerfristig aber nicht überleben. Realistisch betrachtet, seien für Universitätsspitäler rund 16 Prozent und für die übrigen Akutspitäler 14 Prozent erforderlich.

Die Spitäler fordern in diesem Zusammenhang eine Änderung der Verordnung über die Kostenermittlung und Leistungserfassung (VKL). Diese gehe fälschlicherweise bei der Bewertungsbasis für Abschreibungen vom Anschaffungswert aus. Künftig müsse der Wiederbeschaffungswert massgebend sein.

Kassen und Preisüberwacher

Auch aufseiten der Rehakliniken zieht man zunächst ein positives Fazit zu Swiss DRG. Matthias Mühlheim, Direktor der Reha Rheinfelden, meinte, dass man seit der Anwendung von Swiss DRG keine sogenannten blutigen Entlassungen festgestellt habe. Allerdings würden die Patienten heute aus den Akutspitälern eher früher entlassen. Gleichzeitig steige die Aufenthaltsdauer in den Rehakliniken. Der frühere Übertritt sei aber in der Regel sinnvoll.

Ärgerlich ist indes offenbar für die Spitäler, dass die Krankenversicherungen gerade ein umgekehrtes Interesse haben, indem es für sie günstiger ist, wenn der Patient oder die Patientin länger im Akutspital bleibt. Mühlheim übte an den Kassen Kritik. Oft behinderten administrative Verzögerungen eine rasche Verlegung. Die Kostengutsprachen würden allzu zögerlich bearbeitet. Auch stellt H+ die Unabhängigkeit der bei den Kassen angestellten Vertrauensärzte infrage. Diese seien zudem häufig nicht entsprechend den behandelnden Fachärzten ausgebildet.

Schliesslich übt H+ harsche Kritik am eidgenössischen Preisüberwacher. Er missverstehe seine Funktion und überschreite seine Kompetenzen, wenn er zu laufenden Tarifverhandlungen Stellung nehme. Bei seinen Berechnungen ziehe er nicht die wahren Spitalkosten heran, sondern künstlich nach unten korrigierte Werte. Er verkenne, dass er allein die Preise der Leistungen zu beurteilen habe und nicht die Gesamtkosten oder die Prämienrelevanz.

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