Spitäler als neue Immobilien-Anlageklasse?

Durch die laufende Neuausrichtung des Gesundheitswesens wird es bei Spitälern vermehrt zu privaten Investitionen kommen. Noch sind die Anleger allerdings zurückhaltend.

Ulrich Prien André Zemp
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Mit der Einführung der neuen Spitalfinanzierung per 1. Januar des vergangenen Jahres sind die unternehmerischen Freiheiten sowie der Wettbewerb zwischen den Schweizer Spitälern gestärkt worden. Im Kern des neuen Gesetzes steht der Übergang von der Objekt- zur Leistungsfinanzierung mit sogenannten diagnosebezogenen Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups = DRG). Dies vereinheitlicht die Kostentransparenz und führt zu Effizienzsteigerungen. Neuerdings müssen die Spitäler bauliche Massnahmen über einen Investitionsanteil im DRG-System finanzieren und den milliardenhohen Mittelbedarf in den nächsten Jahren am Kapitalmarkt decken. Erste Erfahrungen zeigen, dass der Systemwechsel bei der Finanzierung einige Fragen aufwirft. Das Interesse von Investoren an Anlagen im Gesundheitswesen ist aber trotzdem gross.

Grosse Finanzierungslücken

Auf dem schweizerischen Markt für Anlageimmobilien herrscht ein Mangel an adäquaten Objekten, welche den rigorosen Renditeanforderungen von institutionellen Investoren entsprechen. Man sieht, dass sich die meisten Anleger weiterhin auf traditionelle Immobilien in den Segmenten Wohnen, Büro und Verkauf fokussieren. Im Gegensatz dazu werden Spezialimmobilien von den Investoren immer noch stiefmütterlich behandelt. Gründe dafür sind häufig schlechte Marktaussichten, fehlendes Know-how, komplexe regulatorische Vorgaben, Klumpenrisiken sowie beschränkte Drittverwendungsmöglichkeiten. Denn falls der Betreiber der Immobilie seinen Betrieb einstellen muss, sind die alternativen Möglichkeiten für eine Umnutzung bei Gesundheitsimmobilien sehr limitiert. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden Alterung der Gesellschaft befindet sich die Nachfrage nach Spitaldienstleistungen aber dennoch auf einem irreversiblen Wachstumspfad. Zudem führt die Aufnahme eines Spitals in eine kantonale Spitalliste zu einer partiellen regionalen Monopolstellung. Durch die initiierte Marktöffnung und die guten Wachstumsperspektiven ergeben sich daher durchaus Opportunitäten für Kapitalanlagen.

Die Ausgangslage bei den jeweiligen Spitalimmobilien ist sehr unterschiedlich. Sie hängt insbesondere von der betriebsspezifischen Investitionstätigkeit in den letzten Jahren, vom Alter und von den Expansionsbestrebungen der Spitäler ab. Viele Schweizer Spitäler wurden in den 1970er Jahren erbaut und sind mittlerweile am Ende ihrer Lebensdauer angekommen. Diverse Spitäler haben frühzeitig, d. h. vor dem Systemwechsel, einen Neubau geplant und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit gestärkt. Gemein ist allen Spitälern, dass sie künftig ihre Immobilien- und Anlagekosten selbst tragen müssen. Da die (Bau-)Investitionen konzentriert anfallen, das Einkommen jedoch kontinuierlich über den Patientenstrom generiert wird, entsteht eine Finanzierungslücke, welche bisher von den Kantonen geschlossen wurde. Diese Subventionierungspraxis gehört mit dem neuen Spitalgesetz der Vergangenheit an. Die Spitäler müssen gemäss den neuen Vorschriften eine solide Eigenkapitalbasis aufbauen sowie die erforderlichen Sicherheiten schaffen, um zusätzliches Fremdkapital aufnehmen zu können.

Neuland für Kapitalgeber

Die Suche nach Fremdkapital erweist sich für die Spitäler jedoch als komplexes Unterfangen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Erstens weisen viele Spitäler aufgrund ihrer alten Bausubstanz, ihrer Grösse und ihrer Expansionspolitik Finanzierungsbedürfnisse im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich auf. Solche Summen können nur von wenigen Marktteilnehmern, zum Beispiel Universalbanken, Versicherungen, Vorsorgewerken oder von Konsortien, gestemmt werden. Dabei wirken sich auch die neuen Eigenkapitalvorschriften der Banken dämpfend auf die Kreditvergabe aus. Zweitens generieren viele Spitäler aus ihrer operativen Tätigkeit einen zu geringen Cashflow, um den Tragbarkeitskriterien der Investoren zu genügen. Vielerorts gehen die Vorstellungen bezüglich der neu zu bezahlenden Preise (Baserates) zwischen Leistungserbringer und Leistungseinkäufer weit auseinander. Tariffestsetzungsverfahren und allfällige gerichtliche Auseinandersetzungen stellen Unsicherheiten auf der Einnahmeseite dar. Da die Spitäler erst seit kurzem dem freien Markt überlassen wurden, besteht, drittens, Nachholbedarf in der Aufbereitung der notwendigen Unterlagen, um den Fremdkapitalgebern eine objektive Evaluation der Bonität zu ermöglichen. Hierfür sind die Erstellung eines Businessplanes, die Bewertung der Immobilien sowie die Aufbereitung spezifischer Kennzahlen unerlässlich.

Neben der Finanzierung über Eigen- oder Fremdkapital können auch alternative Mietlösungen in Betracht gezogen werden, wobei diese Form der teilweisen Privatisierung politisch nicht immer erwünscht ist. Basis dafür ist eine separate Betreiber- sowie eine Immobiliengesellschaft, wobei der Spitalbetrieb eine marktkonforme Miete bezahlt und je nach Ausgestaltung eine Rückkaufoption erhält. Die Trennung zwischen operativer Tätigkeit und Immobilie erlaubt es, gebundene finanzielle Mittel zu aktivieren und die Spitalmanagementtätigkeit auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Es wird sich erst noch zeigen müssen, ob sich in der Praxis eine Eigentümerstellung mit Fremdkapital oder die Vermietung der Spitalimmobilien durchsetzen wird. Als dritter möglicher Weg bietet sich die Realisierung, Betreibung und Finanzierung der Spitalimmobilie über eine Private Public Partnership (PPP) an. Eine PPP-Lösung für eine Spitalfinanzierung wurde in der Schweiz bisher jedoch noch nicht realisiert.

Trotz guten Marktaussichten agieren Investoren auf dem «Neuland Spitalfinanzierung» bisher eher zurückhaltend. Die angelaufenen Gespräche zwischen Kapitalgebern und -suchenden dienen vorerst nur der gegenseitigen Tuchfühlung. Die Kapitalgeber müssen sich mit dem Businessmodell sowie dem regulatorischen Umfeld im Spitalwesen auseinandersetzen. Im Gegenzug müssen die Spitäler die Investitionsanforderungen der Kapitalgeber verstehen und ihre Strukturen in Absprache mit den Kantonen an die neuen Gegebenheiten anpassen. Mit fortschreitender Marktreife könnten sich neue Anlagegefässe mit Schwerpunkt Gesundheit oder die Placierung von Spitalanleihen über den Kapitalmarkt etablieren. Die Drittmittelinfusion aus privater Hand wird gesunde Spitäler stärken; Spitäler mit bescheidenen wirtschaftlichen Perspektiven werden aber im Wettbewerb um Fremdmittel kämpfen müssen.

Ulrich Prien ist Leiter Real Estate, André Zemp ist Partner Healthcare-Beratung bei KPMG Schweiz.