Keine Geriatrische Komplexbehandlung wegen U50.50?

  • Liebes Forum,

    folgende Konstellation beschäftigt mich:

    Unsere DRG B44A (Neurokomplex+Ger.Komplex) -> beide Komplexbehandlungen + Barthel Index U50.50 werden geprüft

    MDK streicht Neurokomplex wegen fehlender Dokumente (unsereseits akzeptiert), bestätigt U50.50 und streicht Ger. Komplex da "eine andauernde erheblich herabgesetzte Belastbarkeit (Bathel 0-15) erlaube keinerlei aktive Teilnahme an rehabilitativ-therapeutischen Maßnahmen"

    Meine Sicht der Sachlage:

    -da Strukturmerkmale der Geriatrischen Komplexbehandlung sowie U50.50 duch GA bestätigt kommt DRG B44B zum Tragen. Den niedrigen Barthel Index (Barthel zu Begin der Behandlung) nun heranzuziehen um die komplette Therapie zu streichen ist mMn nicht korrekt bei ansonsten erfüllten Bedingungen der Komplexbehandlung. Ich werte dieses "Gutachten " lediglich als Meinungsäußerung, jedoch nicht als substantiiert.

    Wie sehen Sie diesen Fall?

    LG,

    BoB77

  • Hallo -

    Nachfrage:

    - akutstationärer Behandlungsbedarf belegbar?
    - Teamintegrierter Einsatz von mindestens 2 der folgenden 4 Therapiebereiche: Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie, Psychologie/Neuropsychologie durchgeführt?

    und es wurde bedacht:

    3. Rehabilitationsbedürftigkeit im obigen Sinne (Satz B-2) liegt vor, wenn
    i. als Folge einer Schädigung bei
    ii. Vorliegen von voraussichtlich nicht nur vorübergehenden Fähigkeitsstörungen
    oder
    iii. drohenden oder bereits manifesten Beeinträchtigungen
    iv. über die kurative Versorgung hinaus rehabilitationsmedizinische Maßnahmen
    erforderlich und voraussichtlich erfolgversprechend sind.
    4. Rehabilitationsfähige geriatrische Patienten (Def. s. Satz B - 8 ) mit nachweislichem Rehabilitationsbedarf,
    positiver Rehabilitationsprognose und realistischem Rehabilitationsziel
    erhalten eine geriatrische Rehabilitation – vorausgesetzt, es liegen keine Ausschlusskriterien
    vor (Def. s. Satz B-9);

    Bedingt rehabilitationsfähige geriatrische Patienten (Def. s. Satz B - 8 ) oder solche mit
    noch unsicherer Rehabilitationsprognose erhalten eine geriatrische Frührehabilitation
    – vorausgesetzt, es liegen keine Ausschlusskriterien vor (Def. s. Satz B-7);

    7. Frührehabilitationsfähigkeit liegt nicht vor, wenn eines der nachstehenden Ausschlusskriterien
    der geriatrischen Frührehabilitation erfüllt ist:
    i. Durchgehend instabile Vitalparameter erlauben keinerlei aktive Beteiligung
    an rehabilitativ-therapeutischen Maßnahmen
    ii. Eine andauernd erheblich herabgesetzte Belastbarkeit erlaubt keinerlei
    aktive Beteiligung an rehabilitativ-therapeutischen Maßnahmen
    iii. Offene Wunden oder Wundkomplikationen erlauben aufgrund ihrer Lokalisation
    oder aufgrund von Begleitsymptomen keinerlei Durchführung
    rehabilitativ-therapeutischer Maßnahmen

    (Quelle: Abgrenzungskriterien der Geriatrie)


    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Hallo TT,

    -zu Ihren Nachfragen: 2 mal "Ja!"

    Das ist ja der Grund warum ich dieses Gutachten für nicht korrekt halte. Zur Verdeutlichung des Verlaufs hier Auszüge aus den Teambesprechungen:

    "Medizinische Diagnosen und Vorgeschichte: Patientin wurde mit globaler Aphasie, Hemiparese rechts und Blickparese nach rechts aufgenommen. Im CT zeigt sich ein Mediainfarkt links. Risikofaktoren: Hypertonus, Werte 210/100 mmHg, Zustand nach Mamma-CAOP bekannt. Duplex extrakraniell ohne wesentlichen Befund, intrakraniell nicht möglich, so dass auch ein MRT durchgeführt werden wird.
    II Soziale Situation: Die Patientin lebt mit Ehemann zu Hause.

    III Aufnahmescores: Tinnetti nicht möglich, Barthel von 0 auf 15 gestiegen. Minimental und GDS nicht erhebbar.

    IV Aktuelle Daten: Patientin wäscht in der Pflege den Oberkörper selber, der Rest muß übernommen werden. Sie trägt einen Dauerkatheter, ist aber stuhlkontinent. Die Magensonde hat sich die Patientin selber gezogen. Heute Morgen hat sie Mineralwasser mit einem Strohhalm zu sich genommen, dies ist von der Logopädie auch in kleinen Mengen frei gegeben worden, Essen heute Morgen eine halbe Schnitte Brot, weiches Brot, mittags noch passierte Kost. Sprachlich kann sie sich nur mit Lauten oder Ja und Nein äußern. Der Transfer erfordert noch viel Hilfe, keine Funktion der paretischen Seite, sowohl im Arm als auch im Bein. Die Patientin hat heute im Stühlchen an der Frühstücksgruppe teilgenommen.


    2.Woche: Patientin mit Mediainfarkt links und globaler Aphasie sowie Hemiparese rechts. LZ-Ergebnis steht noch aus zur Frage, ob ein Vorhofflimmern vorhanden ist. Die Grundpflege wird weitgehend übernommen, lediglich mit dem nichtbetroffenen Arm kann sie das Gesicht waschen. DK ist bei Schmerzen gezogen worden, sie näßt aber jetzt ein, so daß sie eine Schutzhose trägt, weil sie sich nicht meldet. Stuhlgang unterschiedlich bzgl. der Kontinenz. Essen kann sie mit einer Hand selber. Die Reha muß jetzt beantragt werden, der ärztliche Befundbericht wird nachgereicht. Transfer nur mit Hilfe, sie kann auch längere Zeit sitzen, keine Armfunktion aber konzentrierte Mitarbeit. Sie kann an der Bank kurzfristig stehen, kann sich allerdings bei Apraxie mit der linken Hand kein Brot schmieren. Das Essen ist möglich. In der Logopädie ergibt sich das Problem, daß nicht entschieden werden kann, ob die Patientin eine Aphasie hat, weil sie apraktisch ist. Man kann nicht herausfinden, ob ein Sprachverständnis vorhanden ist. Keine Dysphagie.

    3.Woche:
    Medizinisch wenig Veränderungen. Pflege: Barthel von 15 auf 20 Punkte gestiegen, Zähne putzt sie sich selber, ansonsten muss sie komplett gewaschen werden, wobei schwierig ist die Apraxie, möglicherweise ist dies auch ein Grund dafür, dass sie noch inkontinent ist, da sie die Klingel nicht richtig bedienen kann. Essen wird vorbereitet, sitzt sehr lange im Rollstuhl, Transfer ist gut. Arm kaum verbessert, sie versucht allerdings so gut wie möglich zu helfen, Bein vielleicht minimal verbessert, wenige Schritte am Handlauf. Im logopädischen Bereich ist die positivste Entwicklung zu sehen: von passierter auf weiche Koste umgestellt, sprachlich kann sie vereinzeltes nachsprechen, kann vereinzelte Mundbewegungen nachahmen, versucht auch kompensatorische Gestik einzusetzen. Am Donnerstag Verlegung in die Reha-Klinik."

    Zusamenfassung:

    -Anstieg Barthel von 0 auf 20, Pat. war motiviert und machte unter o.g. Maßnahmen Fortschritte.
    -Weiterhin kann doch ein Eingangs-Barthel nicht zur Ablehnung der Therapie führen!? Insbesondere wenn behauptet wird das "die herabgesetzte Belastbarkeit keine aktive Teilnahme erlaube" !

  • Hallo zurück -

    hier sollte man m.E. streiten (fehlende Unterlagen beim strittigen Fall einräumen zu müssen ist natürlich nicht so "günstig"). Es geht hier sicher im Kern um die Frage lag hier wirklich "keinerlei aktive Beteiligung" als Ausschlusskriterium vor? Streit sicher nicht nur um den aktuellen Erlös - sondern auch im Interesse dieser Schwerkranken generell.

    Zitat aus der genannten Quelle: "Eine noch unsichere Rehabilitationsprognose steht einer geriatrischen Frührehabilitation dabei nicht entgegen."

    Na evtl. gibts ja noch mehr Meinungen.

    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Fehlende Unterlagen bezog sich auf die Neurokomplexbehandlung (1 fehlender Neurostatus,Temp/Atemfrequenz nur 1x gemessen)

    Auch ich freue mich über weitere Ideen...

  • Hallo,

    die Streichung der geriatrischen Frühreha halte ich nicht für korrekt. Es gibt keine Definition, die besagt, ab welchem Barthel die Therapie erbracht werden darf. Außerdem kann auch ein Patient auf niedrigem Niveau deutlich von der geriatrischen Frühreha profitieren. Unbedingt Widerspruch einlegen.


    VG

  • Hallo,

    die geriatrische Frühkomplexbehandlung wurde vom MDK nicht anerkannt, da die Anwesenheit des Geriaters bei den Teambesprechungen mittels Handzeichen nicht dokumentiert wurde. Der MDK kann somit nicht nachvollziehen, dass bei den einzelnen Teambesprechungen anwesend war.

    Eigentlich wurde diese Forderung in den ganzen Auslegungshinweisen zum OPS 8-550.- nie ergänzend verlangt.

    Gibt es Chancen, diese Komplexziffer zu behaupten?

    Danke und Grüße

  • Hallo,
    die Anwesenheit des Behandlungsleiters ist m.E. ab 2013 verbindlich. Ist das dann eine Klarstellung oder eine Neuerung?
    War er dabei und wurde es bloss nicht abgezeichnet? Haben Sie vielleicht eine andere Möglichkeit den Teilnahmenachweis zu führen?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,

    der Geriater war dabei, aber er hatte nicht abgezeichnet. Dies war 2011, heute werden die sämtlichen Teambesprechungen vom anwesenden Geriater unterzeichnet, früher wurde die Notwendigkeit dafür leider nicht gesehen bzw. beachtet, da dies ja in den Definitionen des OPS-Schlüssels nicht explizit erwähnt wurde. Und nun streicht der MDK diese sämtlichen damals nicht unterzeichneten Komplexbehandlungen.