Guten Morgen zusammen,
mich würde interessieren, wie Sie (auf beiden "Seiten"; KH u MDK/KK) folgende Konstellation beurteilen:
Bei einem Pat. ergibt sich in der Herzkatheteruntersuchung die Notwendigkeit einer (zeitnahen) kardiochirurgischen Therapie (beispielsweise Aufnahme mit Angina pectoris > schwere 3-Gefäßerkrankung > BypassOP, Aufnahme mit symptomatischer hochgradiger Aortenklappenstenose > Aortenklappenersatz/TAVI). Die Herz-OP erfordert in der Regel eine gewisse vorbereitende Diagnostik zusätzlich zum Herzkatheter (z.B. ThoraxCT, transoesophageale Echokardiographie ect). Letztere als stationäre Leistung (und Ausweitung der Belegungsdauer um einen weiteren Tag) zu verteidigen ist immer dann problematisch, wenn dadurch die UVD überschritten wird. Darüber hinaus kann es selbst bei Patienten ohne notwendige Vordiagnostik (instabile AP > Bypass-OP) vorkommen, dass diese - klinische Stabilität vorausgesetzt - 24-48h warten, bis die Herzchirurgen diese zur OP übernehmen.
Aus Sicht des KH könnte man argumentieren:
Eine zeitnah/rasch durchgeführte, zuverlässige Begleitdiagnostik mit etablierten Kommunikationswegen und garantiertem Vorliegen aller ´für den OP-Erfolg relevanten Befunde ist eine wichtige Grundvoraussetzung, um Schaden für den Patienten zu vermeiden. Eine (pauschale) "Delegation" an den ambulanten Sektor ("lieber Hausarzt, wir bitten noch ergänzend um die Untersuchungen X, Y, Z mit anschließender Befundübermittlung an die Herzchirurgie in A-Stadt und bitte rasch") bzw. das "Einsammeln" dieser Ergebnisse (sofern das KH die Kommunikation mit der Herzchirurgie führt) bringt absehbar 1) einen Zeitverlust und 2) die Frage mit sich, was zu tun ist, wenn die Qualität der ambulanten Untersuchungsergebnisse (zB EKG-getriggertes CT vor TAVI) nicht den Anforderungen entspricht. Demnach wäre ein outsourcing in diesen Fällen mit der Gefahr eines potentiellen Patientenschadens assoziiert, und der zusätzliche stat. Belegungstag gerechtfertigt, auch wenn der Patient - ich zitiere mal frei - "zu diesem Zeitpunkt beschwerdefrei, klinisch stabil und Selbstversorger" war.
Aus Sicht des MDK könnte man argumentieren:
Entscheidend ist, dass die erforderliche vorbereitende Diagnostik (irgendwo) ambulant angeboten wird und der Patient nicht aus dem letzten Loch pfeift. Bei Erfüllung dieser beiden Kriterien: Fehlbelegung. Ob und wie schnell der "ambulante Sektor" das gebacken bekommt (Terminproblematik), alles organisatorische Fragen und im Zweifelsfall Aufgabe des KH, dies zu gewährleisten. Das KH hätte zudem "bei gestraffteren Abläufen und effizienterer Leistungserbringung" auch gerne alles selbst machen können; halt an ein und dem selben Tag. In dem letztgenannten Beispiel oben hätte der Patient sofort und ohne Zeitverzug in (irgend) eine andere Herzchirurgie verlegt werden können (also theoretisch; es gibt ja genügend davon in Deutschland).
Ich überlege mir in diesen Fällen:
Zeichnen sich die "speziellen Mittel und Möglichkeiten des Krankenhauses" nicht auch eben durch die rasche Verfügbarkeit diagnostischer Methoden mit kurzfristigem Befunderhalt aus? Natürlich wäre es ideal, einen "Medical Scanner" a la Raumschiff Enterprise zu haben, der einem am ersten Tag alle Untersuchungsergebnisse liefert, aber das dauert wohl noch 1-2 Jahre bis zur Marktreife. Welcher "Zeitverzug" durch diagnostische Maßnahmen kann also bis dahin als akzeptabel gelten bzw. gibt es eine Grenze, was man einem 86J-Patienten an Untersuchungen pro Tag zumuten kann, auch wenn er "klinisch stabil, beschwerdefrei und Selbstversorger" ist? Muss man dokumentieren, dass alle (wieviele?) angefragte Herzchirurgien einenPatienten tatsächlich nicht früher zur Bypass-OP hätten übernehmen können? Selbst wenn Hamburg grünes Licht gäbe, würde es die KK dann wirklich vorziehen, lieber Transportkosten aus Süddeutschland statt den einen Belegungstag mehr zu bezahlen?
Dass hier Klinikrealität und Gewetzestexte aufeinanderprallen weiß ich; mich würde daher eher interessieren, ob Sie vergleichbare Fälle haben und wie Sie in praxi damit umgehen.
Lieben Dank und herzliche Grüße