Kausalkette oder gleichberechtigte Hauptdiagnosen

  • Auf die Argumentation über die Verdachtsdiagnose habe ich nur gewartet. Nur liegt hier keine Verdachtsdiagnose vor, sowohl die Verschlechterung der Nierenfunktion als auch das Karzinom sind eben nicht nur ein Verdacht, sondern eben hier gesicherte Diagnosen.
    Die Regelung zu den Verdachtsdiagnosen erstreckt sich aber nicht darauf auf Verdacht mal einen kausalen Zusammenhang mittels reiner Behauptung herzustellen.

    Ferner das Karzinom an sich kann hier nur in zwei Fällen als Hauptdiagnosen stehen, entweder, wenn es bereits vorher bekannt war, und deshalb der stationäre Aufenthalt notwendig geworden ist, oder eben weil man eben sicher nachweisen kann, dass die initialen Beschwerden durch das Karzinom ausgelöst worden sind. Beides liegt hier aber eben nicht vor, und daher ist ein nebenbefundliches Karzinom eben auch nur als Nebendiagnose zu kodieren. Daran ändert weder die DKR, noch irgendein BSG-Urteil etwas.

  • Sehr geehrte Forumisten/innen,

    ich bräuchte Ihren Rat bei der Abgrenzung Kausalkette oder gleichberechtigte Hauptdiagnosen, ich selbst bin mir nicht sicher. Eine Patientin mit chronischer Niereninsuffizienz wird bei Progredienz stationär aufgenommen, hier zur Indikationsprüfung einer Nierenersatztherapie. Am Aufnahmetag erfolgte eine Sonographie, die eine Uterusvergrößerung zeigte, per CT wurde dann ein großer Tumor gesichert und nachfolgend operiert.

    HD ist lt. Gutachten durch den MDK die Niereninsuffizienz da die Nierenwerte so schlecht waren, dass von einem eigenständigen Krankheitsbild ausgegangen werden muss. Seitens unserer Ärztin wird argumentiert, dass der Uterustumor durch Druck auf Harnleiter eine Harntransportstörung hervorrief und hieraus das Fortschreiten der Nierenerkrankung resultierte, als HD sieht die Ärztin den Uterustumor.

    Richtig ist, dass die Niereninsuffizienz chronisch war (aber noch nicht dialysepflichtig), richtig ist aber auch, dass erst das "Zutun" des Tumors die Krankenhausbehandlung notwendig machte! Handelt es sich hier um die berühmte/berüchtigte Kausalkette oder kann man die Argumentation der Ärztin stehen lassen?

    MfG stei-di

    Hallo sei-di,

    Kausalketten spielen außerhalb des Kreuz-Stern-Systems keine Rolle. Diesen Hinweis finden Sie auf Seite 20 unten. Dort heißt es:

    "Diese Reihenfolge für die Ätiologie-/Manifestationsverschlüsselung gilt nur für das Kreuz- /Stern-System. Die Hauptdiagnosenregelung der DKR D002 erfährt somit außerhalb der Kreuz- /Stern-Systematik in Bezug auf die Reihenfolge von Ätiologie-/Manifestationskodes keine Einschränkung. "


    Dies wird von offizieller Seite auch vom MDK vertreten. Nachzulesen im KU Sonderheft "Deutsche Kodierrichtlinien 2016 mit MDK-Kommentar". Hier heißt es:


    "Kausalketten" spielen damit bei der Wahl der Hauptdiagnose - außerhalb des Kreuz-Stern-Systems - keine Rolle. Die stationäre Aufnahme zur Behandlung einer dekompensierten Rechtsherzinsuffizienz die auf dem Boden eines Cor pulmonale, das wiederum durch eine pulmonale Hypertonie entstanden ist, die auf den zugrunde liegenden Krankheitsprozess Sklerodermie zurückgeführt werden kann, kann nicht zur Sklerodermie als Hauptdiagnose führen. Hauptdiagnose gemäß DKR D002 ist in diesem Fall die Rechtsherzinsuffizienz.


    Die Formulierung "Zuweisung der zugrunde liegenden Krankheit als Hauptdiagnose" (DKR D002) bezieht sich auf die Zuweisung eines Symptoms zu einer Grunderkrankung. Symptome sind nach Definition subjektive oder objektive Beschwerden des Patienten. Eine Niereninsuffizienz, welche durch den Uterustumor entstanden/verschlechtert worden ist, ist kein Symptom des Tumors. Es führt deshalb nicht automatisch dazu, dass der Tumor als HD kodiert werden kann. Siehe auch Beispiel vom MDK mit der Rechtsherzinsuffizienz.

    In der DKR D002 heißt es nun, dass die Diagnose als Hauptdiagnose ausgewählt werden soll, welche nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist.
    Der Begriff "Analyse" beinhaltet auch schwerwiegendere Erkrankungen festzustellen.

    In dem von Ihnen geschilderten Fall bestand eine akute Verschlechterung der bekannten Niereninsuffizienz. Es spielt also neben der Therapie auch die Diagnostik eine Rolle. Sprich: "Warum hat sich die Niere verschlechtert?". Und hier kommt der Tumor ins Spiel.


    Ich sehe bei Ihrem Fall konkurrierende Hauptdiagnosen, bei denen anhand des Ressourcenverbrauchs die richtige HD ausgewählt werden muss. Welche Diagnose das nun ist, können Sie anhand der Akte belegen.


    Liebe Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von S.Poetzsch (21. September 2016 um 11:25)

  • Auch die von S. Poetzsch geäußerte Ansicht ist eben falsch, da hier keine konkurriende Hauptdiagnosen vorhanden sind. Die Aufnahme erfolgte klar und deutlich wegen der Verschlechterung der Nierenfunktion. Der Tumor dagegen wurde erst im Verlauf entdeckt.
    Somit kann der Tumor nur dann Hauptdiagnose sein, wenn man klar und deutlich nachweisen kann, dass dieser ursächlich für die Verschlechterung der Nierenfunktion verantwortlich ist.
    Dies kann man bei dem vorhandenen Fall offenbar aber eben nicht, daher scheidet der Tumor eben als Hauptdiagnose aus.
    Ferner bedeutet Analyse eben, dass man Erkrankungsbilder findet, zeitlich unabhängig zur Aufnahme, die das initiale Beschwerdebild erklären können mit einer hohen Sicherheit. Analyse bedeutet eben nicht, dass man schwerwiegender Erkrankungsbilder findet, und diese dann als Hauptdiagnose setzen kann. Da sollten Sie sich bitte S. Poetzsch etwas genauer ausdrücken.

    Einmal editiert, zuletzt von MCO-Freak (21. September 2016 um 14:33)


  • Ferner das Karzinom an sich kann hier nur in zwei Fällen als Hauptdiagnosen stehen, entweder, wenn es bereits vorher bekannt war, und deshalb der stationäre Aufenthalt notwendig geworden ist, oder eben weil man eben sicher nachweisen kann, dass die initialen Beschwerden durch das Karzinom ausgelöst worden sind. Beides liegt hier aber eben nicht vor, und daher ist ein nebenbefundliches Karzinom eben auch nur als Nebendiagnose zu kodieren. Daran ändert weder die DKR, noch irgendein BSG-Urteil etwas.

    Lieber MCO-freak,

    Ihre Argumentation nimmt mir langsam zu dogmatische Züge an, die durch den Wortlaut der DKR 0201 nicht gedeckt sind. Ich kenne keinen Passus, nachdem ein "sicherer Nachweis" gefordert wird. Es liegt vielmehr in der Natur eines Symptoms, dass es mehrdeutig sein kann. Sie dürfen natürlich so kodieren, wie Sie für es für richtig halten, ich orientiere mich trotzdem primär an DKR und BSG urteilen. Wer dann recht hätte, werden wir wahrscheinlich nie erfahren.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Noch einmal. Die DKR 0201 sagt aus, dass wenn ein Patient zur Behandlung eines Karzinoms und der notwendigen Folgebehandlungen kommt, dass dann das Karzinom Hauptdiagnose ist.

    Das Thema hatten wir aber schon, dass dies in diesem Fall aber eben nicht so ist, da hier der Patient wegen einer Verschlechterung der Nierenfunktion kommt, die eben auch auf andere Ursachen basieren kann.

    Es freut mich ja, dass man die DKR kennt, nur sollte man halt auch in der Lage sein diese richtig zu lesen, zu verstehen und damit auch anwenden zu können.

    Ferner warum glaubt eigentlich Herr Breitmeier, dass es in der DKR Regelungen zur Verdachtsdiagnosen gibt (die aber auch in diesem Fall nicht greifen, denn diese beziehen sich auf Diagnosen, und nicht auf einen Verdacht von Zusammenhängen), wenn doch ansonsten keine Diagnose gesichert vorhanden sein muss?

    Wenn keine Diagnosen gesichert sein müssen, dann kann ich auch bei jedem Patienten irgendwas kodieren. Dann könnte ich eben auch aus jedem Brustschmerz den Myokardinfarkt machen, dann könnte ich auch eben aus jedem Knieschmerz die Patellafraktur machen usw.

    Nein, mein lieber Herr Breitmeier. Natürlich braucht man für seine Behauptungen Nachweise.

    Einmal editiert, zuletzt von Admin (23. September 2016 um 12:43) aus folgendem Grund: Anrede bitte nicht vergessen: Statt "der" bitte "Herr". Danke.