Kausalkette oder gleichberechtigte Hauptdiagnosen

  • Sehr geehrte Forumisten/innen,

    ich bräuchte Ihren Rat bei der Abgrenzung Kausalkette oder gleichberechtigte Hauptdiagnosen, ich selbst bin mir nicht sicher. Eine Patientin mit chronischer Niereninsuffizienz wird bei Progredienz stationär aufgenommen, hier zur Indikationsprüfung einer Nierenersatztherapie. Am Aufnahmetag erfolgte eine Sonographie, die eine Uterusvergrößerung zeigte, per CT wurde dann ein großer Tumor gesichert und nachfolgend operiert.

    HD ist lt. Gutachten durch den MDK die Niereninsuffizienz da die Nierenwerte so schlecht waren, dass von einem eigenständigen Krankheitsbild ausgegangen werden muss. Seitens unserer Ärztin wird argumentiert, dass der Uterustumor durch Druck auf Harnleiter eine Harntransportstörung hervorrief und hieraus das Fortschreiten der Nierenerkrankung resultierte, als HD sieht die Ärztin den Uterustumor.

    Richtig ist, dass die Niereninsuffizienz chronisch war (aber noch nicht dialysepflichtig), richtig ist aber auch, dass erst das "Zutun" des Tumors die Krankenhausbehandlung notwendig machte! Handelt es sich hier um die berühmte/berüchtigte Kausalkette oder kann man die Argumentation der Ärztin stehen lassen?

    MfG stei-di

  • Hallo stei-di,

    ich würde bei Ihrer Schilderung eher an die chronische Niereninsuffizienz als Aufnahmeanlass (und damit HD ) denken. Sie schreiben, dass in der Bildgebung ein großer Uterus gefunden wurde und die Ärztin eine Harntransportstörung als Ursache der Chron. NI ansieht.
    Meine Zusatz- Fragen wären folgende: Wurde in der Bildgebung (Sono und CT) denn ein Harnaufstau gesichert, oder ist dies nur eine Vermutung der Ärztin? Sind die Nierenwerte postoperativ wieder normal (oder jedenfalls stark gefallen)?

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo stei-di,
    bei der berüchtigten Kausalkette wäre doch der Uterustumor die Hauptdiagnose, da dieser auf die Harnleiter drückte und das Fortschreiten der Nierenerkrankung verursachte.
    Und die Uterusvergrößerung wurde ja nicht per Zufall entdeckt, sondern aufgrund gezielter Diagnostik bei Verschlechterung der Nierenfunktion, damit erfüllt er das Kriterium "führte zur Aufnahme" und kann nach Analyse am Ende bei zwei Diagnosen, die das Kriterium der Hauptdiagnose erfüllen auch als solche genommen werden, da die Behandlung die meisten Ressourcen verbrauchte (DKR D002f).
    So würde ich argumentieren.

    Gruß vom
    DRG-Schlumpf

  • Hallo Stei-di,
    wurde denn am Ende die Nierenersatztherapie durchgeführt oder erholte sich die Niere nach der Tumorresektion?
    Wurde der Tumor im selben Aufenthalt reseziert?
    Dann würde ich wegen des (OP-) Aufwandes diesen als HD ansehen.
    Viele Grüße
    Anne

  • Vielen Dank für die Antworten/Nachfragen,

    die angefragten Sachverhalte möchte ich hier nachliefern:
    - ein Harnstau wurde sonographisch gesichert,
    - postoperativ sank der Krea von 590 auf 430, Dialyse erfolgte dann,
    - schlechte Nierenwerte bestanden schon jahrelang, vor Aufnahme aber akute Verschlechterung,
    - Tumor-OP erfolgte in gleichen Aufenthalt, aber zur Aufnahme führten doch die Nierenwerte und damit sollte dies doch die HD sein, oder?

    MfG stei-di

  • Hallo stei-di,

    wenn ein Patient mit Bluterbrechen kommt und sie diagnostizieren ein Ulcus ventriculi, dann nehmen Sie doch auch nicht das Bluterbrechen als Hauptdiagnose, oder? DKR 002f Beispiel 2.

    Ihre Ärztin hatte doch auch so argumentiert, oder?

    Gruß vom
    DRG-Schlumpf

  • Hallo,

    mit diesen Zusatzinformationen würde ich auch eher auf den Uterus myomatosus als HD umschwenken (oder war der Tumor gar maligne, dann würde m.E. ohnehin DKR 0201 greifen?):
    Die Abnormen Nierenwerte, die ja unstrittig zur Aufnahme führten, wären dann sowohl Symptom der vorbestehenden Niereninsuffizienz als auch des Uterustumor mit Harnstau. Somit lägen zwei konkurrierende HD´s vor, von denen nach Ihrer Schilderung der Uterus mehr Ressourcen verbrauchte.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Guten Morgen alle zusammen,

    unter der Argumentation von Hr. Breitmeier führten wir unseren Widerspruch gegen das Gutachten, allerdings konnte/wollte der MDK nicht folgen und führt in seinem Gutachten aus: Die Aufnahme erfolgte zur Behandlung einer fortgeschrittenen Niereninsuffizienz..... Bei renaler Azidose erfolgt die Substitution mit Natriumbikarbonat...... Die Arbeitsdiagnose bei Aufnahme lautet präterminale Nierenerkrankung. Die chronische Niereninsuffizienz ist ein eigenständiges Krankheitsbild und bei einer GFR unter 10 wird diese mit der ICD-Nummer N18.5 abgebildet. Diese Erkrankung war Anlass der Krankenhausaufnahme. Zugrundeliegende Erkrankungen entsprechend einer Kausalkette sind für die Kodierung der Hauptdiagnose nicht von Relevanz. Das im Verlauf nachgewiesene Karzinom erfüllt bei OP die Nebendiagnosendefinition." Der von Hr. Breitmeier angeführte Ressourcenverbrauch greift ja nur bei gleichwertigen Diagnosen.

    MfG stei-di

  • Guten Morgen,
    da wird mal wieder Veranlassung der Aufnahme und Veranlassung des Aufenthaltes durcheinander gebracht.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Guten Morgen stei-di,

    ich würde das so nicht stehen lassen wollen, aber das müssen Sie selbst wissen.

    Aber ich hätte auch noch eine Frage: Was beinhaltet denn die berühmt-berüchtigte Kausalkette?

    Gruß vom
    DRG-Schlumpf

  • Hallo miteinander,

    nach meiner Auffassung ist die Kausalkette außerhalb des Kreuz-Stern Systems bzw. der Symptom- Grundkrankheit- Kodierung nicht anzuwenden.
    Es ist zu prüfen, welche Krankheiten den Aufenthalt (nicht die Aufnahme allein) verursacht haben? Hier die Niereninsuffizienz und nach Diagnostik der Ursachen der NI auch der Uterustumor, beide lagen bei Aufnahme vor. Beide allein hätten die vollstationäre Behandlung verursacht. Damit sind die Voraussetzungen für zwei mögliche Hauptdiagnosen gegeben und der Tumor hat bei OP mehr Ressourcen verbraucht.
    Ich würde es nur anders sehen, wenn z.B. der Tumor erst mehrere Tage nach Aufnahme gesucht worden wäre bzw. eine Therapie desselben nicht erforderlich gewesen wäre.
    Die Begründung, dass der Tumor als Ursache (Kausalkette) die Niereninsuffizienz verursacht habe und deshalb HD sei, ist meines Erachtens mit den DKR nicht belegt. Oder soll hier die NI /Harnstauung als Symptom des Uterustumors angesehen werden? Die Harnstauung vielleicht noch, die NI als länger bestehende multifaktorielle chronische Erkrankung sicher nicht.

    Grüße von der Küste

    Uwe Neiser